Job kündigen, Wohnung aufgeben - Vanlife!

Franzi und Toni haben sich einen alten VW-LT Transporter angeschafft und diesen ohne Vorkenntnisse in ein Zuhause auf vier Rädern verwandelt: Ihr Campingbus Mister Wombat ist ein mobiles Heim, mit dem sie die Welt bereisen.
Es ist 2011: Mit dem Studienabschluss in der Tasche ziehen wir der Arbeit wegen nach München. Und während Toni in den darauffolgenden drei Jahren überdurchschnittlich viel arbeitet und zweimal befördert wird, stelle ich schnell für mich fest, dass ich meine Arbeit zwar eigentlich mag, sie aber nicht meiner Passion entspricht. Auch wenn wir genug Geld verdienen, zweimal pro Jahr in den Urlaub fliegen und ein schnelles Auto fahren, ist es nicht das, was mich glücklich macht.
Das mag selbstsüchtig klingen, weil es vielleicht Menschen gibt, die gerne in unserer Situation wären. Jedoch entspricht es nicht mehr unserer Vorstellung von einem erfüllten Leben, wenn du abends nach Hause kommst und so kaputt bist, dass du nur noch deinen Kopf stumpfsinnig vor dem Flackern von Monitoren abschalten möchtest, während du dein Essen runterschlingst.
Der Ausstieg aus dem Arbeitsalltag
Auf unseren Reisen verliebe ich mich in die Menschen, die wir sind, wenn wir aus der Büroatmosphäre hinauskommen. Eines Tages bringe ich den Mut auf und sage Toni, dass ich eine Veränderung brauche und unseren Planeten bereisen möchte. Seine Begeisterung hält sich in Grenzen. Gedanken an den sicheren Arbeitsplatz, die Rente und eine "geregelte" Zukunft schwirren ihm durch den Kopf.
Es dauert ganze zwei Jahre, bis er sich an die Vorstellung gewöhnt, für eine ganze Weile nur zu reisen. Wir sparen einiges an Geld, schauen uns viele Youtube-Videos von inspirierenden Reisenden an, Menschen die es bereits "geschafft" haben, die bereits ähnlich reisen und ihren Wagen selbst umgebaut haben. Und so verlieben wir uns in die Idee mit einem eigenen Fahrzeug zu reisen, flexibel zu sein und überall anhalten zu können, wo du gerade möchtest: Hey, wenn die das können, können wir das auch. Ende 2016 kündigen wir unsere Jobs und ziehen zurück zu den Eltern. Einen passenden Transporter haben wir bereits erworben und packen den Ausbau des VW LT zum Camper an.
VW-LT-Selbstausbau und Start der Reise
Der Umbau wird definitiv eines der schwierigsten Dinge, die wir je gemacht haben, aber nach etwa sechs Monaten haben wir es geschafft. Während dieser Zeit lernen wir mehr über uns und über das Leben im Allgemeinen als während unserer fünf Jahre im Büro. Es ist erstaunlich, wie lebensverändernd es sein kann, wenn du plötzlich aus deiner Komfortzone heraustreten und neue Dinge lernen musst, wie das Verlegen der Elektrik oder das Lackieren eines Autos. Es hat uns gezeigt, was jeder Einzelne von uns eigentlich bewerkstelligen kann, wenn wir den Mut haben, den ersten Schritt zu gehen.
Ende Juli 2017 ist es dann endlich so weit. Wir starten unsere Reise ins Ungewisse. Nach einer kleinen Panne in Österreich (die Kupplung ist auf dem Arlbergpass am Ende) geht es weiter Richtung Schweiz, wo wir einen Freund besuchen, und anschließend nach Italien. Letzteres Land stand ursprünglich so gar nicht auf unserer "Liste". Eigentlich wollen wir nach Norwegen, wenn du aber erst einmal so weit im Süden bist, fällt es schwer, wieder umzukehren.
