Rettigs Kritik: "Mich nimmt das nicht mehr mit"
Der ehemalige DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig sieht die Entwicklung des Fußballs äußerst kritisch.
München (SID) - Der ehemalige DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig sieht die Entwicklung des Fußballs äußerst kritisch. Er stelle bei sich "seit Jahren ein nachlassendes emotionales Interesse an den Hochglanzspielen dieser aufgeblasenen Wettbewerbe fest – und denke, dass ich diese Meinung nicht exklusiv habe. Mich nimmt das nicht mehr mit", sagte Rettig vor dem Achtelfinal-Duell in der Champions League am Dienstag (21.00 Uhr/Prime Video) zwischen Paris St. Germain und Bayern München im Interview mit Münchner Merkur/tz.
"Gleichgültigkeit ist schon die nächste Stufe, die Wut habe ich überwunden", ergänzte er: "Wenn Gier und Sportswashing der Antrieb sind, bleibt die Fußball-Liebe auf der Strecke." Dies habe sich, so Rettig, "durch die WM in Katar nur verstärkt. Das mangelnde Interesse, die Tatsache, dass die Leute die emotionale Nähe nicht mehr verspüren, die von Oliver Bierhoff hochbeschworene Lagerfeuer-Romantik nicht greift – das sehe ich immer mehr. Das Lagerfeuer ist erkaltet".
Es sei deshalb "eindeutig der falsche Weg, dieses wirtschaftlich ruinöse Rattenrennen zu legitimieren", betonte der langjährige Bundesliga-Manager und appellierte "laut" an die Politik: "Die Selbstheilungskräfte des Fußballs werden nicht ausreichen. Die Politik muss einen Rahmen vorgeben, damit dieser Irrsinn mal aufhört. In England gibt es diese Signale. Das freut mich sehr! Wenn wir nicht gegensteuern, wird der Fußball in einer Sackgasse landen."
Nach der WM in Katar müsse doch jedem bewusst sein, "dass es hier schon lange nicht mehr um den Sport geht. Es geht um Missbrauch des Sports für politische Zwecke. Da haben sich ja nun alle demaskiert", sagte Rettig weiter.
Er forderte von den Verantwortlichen deshalb "eine größere Konsequenz. Wir müssen Nein sagen! Denn es ist ein Märchen zu glauben, dass der Sport zu gesellschaftlichen Veränderungen in dem jeweiligen Land führen kann. Es können nur Zivilgesellschaften zu Veränderungen kommen", so Rettig.