"Der Distelfink": Was kann die Bestseller-Verfilmung?

"Der Distelfink" von Donna Tartt war ein riesiger Hit in den Bücherregalen und ergatterte sogar einen Pulitzer-Preis. Der Film will es ihm gleichtun - doch klappt das?
Der Roman "Der Distelfink" der amerikanischen Schriftstellerin Donna Tartt wurde 2013 auf einen Schlag zum Bestseller und sahnte 2014 den begehrten Pulitzer-Preis für Belletristik ab. Nun wird das Drama von Regisseur John Crowley (50, "Brooklyn - Eine Liebe zwischen zwei Welten") verfilmt. In den Hauptrollen: Ansel Elgort (25) als verwaister Kunstdieb Theo Decker und Nicole Kidman (52) als die kühle, wohlhabende Mrs. Barbour, die dem besten Freund ihres Sohnes vorübergehend ein Dach über dem Kopf bietet. Lohnt sich "Der Distelfink" für einen Gang ins Kino?
Um was geht es?
Der 13-jährige Theo Decker (Oakes Fegley) sieht seine Mutter das letzte Mal, als sie in einen anderen Ausstellungsraum des Metropolitan Museum of Art in New York geht. Sekunden später explodiert eine Bombe, die unbezahlbare Kunstwerke zerstört ... und auch Theos Leben für immer erschüttert. Er wird zwar von der wohlhabenden Familie rund um Mrs. Barbour (Kidman) aufgenommen, doch die Tragödie verändert seinen Lebensweg.
Im Laufe dieser turbulenten Jahre bis ins Erwachsenenalter klammert sich Theo (Elgort) heimlich an ein kostbares Objekt, das seine einzige greifbare Verbindung zu seiner Mutter ist - das Gemälde eines winzigen Vogels, gestohlen inmitten aller Asche aus dem Metropolitan Museum: der Distelfink.
Nacherzählung auf Kosten des Buches
Kurz gesagt kann die Verfilmung bei weitem nicht mit dem Buch mithalten. Auch wenn der Film stetig versucht, seine Balance zwischen Terrordrama, Coming-of-Age-Story und Kunstthriller zu behalten, hinkt die zweieinhalbstündige Umsetzung. Geschuldet ist dies vor allem dem Umstand, dass Regisseur Crowley krampfhaft versucht, sich minutiös an seine Vorlage zu halten. Der 1024 Seiten starke Roman dringt elegant in seine Charaktere ein - Crowley dagegen schürft trotz Überlänge nur an dessen Oberfläche.
Besonders schade scheint dies, da der Regisseur mit einem besonderen Roman und außergewöhnlichem Cast so viele kreative Fäden in der Hand hielt: Seit "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" mausert sich Ansel Elgort vom Teenie-Star zum ernstzunehmenden Charakterdarsteller und ist als Theo Decker sehr glaubhaft. Mit Nicole Kidman, Sarah Paulson und Jeffrey Wright ist "Der Distelfink" auch bis in die kleinste Nebenrollennische exzellent besetzt. Doch auch die unterschiedlichen Zeitebenen vom jungen bis zum erwachsenen Theo und zurück verwirren mehr, als dass sie Spannung erzeugen würden.
Lohnt sich der Kinobesuch?
Insgesamt hätten dem Film deutlich mehr Einblicke in seine Charaktere gutgetan. Teilweise transportiert der Film genau die gewünschte Stimmung, etwa in dem Moment, als Theo zum ersten Mal auf das Gemälde des Distelfinks trifft oder in der Werkstatt des Antiquitätenhändlers Hobie, der dem verwirrten Jungen ein Zufluchtsort wird. Doch diese kleinen Flügelschläge reichen leider nicht aus, um den Distelfinken zum Fliegen zu bringen.