Das Formel-1-Reife(n)zeugnis des SID: Mugello

Das Formel-1-Reife(n)zeugnis des SID: Mugello
Mugello (SID) - FERRARI: Es ist alles noch viel schlimmer bei Ferrari. Nach den jüngsten Totalausfällen auf den schnellen Kursen in Spa und Monza hatten die Italiener gehofft, dass die Talsohle durchschritten ist, dass es auf kurvigen Strecken besser wird. Doch das war wohl bloß ein Pfeifen im Walde. Auch auf der hauseigenen Piste in Mugello waren die Roten chancenlos. Sogar der Ausfall von beinahe der Hälfte der Konkurrenz brachte Sebastian Vettel und Charles Leclerc nicht weit nach vorn. Die Plätze acht und zehn sind bei einem solchen Rennverlauf ein weiteres Armutszeugnis - und der Beweis, dass der SF1000 auf keiner Strecke wirklich funktioniert. Ferrari-Chef Louis Camilleri sprach schon vor dem Rennen das Wort zur Krise. Es gebe "keine magische Patrone" zur Lösung des Problems, sagte er: "Wir hoffen, dass die neuen Regeln im Jahr 2022 alles einigermaßen auf Null stellen."
SEBASTIAN VETTEL: Im Kreise der Ferrari-Verlierer durfte sich bloß Sebastian Vettel als Gewinner fühlen - weil er das Team am Ende des Jahres verlassen darf. Was bei der Verkündung vor einigen Monaten noch wie eine Ausbootung wirkte, kommt nun einer Erlösung gleich. Seit diesem Rennwochenende ist schließlich auch klar, dass Vettel weitermacht. Dass er in Aston Martin zudem ein Team gefunden hat, das momentan und wohl auch im kommenden Jahr deutlich stärker ist als Ferrari. Allerdings war Vettel auch in Mugello durchgehend langsamer als sein Teamkollege Leclerc - das wirkt mittlerweile wie Normalität, sollte aber eigentlich nicht sein Anspruch sein.
LEWIS HAMILTON: Vielleicht würde Lewis Hamilton die letzten Meter bis zum Rekord gerne mit etwas mehr Gegenwehr gehen. Der Weltmeister wurde auch in Mugello nicht müde zu betonen, dass sein Teamkollege Valtteri Bottas Woche für Woche ein echter Prüfstein sei - allerdings entscheidet Woche für Woche Hamilton dieses Duell für sich, und das in den meisten Fällen ziemlich souverän. Und so fühlt es sich an, als schlendere er zur Bestmarke von Michael Schumacher: Gewinnt Hamilton auch in zwei Wochen in Sotschi, dann hat er wie der Kerpener 91 Siege auf dem Konto. "Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals an diesem Punkt stehe, soviel ist sicher", sagt er. Und den Geschichtsbüchern wird ohnehin egal sein, wie schwierig die letzten Meter waren. Hamiltons Leistungen sind historisch - und vielleicht sind es Werte für die Ewigkeit.
ALEX ALBON: Der junge Thailänder mit dem britischen Akzent musste viel einstecken in den vergangenen Monaten, sein erster Podestplatz war eine große Erleichterung. Allerdings wohl nur für den Moment. Seit gut einem Jahr sitzt er nun im Red Bull, im zweitbesten Auto der Formel 1. Ein einziger dritter Rang ist und bleibt da eine überschaubare Bilanz. Will Red Bull Mercedes wirklich unter Druck setzen, braucht das Team neben Max Verstappen einen weiteren Spitzenfahrer. Das sagen auch die Chefs, geben Albon allerdings weiterhin Zeit. Doch für die neue Saison reihen sich die Interessenten schon auf, darunter einige mit viel Erfahrung und einem sehr guten Ruf in der Formel 1. Etwa Nico Hülkenberg oder Sergio Perez, der bei Racing Point/Aston Martin für Vettel weichen muss.
SPRUCH DES WOCHENENDES: "Ich habe keine Lust, das ganze Rennen zu beschreiben. Das ist mir zu lang." (Sebastian Vettel nach einem Grand Prix mit Massenkarambolagen, Unterbrechungen, mehreren Starts - und vielen ernüchternden Momenten im langsamen Ferrari.)