Das Formel-1-Reife(n)zeugnis des SID: Aserbaidschan

Max Verstappen baut seine WM-Führung aus, Charles Leclerc und Ferrari erleben ein Fiasko. Das Reife(n)zeugnis des SID zum Großen Preis von Baku.
Baku (SID) - MAX VERSTAPPEN: Im Vorjahr trat Max Verstappen wutentbrannt gegen einen geplatzten Hinterreifen, dieses Mal köpfte der Weltmeister den Schampus. Erstmals erreichte der Red-Bull-Star bei seinem Angst-Rennen in Aserbaidschan das Podium - und stand gleich ganz oben. Die WM-Führung, die er auch dank des Ausfalls seines Ferrari-Rivalen Charles Leclerc deutlich ausbaute, war dabei nur ein Grund, warum Verstappen der ganz große Gewinner von Baku war. Die Formstärke seines mexikanischen Teamkollegen Sergio Perez hatte zuletzt nämlich Fragen aufgeworfen, ob der Niederländer um seinen Status als Nummer eins fürchten muss. Am Sonntag wurde klar: Er muss es nicht. Perez gab seine Führung in der 15. Runde kampflos an Verstappen ab. Dessen fünfter Saisonsieg geriet anschließend nie in Gefahr. Ein gutes Teamgefüge, aber auch die Verlässlichkeit des Autos sind derzeit Verstappens großer Trumpf im Duell mit Leclerc.
FERRARI: Verlässlichkeit ist schließlich das ganz große Problem bei den Roten. Im Qualifying mögen Leclerc und Ferrari das Maß der Dinge sein, der Monegasse ging in Baku immerhin schon zum sechsten Mal in dieser Saison von der Pole Position ins Rennen. Was dann in unschöner Regelmäßigkeit passiert, ist eines Teams mit den Ambitionen und Möglichkeiten Ferraris allerdings unwürdig. Das Auto ist neben dem Red Bull das mit Abstand schnellste des Feldes. Technische Pannen und strategische Fehler haben die Italiener aber bereits viel zu viele Punkte gekostet, in Baku war für Leclerc und Carlos Sainz wegen Defekten bereits vor der Halbzeit des Rennens Schluss. Zeit für die Fehlersuche ist kaum gegeben: Schon am kommenden Wochenende geht es in Kanada wieder um Punkte.
SEBASTIAN VETTEL: Der viermalige Weltmeister überzeugte am Kaspischen Meer auf und neben der Strecke. Vettel bezog in Interviews und selbst gewählten Aktionen Stellung zu gesellschaftlich und politisch relevanten Themen, wies dabei auf Missstände hin und nutzte seine Reichweite auf positive Weise. Auf der Strecke gelang ihm viel. Platz sechs war zwar auch bedingt durch den Ausfall beider Ferrari, das bislang beste Saisonergebnis schmälerte dieser Umstand aber nicht.
MICK SCHUMACHER: Die Liste der Probleme ist lang für Schumacher, in Baku wurde sie nicht kürzer. Ja, er fuhr auf dem Stadtkurs ein unfallfreies Rennen und nein, viel mehr als Rang 14 war nach dem letzten Platz im Qualifying wohl nicht möglich. Die Spannungen zwischen dem Deutschen und der Leitung um Teamchef Günther Steiner wurden jedoch abermals sehr deutlich. Steiner beklagte in einem emotionalen Interview vor dem Rennen eine "Spaltung von außen", vor allem durch die Medien. Wirkliche Rückendeckung gab Steiner seinem Schützling aber auch nicht, die Forderung nach Punkten war deutlich. Upgrades am Haas-Boliden sind in Kanada nicht zu erwarten. Die ersten WM-Zähler für Schumacher damit nicht wahrscheinlicher. Die Spannungen dürften bleiben.
LEWIS HAMILTON: Der Rekordweltmeister ist mit 37 Jahren nicht mehr der Jüngste, nach dem Rennen wirkte der Brite aber um weitere Jahre gealtert. Mit großen Schmerzen quälte sich Hamilton aus seinem Mercedes, immer wieder hielt er sich den lädierten Rücken, sein Gang war steif. "Am Ende betet man nur, dass es zu Ende ist", sagte Hamilton hinterher. Das Bouncing, also das Hüpfen des Fahrzeugs, schlägt auf die Gesundheit der Fahrer. Eine schnelle Lösung des Problems ist nicht in Sicht.
SPRUCH DES WOCHENENDES: "Es schmerzt." (Ferrari-Pilot Charles Leclerc nach dem erneuten Ausfall)