Das Formel-1-Reife(n)zeugnis des SID: Suzuka
MAX VERSTAPPEN: Nach einiger Verwirrung und vielen Fragen nach dem Warum hat es also doch schon in Suzuka geklappt
Singapur (SID) - MAX VERSTAPPEN: Nach einiger Verwirrung und vielen Fragen nach dem Warum hat es also doch schon in Suzuka geklappt: Max Verstappen ist zum zweiten Mal Formel-1-Weltmeister, und das mit gerade einmal 25 Jahren. Man tut dem Niederländer einen Gefallen, wenn man nicht so sehr über das Wann, sondern über das Wie spricht: Nach holprigem Start mit zwei Ausfällen in den ersten drei Rennen prägte der Titelverteidiger im Red Bull die Saison mit einer Dominanz, die sich am ehesten mit den großen Ferrari-Jahren von Michael Schumacher vergleichen lässt. Alle Zutaten für den Erfolg sind beisammen, Siege und auch Titel nur die logische Folge.
SERGIO PEREZ: Dennoch durfte sich Verstappen nicht zum ersten Mal bei seinem Teamkollegen Sergio Perez bedanken. Beim dramatischen Saisonfinale 2021 in Abu Dhabi spielte der Mexikaner als "Verteidigungsminister" gegen Lewis Hamilton eine Schlüsselrolle, bei Verstappens zwölftem (!) Saisonsieg in Suzuka nun setzte er Ferrari-Pilot Charles Leclerc so sehr unter Druck, dass dieser die letzte Schikane vor der Zielflagge verpasste und hinter Perez auf Rang drei zurückversetzt wurde. Diese Reihenfolge machte Verstappen auch rechnerisch zum Weltmeister und verhinderte eine Vertagung der WM-Entscheidung um weitere zwei Wochen. Doch dass dies möglich war, lag nicht allein an den beteiligten Fahrern ...
FIA: Die Regelhüter des Automobil-Weltverbandes haben in Suzuka für ungläubiges Kopfschütteln gesorgt. Verstappen jetzt schon Weltmeister? Aber ihm fehlt doch noch ein Punkt?! Nein, eben nicht. Die FIA legte einen Passus zwar korrekt, aber nicht gerade logisch aus: Obwohl nur 28 der 53 angesetzten Runden absolviert werden konnten, wurden die vollen Punkte vergeben - weil das Rennen durch die Zielflagge beendet wurde. Bei einem Abbruch nach 28 Runden hätte es hingegen reduzierte Punkte gegeben, und Verstappen hätte sich noch etwas gedulden müssen. Verstehen musste man dies nicht unbedingt. Auch nicht, dass die FIA erst deutlich nach Rennende für eine Klarstellung sorgte. Die allermeisten Medien hatten da schon berichtet, die WM-Entscheidung sei mindestens bis zum Großen Preis der USA in zwei Wochen vertagt.
PIERRE GASLY: Einen Hals auf die FIA hatten auch die Fahrer - allen voran AlphaTauri-Pilot Gasly. Der Franzose wäre im Zuge der Unterbrechung nach zwei Runden beinahe mit einem Bergungsfahrzeug kollidiert. Erinnerungen an den schweren Unfall in Suzuka 2014 wurden wach, der Gaslys Freund Jules Bianchi das Leben kostete. Die Fahrer gingen auf die Barrikaden, genereller Tenor: Dass sich ein solches Fahrzeug auf der Strecke befand, sei schlicht "inakzeptabel". Man habe "einfach nur Glück" gehabt, dass nichts Schlimmes passiert sei, ergänzte Sebastian Vettel. Die FIA allerdings belegte Gasly nachträglich mit einer Zeitstrafe und Strafpunkten. Schließlich war dieser unter roter Flagge, also bei abgebrochenem Rennen, viel zu schnell unterwegs gewesen, in der Spitze wurden bei ihm 251 km/h gemessen. Tatsächlich ein Nonsens. Unbeantwortet blieb aber eine andere Frage: Wie konnte ein Bergungsfahrzeug auf die Strecke gelassen werden, als noch Rennwagen unterwegs waren? Kein Fahrer musste geborgen werden, durch die Unterbrechung gab es keinerlei Zeitdruck.
MICK SCHUMACHER: Gute Miene machte der Deutsche nicht mehr. Sein Haas-Team hatte hoch gepokert und nach dem Neustart die Strategien der beiden Fahrer gesplittet. Das ist nicht unüblich, gerade für einen Hinterbänkler. Aber: Der besser platzierte (Schumacher) wurde auf die riskantere Strategie gesetzt. Er musste bei abtrocknender Strecke draußen bleiben und auf ein Safety Car hoffen. Der schlechter platzierte (Kevin Magnussen) holte sich wie das Gros der Fahrer früh Intermediates und damit den schnelleren Reifen. Wer aus dieser Strategie etwas herauslesen wollte, hatte leichtes Spiel. Schumachers Zukunft bei Haas ist schließlich ungeklärt, auf Magnussen setzt der Rennstall dagegen auch 2023. Teamchef Günther Steiner sprach von Pech und davon, dass man "im Nachhinein immer schlauer" sei. Schumacher wird das kaum besänftigen.
SEBASTIAN VETTEL: Für Sebastian Vettel ist Suzuka immer eine Reise wert gewesen, auch sein 14. und letzter Besuch der Rennstrecke als Formel-1-Fahrer hat sich gelohnt. Tolles Qualifying mit Platz neun, nach Kollision beim Start mit seinem Aston-Martin-Nachfolger Fernando Alonso wagte Vettel beim Restart als erster den Wechsel von Regenreifen auf Intermediates - und wurde mit Platz sechs belohnt.
SPRUCH DES WOCHENENDES: "Wir haben das alle nicht verstanden. Ich glaube, es war sehr verwirrend für Max." (Verstappens Lebensgefährtin Kelly Piquet zum Verwirrspiel um die Punktevergabe)