Renault Espace: Van oder nicht Van, das ist die Frage
Bei der Vielzahl von Automodellen verliert man leicht den Überblick. Wer hat welchen Fahrzeugtyp erfunden? Da werden Tatsachen schnell verfälscht, wie das Beispiel der Vans zeigt.
Fahrzeugkategorien haben es in sich. Vor allem dann, wenn sich Hersteller als Erfinder einer solchen dargestellt wissen wollen. Und so schreiben viele, was so gar nicht stimmt. Aber es wird so wahrgenommen: nämlich dass der Renault Espace der Vorreiter und erste Van aus Europa gewesen sei.
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Das behauptet heute nicht einmal (mehr) Renault selbst bei der Vorstellung der fünften Generation dieses Großraumfahrzeugs. Und auch Wikipedia tut sich schwer, den automobilen Van eindeutig zu identifizieren. Da heißt es: "Ein Van ist im deutschen Sprachgebrauch ein Kraftfahrzeug mit fünf bis sieben, in seltenen Fällen auch bis zu neun Sitzen (mit durchgehender Sitzbank vorne), das sich dank eines variablen Sitzkonzepts, in der Regel auch hinten mit Einzelsitzen, sowie einer hohen Silhouette deutlich variabler nutzen lässt als ein herkömmlicher Kombi. Im weiteren Sinne werden damit alle Arten von PKW mit erhöhter Karosserie, Hochdachkombis und Kleinbusse bezeichnet."
Eine verwirrende Anzahl unterschiedlicher Van-Varianten
Die Allgemeinwissenden von Wikipedia glauben nun zu wissen, dass der 1983 eingeführte Mitsubishi Space Wagon, der Nissan Prairie und der Honda Civic Shuttle die ersten Fahrzeuge der Kategorie Van gewesen seien. Gefolgt vom Chrysler Voyager (1988) und dem später in einer Zusammenarbeit von VW und Ford entstandenen Sharan sowie dem Ford Galaxy. Auf Wikipedia streiten die Autoren nun auch darüber, welcher Van in welche Kategorie gehört, die nun aus Kleinbus, Großraum-Van, Kompaktvan, Minivan und Microvan bestehe. Dass die unterschiedlichen Bezeichnungen in Europa und USA zusätzlich für Verwirrung sorgen, soll hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt werden.
Was in all den Van-Berichten untergeht: Für wahre Kenner ist immer noch der VW-Bus, liebevoll "Bulli" genannt, der erste seiner Art, der es ermöglichte, mehr als fünf Personen in die weite Welt zu tragen, die Anfang der fünfziger Jahre für viele am Gardasee oder in Rimini endete. Der erste Entwurf des Bulli stammt aus einem Skizzenbuch eines holländischen VW-Importeurs mit Namen Pon, der 1947 darüber nachgedacht haben mag, wie man eine größere Familie transportieren kann. Er gab tatsächlich den Anstoß, dass in Wolfsburg über einen Kleinbus nachgedacht wurde, der schließlich 1950 in Serie ging. Angesichts der Tatsachen kann wohl keine andere Firma behaupten, Erfinder des Kleinbusses gewesen zu sein, auch wenn die wuchernden Mutationen siebensitziger Fahrzeuge heute überwiegend als Van auf dem Markt positioniert werden. Mittlerweile gibt es ja auch die siebensitzigen SUV, die aber außer der Sitzplatzzahl keine Ähnlichkeit mit einem Kleinbus aufweisen.
Mercedes erfand das viertürige Coupé
Kategorie-Erfindungen im Automobilbereich erblicken nicht selten gleichzeitig bei unterschiedlichen Herstellern das Licht der Welt. Manchmal auch mit großem Abstand, was den Verdacht des Abkupferns zumindest nicht entkräftet. Als Mercedes-Benz - kam wirklich als erster auf den Markt - mit dem CLS 2004 das viertürige Coupé erfand, liefen bald darauf Entwicklungen in diese Richtung bei Porsche (Premiere Panamera 2009) und bei BMW (Grand Coupé) an. Viertürige Coupés waren auf einmal en vogue. Nie war irgendwo zu lesen, dass Porsche oder BMW das viertürige Coupé erfunden hätten.
Nur bei der Erwähnung der Erfindung des Vans wird der knuffige VW Bulli als erstes Fahrzeug dieser Art gerne übergangen. Vielleicht liegt es auch daran, dass es den Begriff Van Anfang der Fünfziger noch nicht gab. Die "kleine Reisegruppe" als Produkt-Idee entdeckt hat aber eindeutig Volkswagen.