Große Veränderungen beim Oberklassen-Caravan

Neuer Geburtsort, neue Aufbautechnik, erstes Hubbett in der Oberklasse: Dieser Supertest-Kandidat ist dreifach spannend. Passt das neue Topmodell von Eriba in die großen Fußstapfen des Vorgängers?
Es ist eine Zäsur in der Geschichte des Eriba Nova, der 1966 als Topmodell debütierte und diesen Status 1978 mit dem revolutionären, bis heute besonderen Pual-Aufbau untermauerte: Zur Saison 2020 lässt er nicht nur die Produktionsstätte in Bad Waldsee, sondern auch die so charakter- und stilbildende Bauweise hinter sich. Der neue Nova wird im "Caravan-Kompetenzzentrum" der Erwin Hymer Group, so heißt das erweiterte und modernisierte LMC-Werk in Sassenberg jetzt, gemeinsam mit etlichen Modellreihen der Marken Bürstner, Dethleffs, LMC und natürlich Eriba gefertigt.
Herauszufinden, was dieser Umstand für den Nova bedeutet, ist eine Aufgabe dieses Supertests. Seine Aufgabe ist es, zu ergründen, wie sich der erste Hubbett-Grundriss der Oberklasse schlägt. Apropos Oberklasse: Die Unterscheidung in Nova GL, SL und S ist passé: Die Basisausstattung, in der auch der Testwagen antritt, trägt den Namen Trend. Für 3000 Euro Aufpreis heißt der Nova Ambience und hat unter anderem Rahmenfenster, mehr Ambiente-Licht, eine komplett weiße Küche mit Glas-Dachschränken und dunkleres Holz auf den Klappen.
Wohnen
Nehmen wir mal ein wenig Spannung raus: Es ist doch einiges geblieben von dem, was den Nova bisher ausmachte. Zum Beispiel, dass sämtliche Scharniere der Oberschrankklappen in stabilen Aluprofilen verschraubt und fest zupackende Hakenschlösser an allen Klappen und Schubladen vorhanden sind. Und auch der witterungsbeständige GfK-Boden samt beheizten Wannen für Frisch- (Serie) und Abwassertank (Option) wurde von den Vorgängern Nova SL und S übernommen. Deutlicher gewandelt hat sich der Charakter des Nova: 41 Jahre lang war er eine Trutzburg der modern-hölzernen Gemütlichkeit. Nun dominiert glänzendes Weiß die Möbel, Holzdekor ziert nur noch die Küchenschubladen, die Oberschrankklappen und, eher ungewöhnlich, die Decke.
Schick ist er allemal, der Neue, doch die Farbgebung ist mutig: Dunkle, matte Holzfolie ist gnädiger beim Tarnen von Umleimern, Möbelverbindern und kleinen Unsauberkeiten als Weiß. Daraus zu schließen, der Nova sei schlecht verarbeitet, wäre aber fatal und falsch. Nur: Man sieht eben feinste dunkle Linien unter den Umleimern, die vielen Möbelverbinder und im Falle der Küchendachstauschränke auch den einzigen echten Lapsus beim Möbelbau: Lichtreflexe und die unregelmäßige Linie der Unterkanten verraten, dass die vier Türen ein wenig schepp sitzen. Das liegt daran, dass die Hakenschlösser nur unten zupacken – zumindest solange die Schrauben der Scharniere halten. Bei einer Tür taten sie es nicht mehr. Sie sackte ab und hielt folglich nicht mehr geschlossen.
Ansonsten kann sich die Schreinerarbeit sehen lassen: Sämtliche Auszüge und Scharniere sind leichtgängig, robust und selbstschließend, die Möbel akkurat zusammengebaut, die Regalböden stabil und überdies höhenverstellbar. Nichts knarrt oder knackt, wenn man im Nova umhergeht. Und trotzdem sollte man dabei Obacht geben. Denn das Hubbett im Bug hängt auf 1,70 Meter Höhe. Tester, Gäste, Fotografen, Kameraleute: Jeder, der länger als fünf Minuten an Bord war, hat sich mindestens einmal den Kopf am Bettrahmen gestoßen. Gewohnheitssache.
Eriba nutzt für den Nova die gleiche leichtgängige, solide, spiel- und klapperarme Mechanik wie alle anderen Hubbett-Wagen der Hymer-Gruppe. Die Matratze ist bequem, die Bettfläche akzeptabel, doch 71 Zentimeter lichte Höhe könnten empfindlichen Naturen zu wenig sein. Auch der Aufstieg über die Leiter und die maue Lichtsituation erfordern Kompromissbereitschaft. Mit einem komfortablen Festbett kann das Hubbett nicht konkurrieren. Doch dafür revanchiert sich der 555er mit einer sehr bequemen Rundsitzgruppe, die zu seinem Zusatzbett umgebaut werden kann, einem veritablen Kinderzimmer und großen Schränken. Und das auf vergleichsweise bescheidener Grundfläche.
