Milbradt über Turn-Skandal: "Wäre schönere Lösung gewesen"

Der Cheftrainer der deutschen Männer beklagt mangelnde Kommunikation im Zuge des Missbrauchsvorwürfe.
Der Männer-Cheftrainer Jens Milbradt hat sich überrascht vom Ausmaß des Missbrauchsskandals im deutschen Turnen gezeigt. "Ich hatte gehofft, dass wir in dem langen Kulturwandelprozess in den drei Jahren davor doch wesentliche Themen abgearbeitet haben, vor allem im konzeptionellen Bereich", sagte der 56-Jährige im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er sei sich dessen nicht bewusst gewesen, "dass da doch noch so vieles bei den Turnerinnen brachliegt."
Der Deutsche Turner-Bund (DTB) kämpft seit dem Jahreswechsel mit einer schweren Krise, weil ehemalige wie aktive Turnerinnen unter anderem "körperlichen und mentalen Missbrauch" an den Bundesstützpunkten in Stuttgart und Mannheim angeprangert hatten. "Das ist sehr ernst zu nehmen, damit muss man sich beschäftigen", sagte Milbradt am Rande der am Montag gestarteten Heim-EM in Leipzig und fügte hinzu: "Trotzdem glaube ich auch, dass sich im Mädchenbereich, vielleicht nicht an jeder Stelle, aber insgesamt vieles getan hat."
Die Art und Weise der aktuellen Debatte bedauert Milbradt: "Was mich am meisten ärgert oder am meisten traurig macht, ist, dass es nicht geschafft wurde, die Turnerinnen mit den Trainern und vor allem auch mit dem DTB in eine interne Kommunikation zu bringen", erklärte er, "das wäre eine schönere Lösung gewesen als das, was wir gerade haben." Im Zuge der Vorwürfe ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart, der DTB hat eine Kanzlei mit der Untersuchung der Geschehnisse beauftragt.