"Green Room": Kleiner, feiner, dreckiger Genrefilm

Im überraschend launigen und ungemein brutalen Film "Green Room" hetzt Regisseur Jeremy Saulnier Nazis auf eine Gruppe Punks - und dabei auch zwei "Star Trek"-Größen aufeinander.
Hin und wieder gibt es diese kleinen Filme, von denen man im Vorfeld quasi nichts erwartet (oder noch nicht einmal gehört) hat und dann durchweg positiv überrascht wird. So erging es im Fall von Jeremy Saulniers "Green Room" dem Publikum in Cannes, den Gästen beim Film Festival in Toronto. Und so dürfte es auch allen Kinogängern ergehen, die ein Faible für fiese und ungemein brutale Horror-Kost haben. Aber auch wirklich nur ihnen.
"Nazi Punks Fuck Off"
Nein, mit einer Extraportion Glück ist die abgehalfterte Punkband "Ain't Rights" wahrlich nicht gesegnet. Für ihren liegengebliebenen Bus muss Benzin aus parkenden Autos gesaugt werden, die Gage für einen Gig, für den sie hunderte Kilometer gefahren ist, liegt im Cent-Bereich. Auch deshalb zögern die Punker nicht lange, als ihnen ein Auftritt in einem einsam gelegenen Club im Nirgendwo angeboten wird - trotz der Warnung, dass sich auch Nazis unter den Gästen befinden werden.
Gleich die erste, ebenso mutige wie saudämliche Idee, "Nazi Punks Fuck Off" von den Dead Kennedys zu schmettern, stößt bei vielen Glatzen im Publikum auf wenig Begeisterung. Als sich die Band dann nach dem Auftritt so schnell wie möglich aus dem Staub machen will, ist Gitarrist Pat (Anton Yelchin) zur falschen Zeit am absolut falschen Ort: Er wird Zeuge eines brutalen Mords an einer jungen Frau, die er kurz zuvor noch im Publikum erspäht hatte. Von der Situation gänzlich überfordert und um ihr Leben bangend, verbarrikadiert sich die Band gemeinsam mit der Nazi-Braut Amber (Imogen Poots) im Backstage-Bereich des Clubs und hofft auf das Anrücken der Polizei. Aber die, welch Wunder, wird nie auftauchen...
Bekannte Zutaten mutig gemischt
Eine Gruppe Jugendlicher strandet im US-Nirgendwo und wird nach dem "Zehn kleine Jägermeister"-Prinzip nacheinander und möglichst brutal um die Ecke gebracht - so weit, so generisch. Doch mit seinem Film "Green Room" gelingt es Regisseur Jeremy Saulnier nach diesem klischeebeladenen Einstieg, bekannte Genre-Konventionen in eine erfrischende "Punks versus Nazi"-Geschichte zu packen, sie mit überraschend viel pechschwarzen Humor zu versehen und mit rotzigen Musik-Einlagen abzuschmecken.
"Green Room" ist vor allem eins: nichts für Zartbesaitete. Mit Macheten, Schrottflinten, Teppichmessern und bissigen Hunden rücken die Skinheads an, um sich der Zeugen des Mordes zu entledigen. Die nicht wenigen Konfrontationen der beiden Gruppen sind "Gore"-Feste sondersgleichen, bei denen selbst erfahrene Horror-Fans hin und wieder ihre Augen von der Leinwand abwenden werden. Auf die Uhr dürfte der Blick dabei aber nicht abgleiten, denn "Green Room" ist trotz seiner 95 Minuten Laufzeit nicht nur kurzweilig, sondern auch ausgesprochen spannend.
Nazi-Picard gegen Punk-Chekov
Dass "Green Room" Genre-Fans viel Freude bereiten dürfte, liegt neben den überzeugenden Effekten an den liebenswert-verspulten Helden und am Antagonisten Darcy, herrlich diabolisch dargestellt von Patrick Stewart. Damit ist das Duell zwischen Nazis und Punks auch ein Kampf zwischen zwei "Star Trek"-Größen: "Next Generation" Jean-Luc Picard hat es auf Pavel Chekov (Yelchin) aus den neuen "Star Trek"-Filmen abgesehen. Aber auch die von Poots gespielte abtrünnige Nazi-Braut ist eine ebenso abgedrehte wie interessante Figur, die eine spannende Dynamik mit Hauptfigur Pat und den anderen Punkern entwickelt.
Fazit:
Die perfekten Zuschauer für "Green Room" ergeben eine zugegeben recht kleine Gruppe: Sie stehen auf ausgesprochen grafischen Horror, bitterbösen Humor und im besten Fall auch noch auf Punk-Musik. Speziell den außergewöhnlichen Charakteren ist es zu verdanken, dass "Green Room" bis zum großen Showdown all jene zu unterhalten weiß, die auf derartige Streifen stehen. Alle anderen, die trotzdem ein Ticket für den Film lösen - ihr wurdet hiermit gewarnt!