Den Etagenbetten steht die Kinder-Dinette zur Seite, die sich qualitativ nicht vor ihrem Pendant im Bug verstecken muss. Auch den mit 80 Kilo belastbaren Stockbetten kann man nichts vorwerfen. Allenfalls die grobschlächtigen, aber mit Kantenschützern versehenen Scharniere der Garagenklappe stören das Gesamtbild. Aufstieg, Rausfallschutz und Matratzen sind solide respektive komfortabel. Hübsche, aber kleinkindlich designte Lese- und Nachtleuchten samt USB-Dosen gibt es oben und unten. In der Ecke der Dinette ist eine Metall-Halbkugel montiert, an die sich eine der beiden als Lese- und Standleuchte nutzbaren Akkuleuchten magnetisch anheften, aber nicht laden lässt. Das funktioniert nur an der Bugsitzgruppe.
Die Küche hat im Nova 555 einen höheren Stellenwert als das Bad. Der leicht zu reinigende Dreiflammkocher hat einen Gussrost, die Spüle ist angenehm groß und die Stauraumsituation sehr entspannt. Der Kühlschrank ist gegenüber dem Küchenblock postiert, darunter und darüber stehen zwei weitere Staufächer zur Verfügung.
Das Bad ist zwar hübsch eingerichtet und offeriert für vier oder mehr Personen ausreichend viele Fächer und Ablagen, doch mit zwei Wandhaken ist die Ausstattung erschöpft. Handtuchstange, Klorollen- und Zahnputzbecherhalter? Fehlanzeige. Das Klo hat übrigens keinen eigenen Spülwassertank mehr – der Vorgänger hatte ihn mit dem stolzen Verweis auf die Anforderungen von Wintercampern.
Preise
Nüchtern betrachtet ist der Nova urlaubsfertig ausgestattet. Doch für die Oberklasse reicht das noch nicht. Ambientelicht muss man ebenso bezahlen wie Glattblech und Stützen-Teller. Und eigentlich gehört in einen Wagen mit Combi-Heizung und Fernsteuerungsmöglichkeit auch eine Batterie; sonst kann man nur mit Landstrom heizen. Eine Plastik-Leseleuchte über dem Hubbett? Einem 31.000-Euro-Caravan unwürdig. Im Bad hat es gerade mal für zwei Haken gereicht. Klorollenhalter, Handtuchstange, Zahnputzbecher? Fehlanzeige. Die Garantiezeit kann für 449, 799 oder 1199 Euro um ein, zwei oder drei Jahre verlängert werden. Dichtheitsgarantie? Sechs Jahre. LMC aus demselben Werk und mit sehr ähnlichem Aufbau gewährt 12.
Grundpreis: 32.155 Euromit TÜV und Zulassungsbescheinigung II (165 Euro)Testwagenpreis: 34.665 Euro
Beladen & Fahren
Die Wiegung des dezent ausgestatteten Testwagens zeigt, dass die Auflastung auf zwei Tonnen Gesamtmasse keine Option, sondern eine Notwendigkeit ist. Und selbst sie mahnt zu bedächtiger Extra-Wahl. Schon mit Batterie, Rangierantrieb und Markise wird’s knapp und damit "rot" mit der Zuladung.
Beim Stauraum holt der Nova 555 Punkte, obwohl Kabel, Wasserleitungen und Warmluftrohre wieder konventionell, aber geschützt am Boden verlaufen statt wie beim Vorgänger raumsparend auf Höhe der Sitzpolster und Matratzen. Platz schafft der Unterflur-Wassertank, die Sitzgruppen sind also komplett unterkellert, jene im Heck verfügt sogar über eine Schublade. Im großen Wäscheschrank neben dem riesigen, hell beleuchteten Kleiderschrank stört nur der ungünstig verlegte Heizungskamin. Gut: Fast alle Regalböden sind höhenverstellbar. Durch das klappbare Etagenbett und die Seitenklappe entsteht eine Garage, in der aber Möglichkeiten zur Ladungssicherung fehlen. Bombenfest zu halten die Küchenschubladen, auch alle Oberschränke haben Schnappverschlüsse. Dilemma: Die Hakenschnäpper der Küchenoberschränke sitzen unten – rutscht eine Tür durch lockere Schrauben ab, öffnet sie sich.
