Das SID-Kalenderblatt am 6. Februar: Eröffnung der Winterspiele des NS-Regimes
Bei beißendem Frost und dichtem Flockenwirbel fährt Adolf Hitler mit dem Sonderzug zum Gudiberg, tosender Jubel aus rund 60.000 Kehlen begleitet ihn.
Frankfurt/Main (SID) - Bei beißendem Frost und dichtem Flockenwirbel fährt Adolf Hitler mit dem Sonderzug zum Gudiberg, tosender Jubel aus rund 60.000 Kehlen begleitet ihn auf die Ehrentribühne. Voller Genugtuung blickt der Führer des deutschen Reiches an der Seite von IOC-Präsident Henri Baillet-Latour vom Balkon auf den Einmarsch der Nationen. "Ich erkläre die vierten Olympischen Winterspiele 1936 in Garmisch-Partenkirchen für eröffnet", schallt es nur kurze Zeit später aus seinem Mund.
Erstmals wird ein olympisches Feuer entzündet - der Startschuss für zehn Tage voller Manipulation und Täuschung. Denn die ersten und immer noch einzigen Olympischen Winterspiele auf deutschem Boden waren nicht mehr als Mittel zum Zweck für die Nationalsozialisten. Das Sportfest der Superlative eignete sich perfekt, um die Weltöffentlichkeit über den wahren Charakter des NS zu täuschen.
Hitler und Co. packten die Gelegenheit beim Schopfe, sich als vermeintlich weltoffenes und erfolgreiches Regime zu präsentieren. Das tatsächlich für den Krieg aufrüstende "Dritte Reich" sollte als friedliebende Nation dargestellt und die internationale Isolierung Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg aufgebrochen werden.
Obwohl die Diktatur im deutschen Reich und der herrschende Antisemitismus der olympischen Idee grundsätzlich widersprachen, folgte die damalige Rekordzahl von 28 Nationen und 1074 Sportlern dem Ruf gen Zugspitze. Antisemitische und rassistische Schilder wurden in Oberbayern einfach kurzfristig entfernt, selbst die USA setzten so ihre Boykottandrohung nicht in die Tat um.
Die jeweils drei Gold- und Silbermedaillen nach 17 Wettbewerben und Platz zwei im Medaillenspiegel für das deutsche Reich? Nebensache. Nie zuvor hatten Winterspiele derartige internationale Aufmerksamkeit und so viel Zuschauerinteresse geweckt. Dazu berichtete die internationale Presse auch noch mehrheitlich wohlwollend über die Spiele und den Gastgeber.
"Das haben wir gut gemacht. Viel Arbeit hat's gekostet, Doch es hat sich gelohnt", schrieb Propagandaminister Joseph Goebbels als Fazit in sein Tagebuch. Der Probelauf für die Sommerspiele in Berlin exakt ein halbes Jahr später war aus Sicht der Nationalsozialisten gelungen.