Und so entscheiden wir uns, den "Stiefel Europas" genauer zu erkunden. Was wir dabei nicht bedacht hatten: Hitze und Hauptsaison. Am Ende sind wir trotzdem fast einen Monat in Bella Italia unterwegs. Genießen Pasta, Wein und Gelato. In der Hauptstadt kämpfen wir genervt mit anderen Touristen bei über 37 Grad um das beste Selfie am Fontana di Trevi. Italiens Landschaft verschlägt uns ebenso den Atem wie das Preisniveau der dortigen Campingplätze. Ein Sightseeing-Highlight jagt das nächste, ein weiterer Ort abgehakt auf einer scheinbar nie endenden Liste von Weltkulturerbestätten ... aber ist es wirklich das, was wir uns erhofften, als wir unsere Zelte in Deutschland abbrachen?
Ungeplante Abenteuer in Griechenland
Am Ende eines langen Tages müssen wir feststellen, dass bei all den "Aktivitäten" wenig Zeit bleibt, um das Geschehene wirken zu lassen, um einfach zu leben. Und so entscheiden wir uns, Italien Lebewohl zu sagen. Mal wieder werfen wir all unsere Pläne um und nehmen die Fähre nach Griechenland.
Dass das Land der Götter die richtige Entscheidung ist, spüren wir in dem Moment, als wir mit freiem Blick, sprich frei von Hotelbetonanlagen, die Küste entlangfahren. Wir erleben das Ungeplante und Unerwartete. An manchen Stränden finden wir nicht nur gute Übernachtungsplätze, sondern auch Schildkrötennester. Die Landschaft verzaubert uns mit all den Oliven-, Zitronen- und Granatapfelbäumen. Als Toni dann noch am Polylimnio-Wasserfall überraschend einen Freund aus der Kindheit trifft, den er seit zehn Jahren nicht mehr gesehen hat, zieht uns Griechenland vollends in seinen Bann.
In einem idyllischen Bergdorf adoptieren wir spontan zwei kleine Mischlingshunde von der Straße weg – und reisen von nun an zu viert. Je winterlicher es wird, desto stärker kommt aber auch der Wunsch auf, an Weihnachten Familie und Freunde zu besuchen. Uns zieht es also wieder zurück Richtung Norden, unter anderem durch das unterschätzte Albanien und das uns gänzlich unbekannte Montenegro. Zurück in Deutschland, müssen wir mit Erstaunen feststellen, dass unsere Hündin schwanger ist und die Geburt bald bevorsteht.
Wie soll es jetzt weitergehen?
Wir entscheiden uns, die Reise vorerst zu unterbrechen, die Welpen aufzuziehen und ein schönes, neues Zuhause für sie zu finden. Doch die nächste Überraschung lässt nicht lange auf sich warten: Mitte Februar, die Welpen sind gerade aus dem Haus, erfahren wir, dass nun auch ich schwanger bin. Ist das nun tatsächlich schon das Ende unserer Reise?
Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg: Im Jahr zuvor haben wir so vieles Unvorhergesehenes gemeistert und sind gerade an solchen Situationen gewachsen. Folglich steht für uns fest, dass wir nicht schon wieder unsere Reise unterbrechen wollen und es für alles eine Lösung gibt. Wir machen uns wieder auf den Weg, diesmal nach Portugal. Wenn dieser Bericht erscheint, ist unser Baby schon auf der Welt und wer weiß, wohin uns unsere Reise dann verschlägt. Unser Traum ist es, eines Tages die Panamericana entlangzufahren, aber für alles gibt es den richtigen Zeitpunkt, und bis dahin lassen wir das Leben weiter seinen Lauf nehmen. Denn so werden die schönsten Geschichten geschrieben.
Mister Wombat: Daten und Fakten
Modell: VW LT 28Baujahr: 1991Km-Stand bei Kauf: 129.000 (nach Austauschmotor)Motor: 2,4-Liter-Saugdiesel, 6 Zylinder, 69 PSGesamtgewicht: 2,8 t (jetzt ohne technische Veränderungen aufgelastet auf 3,0 t)Vorgeschichte: 4 Vorbesitzer, wurde durchweg als Transporter genutzt, gekauft über EbayAnschaffungskosten: 2400 EuroUmbaukosten: ca. 10.000 EuroUmbaudauer: ca. 6 Monate (117 Arbeitstage), durchschnittlich 6 Stunden pro Tag (ohne Recherchearbeiten)Größte Herausforderungen: Zeitmanagement, Motivation, Elektrik und die Vorbereitung zum LackierenWeitere Infos zur Reise: www.mywanderingisland.com und @mywanderingisland