Spürbar ist der Einfluss des Hubbetts auf das Fahrverhalten: Kompakte Zugwagen rührt der Nova 555 durch, erst ein Van hat dem Koloss ausreichend Masse für komfortable Fahrt entgegenzusetzen. Mit Stützlastwaage, nachstellenden Bremsen und Markenreifen ist die Sicherheitsausstattung gut, ein elektronisches Fahrstabilitätssystem ist trotzdem eine Empfehlung.
Technik
Der Climadur-Aufbau zeigt in der Kurzzeitbetrachtung keine Nachteile gegenüber der bisherigen Pual-Bauweise. Im Gegenteil: Das GfK-Dach gab’s nur gegen Aufpreis, jetzt bedeckt der resistente Kunststoff Dach, Bug- und Heckwand. XPS-Schaumplatten, im GfK-Boden 38, in Dach und Wänden 28 Millimeter dick, dämmen sehr gut. PU-Leisten an den Kanten des penibel zusammengefügten Sandwichs konnte auch Pual schon vorweisen. Zusammen mit der serienmäßigen 6-kW-Gebläseheizung mit integriertem 10-Liter-Boiler und dem frostsicheren Tank heimst der neue Nova 555 beste Winter-Noten ein.
Bei der Bordelektrik setzt Eriba auf ein zentrales Steuergerät von Dometic, über das sich im Nahbereich, die aktuell nicht verfügbare Eriba-App vorausgesetzt, per Bluetooth und im Fernbereich per SIM-Karte und SMS-Befehlen die Heizung regeln und der Wasserstand ablesen lässt. Apropos Heizung: Da die Truma-Combi auf 12 Volt angewiesen ist, kann der Nova ohne Bordbatterie nur an Landstrom zuverlässig warm gehalten werden.
Das für den Vorgänger entwickelte Raum-Plus-System, bei dem Heizungs- und Wasserrohre auf Höhe der Sitzpolster und Matratzen gebündelt waren, um die Stauräume technikfrei zu halten, ist Geschichte. Jetzt verlaufen die Leitungen wieder auf den Stauraumböden, sind dort aber immerhin durch Kanäle geschützt.
Die dimmbare Beleuchtung ist nach Zukauf des Ambientelichtpakets XL zwar detailreich und lückenlos, doch die unbeschrifteten, oft erst auf den zweiten Druck reagierenden Mehrfachtaster aus dem LMC-Regal muss man jetzt halt auch im Top-Eriba schlucken. Ab Werk ist das Netzteil so geschaltet, dass am Zugfahrzeug angeschlossen nur Decken- und Badlicht funktionieren. Wer will, kann sich das volle Lichtprogramm vom Händler freischalten lassen. Die Installation der Bordtechnik ist ohne Fehl und Tadel.
Lichtcheck
Der Fluter an der Hubbettunterseite ist hell, verfehlt "Grün" nur um wenige Lux. Hubbett und Kinder-Sitzgruppe sind spärlich beleuchtet – die Quittung ist rot. In Bad und WC ist alles okay: keine Top-Lux-Werte, keine schwarzen Löcher. Die Lese- und Nachtlichter machen es schön hell in den Etagenbetten. Die Küchenarbeitsfläche ist gleichmäßig beleuchtet, aber nicht übermäßig hell.
Das fiel uns auf
(+) Die hochwertigen selbstschließenden Scharniere sind in Aluprofilen verschraubt ...(+) ... außerdem haben alle Klappen und Türen mechanische Hakenschlösser und schließen selbst.(+)(-) Leere Sitztruhen durch Combi-Heizung und Unterflur-Tank – aber Leitungen wieder am Boden verlegt.(-) Einzelne Leseleuchte über dem Hubbett: Dieser Billig-Artikel ist fehl am Platz im Oberklasse-Caravan.(-) Der ungünstig verlegte Dachkamin kostet unnötig viel Platz im Wäscheschrank.(-) Die Scharniere der Küchenoberschränke lockerten sich, dann griff der Hakenschnäpper nicht mehr.
Nachgefragt
Rudolf Wikelksi, Leitung Produktmanagement, nimmt Stellung ...
... zur lockeren und sich öffnenden Küchenschranktür: Uns ist die Thematik bekannt. Wir führen derzeit bereits ein neues Scharnier für die Küchendachstauschränke ein. Des Weiteren wird eine Aufnahme am Schloss entwickelt.
... zur billigen Plastikleuchte über dem Hubbett: Die Hubbett-Leuchte dient in erster Linie der Notbeleuchtung. Jeder Nova hat serienmäßig Akkuleuchten, die sich an jeden Ort im Caravan mitnehmen lassen – auch ins Hubbett.
