Sportschau: Debatte über Umgang mit Russen im Sport

Die Debatten über den unterschiedlichen Umgang des internationalen Sports mit russischen Aktiven und Funktionären nehmen an Fahrt auf.
Berlin (SID) - Die Debatten über den unterschiedlichen Umgang des internationalen Sports mit russischen Aktiven und Funktionären wegen des Ukraine-Kriegs nehmen an Fahrt auf. Auf Anfrage der ARD-Sportschau forderte einerseits die Grünen-Europapolitikerin Viola von Cramon eine konsequentere Absetzung von Funktionären aus Russland, während der kanadische Sportrechtler Richard McLaren den derzeitigen Ausschluss russischer Sportler von den meisten Wettbewerben auf internationaler Bühne wie den laufenden European Championships in München infrage stellte.
"Russland kann nach wie vor seinen Einfluss nutzen, auch wenn die Athletinnen und Athleten nicht mehr starten dürfen", sagte von Cramon.
Für die Expertin, die früher auch dem Bundestags-Sportausschuss angehörte, ist die Entwicklung die Folge systematischer Unterwanderung internationaler Strukturen: "Russland hat es geschafft, über Jahre hinweg seinen Einfluss zu optimieren - über sehr generöse finanzielle Zuwendungen an den internationalen Sport, an nationale Sportverbände, an Fachverbände, an Veranstalter. Es hat damit die Institutionen von innen so ausgehöhlt, unterminiert, korrumpiert, dass es niemand mehr wagt, gegen diese russischen Funktionäre vorzugehen."
Tatsächlich besetzen Russen noch bemerkenswert zahlreich Topämter in internationalen Verbänden wie etwas Jelena Issinbajewa im Internationalen Olympischen Komitee (IOC). Von Cramon sieht in dieser Problematik nicht zuletzt den Deutschen Fußball-Bund (DFB) oder Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) in der Pflicht: "Ich wünsche mir, dass der DFB und der DOSB Führungsrollen übernehmen."
Aus der gegensätzlichen Richtung nähert sich McLaren der grundsätzlichen Thematik nach Suspendierung von Russen und auch Belarussen im Sport an. Für den Namensgeber und Verfasser des McLaren-Reports über Russlands Staatsdoping ist der weitgehend gültige Ausschluss von Aktiven, der kurz nach Beginn von Russlands Angriffen gegen die Ukraine auf Empfehlung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) von zahlreichen internationalen Dachverbänden ausgesprochen worden ist, nicht angemessen.
"Wie mit ihnen umgegangen wird, ist nicht fair", sagt McLaren: "Die Sportler haben diesen Konflikt nicht angezettelt und sind auch nicht für seinen Verlauf verantwortlich. Das sind zwei gute Gründe, sie wieder teilnehmen zu lassen."
Der Internationale Sportgerichtshof (CAS) hatte Mitte Juli den Ausschluss russischer Klubs und Nationalmannschaften aus internationalen Fußball-Wettbewerben für rechtens erklärt. Im Urteil gestand der CAS den zuständigen Verbänden einen Ermessensspielraum für entsprechende Entscheidungen zu. Darüber hinaus hat das britische IOC-Ehrenmitglied Craig die Teilnahme russischer und auch belarussischen Aktiver an den Olympischen Spielen 2024 in Paris als "unwahrscheinlich" bezeichnet.