Das SID-Kalenderblatt am 17. April 2020: Die Velocipeden von Eimsbüttel

Das SID-Kalenderblatt am 17. April 2020: Die Velocipeden von Eimsbüttel
Köln (SID) - Velocipeden - das klingt irgendwie nach flinken, mittelgroßen und überaus bissigen Dinosauriern. Als Velociped, auf Deutsch soviel wie Schnellfuß, war aber dereinst jenes Gerät bekannt, das Jahrzehnte später unter dem deutlich griffigeren Namen Fahrrad zu einem der weltweiten Verkehrsmittel schlechthin wurde. Dass jenes Gefährt nicht nur nützlich, sondern auch sehr kurzweilig zur körperlichen Ertüchtigung genutzt werden konnte, ergab sich schnell.
So wunderhübsch wie die Schöpfungsadresse der Vereinigung - der Sottorfer Saloon an der Fruchtallee - war ihr Name: Der Eimsbütteler Velocipeden-Reit-Club, der elf Jahre später in Altonaer Bicycle-Club umgetauft wurde, da die Briten den weitaus griffigeren Namen für das neuartige Gerät, das damals eben noch geritten wurde, parat hatten.
Ein halbes Jahrhundert nachdem Karl Drais sein legendäres Laufrad entwickelt hatte, war das das Fahrrad in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Oder fast: Denn wie der Historiker Oliver Leibbrand in einer Abhandlung über den bürgerlichen Radsport im Deutschen Kaiserreich feststellte, blieb das Rad-Vergnügen zunächst höheren Schichten vorbehalten. "Man grenzte sich damit ab. Das ist vielleicht mit dem Flugzeugsport von heute vergleichbar", wird Leibbrand in den Eimsbütteler Nachrichten zitiert.
Zu jener Zeit waren die gusseisernen Räder, die vor allem von der ursprünglichen Nähmaschinen-Fabrik der Gebrüder Schlüter im nahen Pinneberg gebaut und von diesem unter großem Publikum in die Hamburger Innenstadt gefahren wurden, noch recht sperrig und schwergängig. Dies änderte sich schnell, die Entwicklung in den kommenden Jahren war höchst rasant. Das Rad, mit dem der Oberpfälzer Josef Fischer 1896 die Premiere von Paris-Roubaix gewann, hatte schon viel mit den heutigen Bikes gemein.