Einfach Hondabar

Hochkarätigen Fahrspaß bei überschaubarem finanziellen Einsatz verspricht der Honda S2000. Worauf ist zu achten, wenn der 240 PS starke Nippon-Roadster in die Jahre gekommen ist?
Wenn sich die Fahrt innerhalb von 3000 Umdrehungen abspielt, heißt das noch lange nicht, dass man in einem Diesel-Kombi auf der Autobahn sein Dasein fristet. Nein, man kann auch in einem Honda S2000 sitzen und – wenn es sein muss – den VTEC-Vierzylinder zwischen 6000 bis 9000 Touren ausquetschen. Das klingt definitiv verlockender als die erstgenannte Alternative. Sieben Jahre nach seiner Vorstellung hat der japanische Roadster nun Preisregionen erreicht, die ihn für den Sportwagen-Fan mit schmalem Geldbeutel interessant machen. Bei rund 16 000 Euro geht’s los, dafür bekommt man ein 99er oder 2000er Modell mit Laufleistungen zwischen 100 000 und 150 000 Kilometern.
Wer angesichts der ungehemmten Drehfreude vor sechsstelligen Tachoständen zurückschreckt, dem kann grundsätzlich Entwarnung gegeben werden. „Wie alle VTEC-Motoren von Honda ist auch das S2000-Triebwerk äußerst robust – anders als viele Turbo- oder Kompressormotoren“, so Michael Hofmann vom Autohaus Eismann im fränkischen Forchheim. Das gilt natürlich nur, so lange die Vorbesitzer den Vierzylinder behutsam warm gefahren und ihm alle Inspektionen gegönnt haben.
Jüngere Typen der Jahre 2001 und 2002 rangieren zwischen 20 000 und 24 000 Euro. Viele sind sehr wenige Kilometer gelaufen, weil sie oft mit Saisonkennzeichen bewegt wurden. In den einschlägigen Internet-Portalen sind derzeit knapp 150 Fahrzeuge inseriert. Nicht eben wenig, aber auch nicht zu vergleichen mit dem Überangebot an TT, Z3, Boxster oder SLK.
Der in geringen Stückzahlen unters Volk gebrachte S2000 ist somit die weitaus exklusivere Möglichkeit, Roadster zu fahren. Grund für die seltene Erscheinung: Anders als seinen deutschen Kontrahenten fehlt es dem Japaner an einer guten Portion Alltags-tauglichkeit. Kaum Ablagen im Innenraum, verwinkelter Mini-Kofferraum, Lenkrad nicht verstellbar, wenige Extras verfügbar, Motor bei schneller Fahrt laut, straffes Fahrwerk, ESP erst seit 2006 verfügbar – so verjagt man viele Kunden und macht das Auto nebenbei bemerkt auch für viele weibliche Roadster.Fans unattraktiv.
Wer dem puristischen Charme des Honda dennoch erlegen ist, für den scheint die 2002er Version allein schon wegen der damals eingeführten Glasheckscheibe empfehlenswert. Mangelnder Rückblick durch die erblindende Kunststoffscheibe gehört hier der Vergangenheit an. Außerdem wurde beim 2002er Modell das anfänglich monierte Kupplungsrasseln im Leerlauf abgestellt. Auch ein Rückruf wegen defekter Einspritzventile fällt in diese Ära.
In seiner Karriere wurde der Fernost-Sportler permanent modellgepflegt und somit Stück für Stück besser. Die wichtigsten Änderungen betreffen wohl das 2004er Modell: Eine neue Fahrwerksabstimmung inklusive verbes- serter ABS-Software und 17 statt 16 Zoll große Leichtmetallräder machen das Auto nicht nur im Grenzbereich Vertrauen erweckender. Auch Schaltung und Kupplung wurden optimiert und steigern den Fahrspaß. Rund 27 000 Euro müssen für so einen Roadster investiert werden.
Typische S2000-Probleme, vor denen gewarnt werden müssten, sind nicht bekannt. Auch gegen die klassischen Elektronik-Gebrechen der Neuzeit scheint der Honda immun zu sein. Nicht einmal erhöhter Ölverbrauch bei scharfer Fahrweise ist dem Vierventiler anzulasten. Klar, Reifen und Bremsen sind bei engagierter Fahrweise entsprechend gefordert. Wie viel Material der Vorbesitzer verschlissen hat, kann der Kaufinteressent anhand der Belege – wenn vorhanden – selbst nachprüfen. Die weiteren Kosten: Der Spritverbrauch des Vierzylinders pendelt sich bei erträglichen elf bis zwölf Litern Super Plus auf 100 Kilometer ein. Auch die Kfz-Steuer bewegt sich dank nur zwei Liter Hubraum auf überschaubarem Niveau. Andererseits bedienen sich die Versicherer kräftig und präsentieren den Besitzern happige Abrechnungen. Vergeben und vergessen, sobald man den gut 1200 Kilogramm schweren Straßenfeger über winklige Landstraßen hetzt. Bereits unter 4000 Touren zieht der VTEC-Motor willig durch, doch bei 6000 Umdrehungen bricht unter der langen Haube das Inferno los. Lauthals kreischend und mit metallischem Unterton stürmt der Vierzylinder los, begleitet vom digitalen Drehzahlmesser, der blitzschnell in Richtung 9000er-Marke wandert. Im Handumdrehen rastet die nächs-te Stufe ein – und der höllische Spaß beginnt von vorn.
