Das Formel-1-Reife(n)zeugnis des SID: Dschidda

Zwei Erkenntnisse bringt dieser Doppelsieg des Weltmeisterteams. Eine davon lautet: Red Bull fährt im Moment in einer eigenen Liga.
Dschidda (SID) - RED BULL: Zwei Erkenntnisse bringt dieser Doppelsieg des Weltmeisterteams. Die eine macht wenig Hoffnung auf eine spannende Saison: Red Bull fährt im Moment in einer eigenen Liga, und selbst wenn sich das Kräfteverhältnis im Laufe des Jahres noch ändert, dürften Max Verstappen und Sergio Perez bis dahin ziemlich weit davonziehen. Die zweite Erkenntnis könnte aber zumindest ein wenig Dramatik zurückbringen: Die beiden Piloten haben ein durchaus angespanntes Verhältnis, und Perez geht seinen auf den ersten Blick aussichtslosen Kampf gegen den Ausnahmepiloten nun mit einem frühen Erfolg an. Der Mexikaner will sich noch nicht in die Rolle des Helfers fügen.
ASTON MARTIN: Auf den ersten Blick war der Sonntag ziemlich holprig. Lance Stroll muss seinen defekten Aston Martin abstellen. Fernando Alonso findet die Startbox nicht, erhält dafür eine Fünf-Sekunden-Strafe, und beim Ableisten dieser Strafe begeht dann die Box einen Fehler, der weitere zehn Sekunden kostet. Nach der Siegerehrung muss Alonso seinen dritten Platz daher zunächst noch abgeben und rutscht auf Rang vier. Aber: "Ehrlich gesagt, tut das gar nicht so weh", sagt Alonso, "ich hatte ja den Pokal, ich hatte den Champagner. Jetzt habe ich drei Punkte weniger, aber das bringt keine Enttäuschung." Ein erfolgreicher Protest beschert dem Routinier schließlich aber doch noch seinen 100. Podestplatz. Aston Martin ist weder Mercedes noch Ferrari, die Ansprüche wachsen gerade erst - und schon zum zweiten Mal im zweiten Rennen waren die Briten schneller als die beiden namhaften Konkurrenten.
MERCEDES: Bei den Silberpfeilen hat man schon vor diesem Wochenende weitreichende Entscheidungen getroffen. Der schwache Saisonstart führt dazu, dass das Auto "in sechs oder sieben Rennen ziemlich verändert aussehen" dürfte, sagte Motorsportchef Toto Wolff. Denn die nun gewählte "Design-Philosophie" weicht vom ursprünglichen Plan für den W14 ab. Dafür war der vierte Platz von George Russell in Dschidda ein netter Übergangserfolg, zumindest den alten Rivalen Ferrari hatte Mercedes schon mal im Griff. Das Verhältnis innerhalb des Teams bleibt derweil interessant: Russell kommt mit dem aktuellen Auto besser zurecht als Rekordweltmeister Lewis Hamilton. Einer, der den Engländer mal geschlagen hat, ruft schon den Sturz des Platzherren aus. "Lewis fällt nach solchen Ergebnissen manchmal mental in ein Loch, da muss man als Teamkollege richtig draufgehen", sagt Ex-Weltmeister Nico Rosberg, mittlerweile Sky-Experte.
NICO HÜLKENBERG: Es ist bislang eine unauffällige Rückkehr in die Formel 1 - zumindest an den Sonntagen. In den Qualifyings von Bahrain und Saudi-Arabien zeigte Nico Hülkenberg, dass er sich ziemlich gut eingefunden hat nach drei Jahren ohne Stammcockpit. Aus dem Stand war er jeweils deutlich schneller als sein Teamkollege Kevin Magnussen. In den turbulenten Rennen reichte es dann aber jeweils nicht für Punkte, Magnussen dagegen fuhr am Sonntag auf Rang zehn und sammelte Zählbares. "Auf der einen Seite bin ich enttäuscht", sagt Hülkenberg, "auf der anderen aber sehr zufrieden. Es ist gut zu sehen, dass wir im Mittelfeld konkurrenzfähig sind."
SPRUCH DES WOCHENENDES: "Zuerst hat er meiner Mutter das Kleid mit Champagner ruiniert, dann hat er die Blumen-Deko gegessen - wie sich später herausstellte, war die aus Plastik." (Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff über den Auftritt von Ferrari-Teamchef Fred Vasseur auf seiner Hochzeit - man kennt sich in der Formel 1.)