Das Formel-1-Reife(n)zeugnis des SID: Monaco

Das Formel-1-Reife(n)zeugnis des SID: Monaco
Monaco (SID) - SEBASTIAN VETTEL: Der Heppenheimer windet sich noch ein wenig und übt sich in Demut, doch es wird immer deutlicher: Die Saison 2017 könnte das Jahr des Sebastian Vettel werden - das größte und wichtigste seiner Karriere. In Monaco wischte er der Scuderia mal eben eine 16 Jahre lang drückende Last von den Schultern, es war der erste Ferrari-Sieg im Fürstentum seit Michael Schumachers Triumph 2001. Überhaupt erinnert Vettels Wirken in Maranello immer mehr an den Rekordweltmeister: Der Deutsche kommt zu einem siechen italienischen Team, durchschreitet mit diesem zunächst ein Tal, sitzt am Ende doch in einem Sieger-Auto - und verzückt die Tifosi als Fahrer der Spitzenklasse. In Monaco bahnte sich übrigens eine weitere Parallele zu Schumacher an...
(K)EINE STALLREGIE: "Let Michael pass for the Championship..." - dieser mit Nachdruck in den Funk geraunte Satz des früheren Ferrari-Teamchefs Jean Todt ging 2001 in die Geschichte ein. Für Schumachers Titelchancen rückte Rubens Barrichello beim Großen Preis von Österreich auf der Zielgeraden ins zweite Glied, Befehl von oben. Zugegeben, solch historische Ausmaße erreichten die Vorkommnisse von Monaco nun bei Weitem nicht. Doch die Wahl der Boxenstrategie begünstigte Vettel deutlich. Auch wenn Ferrari das Gegenteil behauptet: Es war ein Statement pro Vettel, andersherum wäre so etwas wohl kaum passiert. Sein Teamkollege Kimi Räikkönen verlor dadurch die Führung.
TRAGISCHER HELD: Der Finne war damit der tragische Held an diesem Feiertag für Ferrari. Der von den Fans wohl noch immer am meisten verehrte Formel-1-Pilot hatte sich am Samstag seine erste Pole Position seit neun Jahren erkämpft, die Sympathien flogen ihm zu. Sein erster Sieg seit 2013 war greifbar, es wäre dem 37-Jährigen zu gönnen gewesen. Doch der Kommandostand holte ihn früh an die Box, schickte ihn im Verkehr wieder heraus, zeitgleich durfte Vettel auf den schnelleren Reifen noch vier Highspeed-Runden drehen - und damit war die Entscheidung gegen Räikkönen gefallen.
LEWIS HAMILTON: Ganz am Ende dieses Wochenendes vergaß Lewis Hamilton doch noch seine Sorgen, zumindest für einen Moment. Adriana Lima, von Beruf Supermodel, verließ das Fahrerlager und flötete dem Engländer ein langgezogenes "Bye, Lewis..." ins Ohr - Hamilton grinste sein breitestes Grinsen. Ansonsten hatte er in Monaco allerdings überhaupt nichts zu lachen. Nicht zum ersten Mal in diesem Jahr bekam der Vizeweltmeister sein Auto nicht in den Griff, nach Platz 13 im Qualifying war das Rennen schon verloren, Platz sieben am Ende war kein Trost. Für seinen Teamkollegen Valtteri Bottas lief es mit Rang vier nur ein wenig besser.
SCHÖNE DIVA: Dass es für beide Mercedes-Piloten so schwierig war in Monaco, lag am Silberpfeil. Auf manchen Strecken funktioniert der W08, auf anderen ist es aber kaum möglich, die Reifen ins richtige Temperaturfenster zu bekommen. "Unser Auto ist eine Diva", sagt Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff: "Sie sieht sehr gut aus, aber sie ist eben eine Diva." Mit diesem launischen Gefährt wird der Kampf gegen Ferrari zur Herausforderung.
PHANTOM DES WOCHENENDES: Fernando Alonso war nicht da und doch irgendwie allgegenwärtig in Monaco. Die Kollegen wünschten ihm Glück bei seinem Abenteuer Indy 500, die Experten sprachen ausgiebig über Alonsos Chancen in den USA, und am Sonntagabend flimmerte das Rennen in den Motorhomes der Teams über große Bildschirme. Das Zusehen lohnte sich lange: Alonso führte das spektakuläre Rennen mehrfach an, schied letztlich aber aus. Wegen eines Schadens an seinem Hondamotor. Das kennt er aus der Formel 1. Sein Vertreter Jenson Button beendete das Rennen in Monaco übrigens ebenfalls vorzeitig durch einen Unfall mit Pascal Wehrlein.
SORGENKIND: Wehrleins Crash war die spektakulärste Szene des Wochenendes. Ausgehebelt von Button lag der Sauber-Bolide des Deutschen auf der Seite, ein Reifenstapel klemmte Wehrleins Kopf ein. Und der 22-Jährige klagte nach seiner Befreiung über ein ungutes Gefühl an der angeschlagenen Wirbelsäule: Nach einem Unfall im Januar hatte Wehrlein schon die ersten beiden Saisonrennen verpasst. In den kommenden Tagen muss er nun untersucht werden.
DIALOG DES WOCHENENDES: "Pass auf mein Auto auf!" - "Ich pinkel dir in den Sitz."
(Funk-Dialog zwischen Fernando Alonso und seinem McLaren-Ersatzmann Jenson Button kurz vor dem Start zum Großen Preis von Monaco. Alonso ließ das Rennen im Fürstentum aus, um beim Indy 500 zu starten.)