Ehrlich und trocken pariert das Fahrwerk die Kunstfehler der Asphaltflicker, mit minimalen Ausschlägen am Dreispeichen-Volant eilt der S2000 zackig von Kurve zu Kurve. Schnell wird klar: Auf diesem Terrain sind all die Audi TT, Mercedes SLK und BMW Z3 keine echten Gegner, sondern viel mehr Opfer. Dazu passt der stürmische Charakter im Cockpit: Dank niedriger Gürtellinie und recht hoher Sitzposition steht der Honda bei geöffneter Mütze zu seinem Gattungsbegriff Roadster.
Fest steht: Der S2000 ist kein Blender. So unauffällig er als Gebrauchter ist, so reuelos lässt sich mit ihm der einzigartige Drehzahl-Kick zwischendurch genießen. Ganz schnell fühlt man sich im Honda wie auf der Rennstrecke – und nicht wie in einem Diesel-Kombi.
Im SUPERTEST: Honda s2000
„Höchstleistung bei 8300 Touren, Gewichtsverteilung von 49 zu 51 Prozent vorn/hinten, straffes Fahrwerk, hohe Agilität – die Zutaten, aus denen Honda den S2000 gemixt hat, erscheinen geradezu perfekt, um im Supertest eine überzeugende Vorstellung abzugeben. Doch den positiven Eigenschaften wie leistungsfähiges Triebwerk und erstklassige Traktion steht die zu spitze Lenkung gegenüber, die es zuweilen schwer macht, eine saubere, schnelle Linie fahren zu können. So will der S2000 am Limit von kundiger Hand geführt werden, nur so können folgenschwere Überraschungen ausbleiben.“
WAS UNS AUFGEFALLEN IST
ESP – Der bei vielen Sportfahrern verpönte Schleuderschutz
ist beim Honda S2000 erst seit Modelljahr 2006 serienmäßig. Das konsequente Ignorieren dieser Technik bescherte dem Roadster saftig hohe Typklassen – mal sehen, ob sich das in Zukunft zum Positiven hin ändert.
Tuning – Eine beliebte Maßnahme ist natürlich das Aufrüsten bei den ab Werk nur 16 beziehungsweise 17 Zoll großen Rädern. Viele Gebrauchte rollen
daher bereits auf schicken 18-Zöllern. Auch in Sachen Sportfahrwerk gibt es diverse Möglichkeiten, den S2000 noch straffer und vor allem tiefer zu bekommen. Neben trendigen Flügeltüren und diversen Karosserie-Kits ist sogar Motortuning verfügbar. Ob Luftfilter, Auspuffanlagen, Hubraum-erweiterung oder Aufladung via Turbo und Kompressor – es gibt einige wenige Tuner, die sich um den seltenen Honda-Sportwagen kümmern.
Motorsound – Eine kostenlose Tuningmaßnahme ist das Entfernen des Luftfiltergehäuses, was maximal 60 Sekunden dauert. Da der Papierluftfilter an Ort und Stelle bleibt, sollte dies dem Motor selbst nichts ausmachen. Die Aktion beschert dem im Drehzahlbereich zwischen Standgas und 6000 Umdrehungen nach Toyota Corolla klingenden Vierzylinder endlich einen sportlichen Sound. Ach was, sportlich: Jetzt fühlt man sich fast wie Klaus Ludwig im DTM-Evo II – so herrlich vollmundig schlürfend präsentiert sich das Ansauggeräusch. Ob die Ordnungsmacht davon ebenso begeistert ist, wagen wir zu bezweifeln. Daher gilt unser Tipp natürlich nur für abgesperrtes Terrain.
Breitensport – Kaum ein anderes Fahrzeug eignet sich so prächtig für den Breitensport wie der Honda S2000 – was man seit Jahren an der hohen Dichte in der VLN sehen kann. Auch beim diesjährigen 24-Stunden-Rennen waren viele der auf Alu-Hardtop umgebauten Roadster erfolgreich dabei.