Das SID-Kalenderblatt am 24. Dezember: Reinhard Heß stirbt

Das SID-Kalenderblatt am 24. Dezember: Reinhard Heß stirbt
Erst als Reinhard Heß nicht mehr da war, wurde die Macht seines Wirkens in Gänze ersichtlich.
Köln (SID) - 1993 hatte der knorrige Thüringer die deutschen Skispringer als Bundestrainer übernommen. Sportler, die damals als Suppenhühner verspottet wurden. Heß machte sie zu Adlern, machte die Hannawalds und Schmitts zu Popstars, die Sportart wurde in Deutschland ein Straßenfeger.
Doch nachdem Heß 2003 aus dem Amt geschieden war, wobei manche Darstellungen eher darauf hindeuten, dass er hinausrevoltiert wurde, wurden aus den Adlern für Jahre wieder Suppenhühner. Und auch deshalb war die Trauer groß, als Heß nur vier Jahre später, am 24. Dezember 2007, mit 62 Jahren einem Krebsleiden erlag.
"Ich bin froh und stolz, dass ich mit ihm gearbeitet habe - das nimmt mir niemand mehr", sagte Sven Hannawald, dessen "Grand Slam" bei der Vierschanzentournee den Höhepunkt der Ära Heß und den Höhepunkt der Schanzenhistorie in Deutschland bedeutete.
Heß war ein harter Hund, ein Trainer der alten Schule, aber offen für Neues. Den Wechsel vom Parallel- zum V-Stil, den die deutschen Springer Anfang der Neunziger völlig verschlafen hatten, moderierte schließlich er. Mit Verspätung, aber schnellem Erfolg: 1994 holte der fast schon abgeschriebene Jens Weißflog Olympia-Gold im Einzel und mit der Mannschaft. Damit begannen die goldenen Jahre.
Als Heß schließlich abtrat, an jenem Heiligabend des Jahres 2007, tat er dies ohne Groll, die letzte, schwerste Zeit seines Lebens hatte er so durchlebt, wie all die erfolgreichen Jahre zuvor, mit Demut, mit Disziplin.
"Ich bin dankbar, dass mir der Herrgott noch eine schöne Zeit geschenkt hat", sagte er kurz vor seinem Tod: "Ich konnte viel mit meiner Frau Regina unternehmen, hatte mein zweites Enkelkind im Arm. Da habe ich manchmal fast vergessen, dass ich unheilbar krank bin. Jetzt muss ich dem Sensenmann in die Augen schauen."