Kardinäle erbitten vor Papstwahl göttlichen Beistand
Mit einer feierlichen Messe im Petersdom haben sich mehr als 130 Kardinäle aus aller Welt auf ihr Konklave zur Wahl des neuen Papstes eingestimmt. An dem Gottesdienst in Rom nahmen auch Kardinäle teil, die wegen Überschreitens der Altersgrenze von 80 Jahren bei den Abstimmungen in der Sixtinischen Kapelle später nicht mehr dabei sein dürfen. Das Konklave beginnt am Nachmittag - streng abgeschottet von der Außenwelt. Dann soll es auch schon einen ersten Wahlgang geben. Mit einer sofortigen Entscheidung rechnet niemand.
Die Messe "Pro eligendo Romano Pontefice" ("Zur Wahl des Römischen Pontifex") wurde vom Dekan des Kardinalkollegiums geleitet, dem Italiener Giovanni Battista Re. Der 91-Jährige sagte, man habe sich versammelt, um den Beistand des Heiligen Geistes für die Wahl zu erbitten. Die insgesamt 133 wahlberechtigten Kardinäle - alle in rot - ermahnte er, "alle persönlichen Erwägungen zurückzustellen". Jetzt dürfe man "nur den Gott Jesu Christi sowie das Wohl der Kirche und der Menschheit im Sinn und im Herzen haben".
Ausgang offen
Wegen seines hohen Alters ist der Dekan selbst im Konklave nicht dabei. Die Wahlversammlung wird vom ranghöchsten wahlberechtigten Kardinal geleitet, dem Italiener Pietro Parolin. Als Kardinalstaatssekretär war der 70-Jährige unter Franziskus im Vatikan die Nummer zwei. Parolin wird auch als Favorit für die Nachfolge des Argentiniers gehandelt. Allerdings wurden die Listen mit den Namen von möglichen neuen Päpsten zuletzt von Tag zu Tag länger. Inzwischen finden sich darauf zwei Dutzend Namen - und weitere Überraschungen sind möglich.
Für die Wahl zum 267. Pontifex in zwei Jahrtausenden Kirchengeschichte ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich - also 89 Stimmen. Viele rechnen damit, dass es noch diese Woche einen neuen Papst geben wird: Seit den 1960er Jahren waren alle Konklave nach zwei oder drei Tagen vorbei. Allerdings hat Franziskus so viele neue Kardinäle ernannt, auch aus entfernten Ländern, dass sich viele Wahlmänner noch nicht richtig kennen. Das Konklave ist so groß und so international besetzt wie noch nie.
Deutscher Kardinal bereitet sich auf "fünf, sechs Tage" vor
Auch drei deutsche Kardinäle wählen mit. Der ehemalige Präfekt der Vatikan-Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Müller, sagte der Deutschen Presse-Agentur, er habe sich seinen Koffer für "fünf, sechs Tage" packen lassen. "Man muss schon vorbereitet sein", so der 77-Jährige. "Aber jeder hofft natürlich, dass es nicht so lange dauert. Jeder will nach Hause." Wahlberechtigt aus Deutschland sind auch die Kardinäle Reinhard Marx (71) aus München und Rainer Maria Woelki (68) aus Köln.
Untergebracht sind die Kirchenoberen im Gästehaus-Komplex des Vatikans, der Casa Santa Marta - auch dort abgeschottet von der Außenwelt. Handys, Smartphones und alle sonstigen digitalen Geräte müssen sie abgeben. Im Gästehaus verbringen sie auch die letzten Stunden bis zum feierlichen Einzug in die Sixtinische Kapelle - eines der schönsten Wahllokale der Welt. Unter den Deckengemälden von Michelangelo müssen sie zu Gott einen Eid schwören, dass sie Kontaktverbot und Geheimhaltung beachten. Mit den lateinischen Worten extra omnes (Alle raus) schließt sich die Tür.
Erster Rauch noch am Abend
Nach dem ersten Wahlgang soll dann am Abend - vermutlich gegen 19.00 Uhr - erstmals wieder Rauch aus dem Schornstein auf dem Dach der Kapelle aufsteigen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird er schwarz sein. Das bedeutet, dass sich die Kardinäle noch nicht einig wurden. Nur bei einer Zweidrittelmehrheit ist der Rauch weiß. Das könnte dauern. Wenn es so weit ist, wird etwas später vom Balkon des Petersdoms aus verkündet: Habemus Papam (Wir haben einen Papst). Dann zeigt sich das neue Kirchenoberhaupt der Öffentlichkeit.
Die meisten Vatikan-Kenner rechnen damit, dass dies noch diese Woche geschehen wird. Der Argentinier Jorge Mario Bergoglio, der sich dann den Papstnamen Franziskus gab, wurde 2013 nach anderthalb Tagen gewählt, im fünften Wahlgang. Beim deutschen Papst Benedikt XVI. ging es 2005 sogar noch schneller: vier Wahlgänge nur. Benedikt trat dann als erster Papst nach vielen Jahrhunderten völlig überraschend zurück. Er starb an Silvester 2022 mit 95 Jahren.
Gerüchteküche brodelt
Die Listen mit möglichen Nachfolgern für Franziskus wurden zuletzt von Tag zu Tag länger. Als Anwärter gelten neben Parolin zwei weitere Italiener: der Erzbischof von Bologna, Matteo Zuppi (69), sowie der Patriarch von Jerusalem, Pierbattista Pizzaballa (60). Im Kandidaten-Karussell sind auch der Philippiner Luis Antonio Tagle (67), der Franzose Jean-Marc-Aveline (66), der Portugiese José Tolentino de Mendonça (59), der Ungar Peter Erdö (72), der Luxemburger Jean-Claude Hollerich (66) - und noch einige mehr.
Der katholischen Glaubenslehre zufolge ist der Papst Nachfolger des Apostels Petrus und Stellvertreter von Jesus Christus auf Erden. Zudem ist er Bischof von Rom, Primas von Italien und Staatsoberhaupt des Vatikans. Große weltliche Macht hat er nicht. Er ist aber für viele Menschen eine moralische Autorität. Kardinal Re sagte im Gottesdienst nach der offiziellen Übersetzung des Vatikans: "Die Wahl des neuen Papstes ist nicht nur ein einfacher Wechsel von Personen, sondern es ist stets der Apostel Petrus, der zurückkehrt."