... zur Dichtheitsgarantie von sechs Jahren: Die Garantiebedingungen erfordern eine jährliche kostenpflichtige Inspektion. Uns ist wichtig, dass unsere Kunden selbst bestimmen können, ob sie nach dieser Zeit die Garantie weiterhin in Anspruch nehmen möchten oder ob dies für sie keinen Mehrwert mehr bietet (Reise- oder Standcaravan). Eine Verlängerung der Garantie bieten wir mit unserer Neuwagenanschlussgarantie für zwölf, 24 oder sogar 36 Monate über unsere Handelspartner an.
Die Baureihe Eriba Nova
Preise: 25.990–38.590 EuroAufbaulängen: 5,50–7,13 mGesamtgewichte: 1500–2000 kgMax. Auflastungen: 2000–2500 kgGrundrisse: 9
Typisch für den Nova sind die V-Betten: Fünf Grundrisse tragen diese Bettform, bei der es sich im Grunde um eine riesiges Doppelbett handelt, das man wegen des V-Ausschnitts am Fußende bequem entern und wieder verlassen kann. Ebenfalls typisch: die ungewöhnliche Außenbreite von 2,40 Metern, die sich ebenfalls als guter Kompromiss aus Reisetauglichkeit und Wohnkomfort erweist. Nur die drei kürzesten Nova messen 2,30 Meter. Der 555 ist das einzige Modell mit Etagenbetten, der 620 das einzige mit Tandemachse. Separate Duschen haben eben jener 620 und der 590, der ein Raumbad im Heck mit einem quer eingebauten Queensbett kombiniert.
Wertung
Wohnen: 3,2 von 5 Punkten
(+) Bis zu sieben Schlafplätze möglich, bequeme Matratze im Hubbett.(+) Komfortable, große Rundsitzgruppe mit großem, verschiebbarem Tisch.(+) Praktische, stauraumreiche Küche mit soliden, sicheren Auszügen.(+) Robuste Möbel, generell von Schlössern gesicherte Klappen und Türen und Aluprofile als Schraubgrund für Scharniere.(+) Eigenes Kinderzimmer mit Sitzgruppe und soliden Etagenbetten.(-) Kopffreiheit und Ein-/Ausstiegskomfort in Hubbett eingeschränkt.(-) Spärlich ausgestattetes Kompaktbad.(-) Viele ins Auge stechende Möbelverbinder und Umleimer.(-) Hubbett hängt auf 1,70 Meter Höhe, da stößt man sich leicht den Kopf.
Preis & Service: 3,4 von 5 Punkten
(+) Prinzipiell praxisgerecht komplette Grundausstattung.(+) Recht enges Händlernetz.(+) Enorme Auswahl an Werkszubehör und Paketen.(-) Durchschnittliche Dichtheitsgarantie.(-) Etliche Oberklasse-Features kosten Aufpreis.
Beladen: 3,6 von 5 Punkten
(+) Sehr großer, hell beleuchteter Kleider- und Wäscheschrank.(+) Familientaugliches Stauraumangebot.(+) Großer Außenstauraum (Heckgarage).(+) Realistische/korrekte Gewichtsangaben in den Verkaufsunterlagen.(+) Sehr sichere Schubladenverriegelung Küche.(-) Auflastung für Reisecaravaner unumgänglich – auch mit Auflastung keine riesigen Zuladungsreserven.(-) Heizung und Heizungskamin kosten Platz im Wäscheschrank.
Fahren: 3,5 von 5 Punkten
(+) Sanfte, aber kräftige Verzögerung durch selbstnachstellende Bremsen.(+) Tragfähige, junge und hochwertige Reifen.(+) Außenbreite von 2,40 Meter guter Kompromiss aus noch guter Übersicht und Wohnkomfort.(-) Nervöses Nachlaufverhalten des leeren Wagens durch hohen Schwerpunkt.(-) Ungenaue Stützlastwaage im Bugrad.
Technik: 3,7 von 5 Punkten
(+) Gut verarbeiteter und isolierter, holzarmer Aufbau.(+) Tragfähige, junge Markenreifen.(+) Starke Heizung, platzsparender Unterflurtank.(+) Gut ausgeführte Technik-Installation.(-) Nervöses Fahrverhalten, kein elektronisches Stabilisierungssystem in Serie.(-) Ambientelicht und zusätzliche Leseleuchten (Akku) nur gegen Aufpreis.(-) Kabel und Leitungen anders als beim Vorgänger wieder in den Stauräumen verlegt.