"Langweilige" Miss Shiffrin will Geschichte schreiben
"Langweilige" Miss Shiffrin will Geschichte schreiben
Kurzfristige Planänderung: Die alpinen Wettbewerbe der Frauen beginnen nun am Mittwoch mit dem Slalom - für Mikaela Shiffrin gleich die Gelegenheit, wieder mal Geschichte zu schreiben.
Mikaela Shiffrin ist eine Perfektionistin. Jedes Detail wird von ihr oder ihrer fordernden Mutter Eileen beachtet, nichts soll dem Zufall überlassen werden. Mit dieser Einstellung hat es die, man glaubt es kaum, erst knapp 23 Jahre alte Amerikanerin in den vergangenen sechs Jahren weit gebracht. Shiffrin ist die beste Ski-Rennläuferin der Gegenwart - Lindsey Vonn und ihren Kampf um Olympiagold und den Sieg-Rekord von Ingemar Stenmark hin oder her.
Am Montag war die Perfektionistin Shiffrin mal kurz nicht in ihrer Welt. "Es ist der Hammer, wir können nicht fahren", ließ sie kundtun, nachdem der Riesenslalom der Frauen am Drachenberg von Yongpyong wegen starken Windes abgesagt worden war. Shiffrin hatte sich gezielt auf das erste Rennen der Olympischen Spiele vorbereitet, knapp zwei Wochen vor Ort trainiert, sie sei bereit gewesen und habe sich gut gefühlt, sagte sie. Nun heißt es: umdenken, für den Slalom am Mittwoch.
Shiffin, die Unschlagbare
Im Grunde genommen ist das Rennen bereits entschieden, bevor es begonnen hat. Denn Slalom, das ist Shiffrin. Weltmeisterin 2013, im Alter von 17 Jahren. Olympiasiegerin 2014, da war sie 18. Es folgten bei den Weltmeisterschaften 2015 und 2017 die Siege zwei und drei im Slalom, dieser Hattrick war zuvor nur der legendären Rekordweltmeisterin Christl Cranz gelungen. Abgesehen davon, dass sie mittlerweile auch 30 Slalom-Rennen im Weltcup gewonnen hat: Shiffrin wäre die erste, die bei Olympia zwei Mal hintereinander zu Slalom-Gold fährt.
Allerdings: Perfektion ist eine Illusion, und Shiffrin keine Maschine. Die Wochen vor Olympia waren für ihre Verhältnisse eine Katastrophe. Nachdem sie die ersten fünf Rennen 2018 gewonnen hatte (Saisonsiege sechs bis zehn), ging ihr plötzlich der Saft aus. Einem dritten und einem siebten Rang bei den Abfahrten in Cortina d'Ampezzo folgten ein Ausfall, noch ein Ausfall, ein siebter Rang - und dann, unfassbar: ein Ausfall beim Slalom in Lenzerheide. Dort fädelte sie drei Tore vor dem Ziel ein.
Dies sei der Moment gewesen, sagt Shiffrin, als bei ihr die "Warnlichter angingen", als sie wusste: "Ich muss etwas ändern." Für die Gesamtweltcupsiegerin von 2017 (und wahrscheinlich auch 2018) hieß das: mach' mal Pause. Der Grund für ihre Probleme in den Wochen vor Pyeongchang sei weniger die körperliche Müdigkeit gewesen, "die spürst du die ganze Saison über, täglich", sagte sie. Nein, was sie aus der Bahn geworfen habe, sei die mentale Müdigkeit gewesen, "und das ist das Härteste für mich".
"Ich bin ziemlich langweilig"
Die letzten Weltcup-Rennen vor Olympia in Stockholm sowie Garmisch-Partenkirchen hat Shiffrin ausgelassen. Stattdessen reiste sie vorzeitig nach Südkorea, zur Erholung und zum Training, was bei ihr dasselbe ist. "Ach, ich habe nichts Besonderes gemacht", sagte sie, sechs, sieben Trainingseinheiten nur seien es gewesen, ein paar Tage habe sie auch freigemacht, sich pflegen lassen, "ich bin ziemlich langweilig".
Sich ausgerechnet bei Olympia wiederzufinden, ist eine Kunst - oder ganz einfach. "Ich habe mich ein bisschen auf meine Wurzeln besonnen", sagte Shiffrin, "ich habe mich daran erinnert, dass es nicht nur um Siege geht." Nein? Nein! "Ich bin hier, weil ich diesen Sport liebe." Und der große Erwartungsdruck? "Ich fühle keinen externen Druck. Den Druck mache ich mir selbst."
Für Mikaela Shiffrin heißt das: "Ich will Medaillen in allen Wettbewerben."