Christian Ulmen: "Der Institution Kirche tun Komödien gut"

Chrisitan Ulmen gilt mittlerweile als Erfolgsgarant für deutsche Film- und TV-Produktionen. Anlässlich der TV-Premiere der Komödie "Wer's glaubt wird selig" plauderte der Schauspieler mit spot on news über sein Verhältnis zur Kirche und kleine Lügen im Alltag.
Am Montag feiert die Erfolgskomödie "Wer's glaubt wird selig"ihre TV-Premiere (20.15 Uhr im Ersten). Christian Ulmen (38, "HerrLehmann") spieltdarin einen Wirt, der ein schneeloses Ski-Örtchen in Bayern rettenund den Tourismus wieder ankurbeln will. Zu diesem Zweck lässtdieser kurzerhand seine verstorbene Schwiegermutter heiligsprechen.Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news spricht derSchauspieler über seine persönliche Einstellung zu Kirche undGlauben, erzählt, wie er diese an seine Kinder weitergibt und wiees ist, als Norddeutscher in Bayern zu arbeiten.
Herr Ulmen, Sie sagten einmal von sich selbst, Sie seien nichtgläubig. War dies immer so, oder hatten Sie religiöse Phasen undsind vom Glauben abgefallen?
Christian Ulmen: Ich war nie gläubig. Aus jetziger Sicht sogarnicht einmal als Kind. Da zweifelte ich bereits an den Geschichtenaus der Bibel. Zumindest bei Tageslicht. Nachts hatte ich natürlichauch Angst vor der Hölle und habe dafür gebetet, Opa möge wiederauferstehen. Das waren aber eher Präventivmaßnahmen. Genauso hatteich Angst vorm Räuber Hotzenplotz oder habe meine Milchzähne derZahnfee unterm Kopfkissen geopfert. Das meine ich gar nichtdespektierlich; wer glaubt, hat meinen vollen Respekt, ich beneideihn sogar um diese Gabe.
Wie sehen Sie die Kirche - insbesondere die katholische?
Ulmen: Die katholische Kirche befindet sich gänzlich außerhalbmeines Radars. Mit der hatte ich nie zu tun. Ich bin protestantischerzogen worden.
Hat es vielleicht ein Stück weit Genugtuung verschafft, eineFigur zu spielen, die die Kirche so an der Nase herumführt?
Ulmen: Genugtuung wäre übertrieben, aber es hat Spaß gemacht,ja. Der Institution Kirche tun Komödien gut, finde ich, da solltees viel mehr von geben. Gerne mit dem erforderlichen Mut zurRespektlosigkeit. Kirche ist aber nicht gleich Glaube. Der Glaubeist zu respektieren. Ich kann zwar leider nicht glauben, aber michstört der höhnische Unterton, mit dem Atheisten bisweilen überGläubige sprechen. Das eine ist, eine Institution wie die Kirche,die aus Steuermitteln finanziert wird, zu hinterfragen. Das andereist, Menschen glauben zu lassen.
Geben Sie eine eher rationale Weltanschauung an Ihre Kinderweiter, oder dürfen die ruhig eine Weile lang an Dinge wie denWeihnachtsmann oder Christkind glauben?
Ulmen: Absolut. Es ist statistisch unwahrscheinlich, dass Kindervon Nicht-Gläubigen je an Gott glauben werden, aber ich hättenichts dagegen. Ich halte Gott mit an Sicherheit grenzenderWahrscheinlichkeit für nicht existent. Das erzähle ich so meinenKindern, das ist übrigens auch die offizielle Formulierung derHumanisten. Unter Juristen gilt die Formel "mit an Sicherheitgrenzender Wahrscheinlichkeit" übrigens als "sicher", das heißt,wer mit "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" als Täter inFrage kommt, der wird verknackt. Aber: Für mich gilt immer erst dasals gesichert, was hinter dieser Wahrscheinlichkeitsgrenze liegt.Auch in Glaubensfragen. Solange sich aber die Wahrscheinlichkeiteiner Existenz Gottes in diesem ultradünnen Korridörchen befindet,ist das Thema Gott für mich nicht ganz vom Tisch. Er ist also nochmöglich. Ich kann nicht an ihn glauben, würde mich momentan nichtmal auf die Suche nach ihm machen, aber ich kann ihn auch nichthundertprozentig ausschließen. Niemand kann das. Das liegt ebendaran, dass ein paar nicht unwesentliche naturwissenschaftliche undphilosophische Fragen zu unserer Herkunft nicht vollständig geklärtsind. Ich kann mit dieser Ungewissheit recht gut leben, brauche fürmeinen persönlichen Halt weder Religion noch die Überzeugung, dassGott Quatsch ist.
Im Film geht es um eine großangelegte Täuschung - legen Siepersönlich viel Wert auf die Wahrheit oder dürfen kleine Lügen imAlltag sein?
Ulmen: Natürlich darf man im Alltag lügen. Ich dränge doch nichtjedem Unschuldigen die Nöte meines Intimlebens auf. Wenn ichscheiße drauf bin, sage ich trotzdem "gut", wenn der Briefträgermich fragt, wie es geht.
Haben Sie sich als Norddeutscher in Bayern bei den Dreharbeitenschnell eingelebt oder gab es einen kleinen Kulturschock?
Ulmen: So weit ist Bayern nun auch nicht weg. Ich war zuvorschon ein paar Mal da und mochte es dort auf dem Land. Einzig hatmich die Stadt-Kultur dahingehend versaut, dass mich Ruhe undfehlendes Handynetz unruhig machen.
Sie haben in Ihrer Karriere sehr unterschiedliche Figurengespielt. Steckt in Ihren Rollen immer ein Stückchen von sichselbst oder grenzen Sie sich klar von Ihrer Figur ab?
Ulmen: Das sind ganz klar andere Vögel als ich selbst. Siebekommen alle etwas aus meiner Fantasie, klar, und das eint dieauch. Aber sie wurden ja von immer anderen Menschen erdacht undsind allein deshalb schon von mir losgelöste, eigenständigeIndividuen.
Wenn Sie nicht bei Film und Fernsehen gelandet wären, welchenBeruf würden Sie wahrscheinlich ausüben?
Ulmen: Das weiß ich wirklich nicht. Ich mache das ja schon seitich zehn Jahre alt bin. Damals mein größtes Hobby, und jetzt habeich das Riesenglück, mich mit nichts anderem als meinem Hobbybeschäftigen zu können - und kriege auch noch Geld dafür.
Was würden Sie als eine der großen Leidenschaften in Ihrem Lebenbezeichnen, außer vielleicht dem Fußball?
Ulmen: Meine Familie.