Margarethe Schreinemakers: Wenn das Altern glücklich macht
Die legendäre Moderatorin Margarethe Schreinemakers feiert ihren 60. Geburtstag und ist mit jedem Jahr ein bisschen glücklicher geworden.
Der Besuch auf ihrer Website zeigt als erstes Bild eine sympathische Dame in den besten Jahren, wie man zu sagen pflegt. Sie sitzt auf einer weißen Gartenbank umringt von Hortensien und sieben gut gelaunten Hunden. Das nächste Foto zeigt sie im schulterfreien Schwarzen. Offener Blick, strahlendes, schalkhaftes Lächeln, eine wiederum sympathische Erscheinung mit sportlichem Sexappeal, die besten Jahre liegen offenbar noch in weiter Ferne.
Und allmählich dämmert es. Ist das nicht...? Ja, das ist sie: Margarethe Schreinemakers! Lange nichts mehr von ihr gehört. Schon so lange, dass die Jungen sie nicht mehr kennen und die ganz Jungen sie nie gekannt haben.
Dabei war diese Dame mal ein - pardon! - Urgestein der deutschen TV-Unterhaltung. Es gab Zeiten, da sie das Gesicht des Fernsehens war, nicht des staatstragenden, sondern des frechen, schnoddrigen, respektlosen. Ihr Format "Schreinemakers live" war eine der erfolgreichsten Sendungen der 1990er-Jahre. Sie wurde mit Bambi und Goldener Kamera ausgezeichnet und gehörte somit zur Crème de la Crème des Entertainments der guten alten Bundesrepublik. Am 27. Juli wird sie 60 Jahre alt.
Sperriger Name, große Karriere
Dass diese Karriere ausgerechnet mit dem sperrigen Namen Margarethe Schreinemakers möglich war, verdankt die gebürtige Krefelderin vom Niederrhein, ihrer unbekümmerten, doch keineswegs naiven Art als Moderatorin, ausgestattet mit einer Gabe zum ungebrochenen Redefluss, den einige Kritiker bisweilen als nervig empfanden. Doch das lag wohl auch an ihrer kieksigen Stimme, gegen die nur schwer anzukommen war und die fremde Gehörgänge arg strapazieren konnte.
Nach ihrem Studium der Publizistik und Sozialwissenschaften machte sie bei der Evangelischen Presseagentur (epd) ein Redaktionsvolontariat und ging danach in die Nachrichtenredaktion des WDR. Dort erkannte man rasch ihr Talent, sie durfte unter anderem die "Aktuelle Stunde" moderieren. Der Durchbruch gelang bei Radio Bremen mit der Sendung "Extra-Tour". Von 1987 an führte sie im Ersten durch das Quiz-Format "Wortschätzchen". Die Sendung wurde zwar nach neun Ausstrahlungen wieder eingestellt. Immerhin: Sie hatte sich einen Namen gemacht, Margarethe Schreinemakers war wer.
Zu ihrem Bekanntheitsgrad trug auch ihre erste Ehe mit Jürgen von der Lippe (70) bei, über die sie später der "Bild" sagte: "Als ich 1986 Jürgen Hals über Kopf geheiratet habe, stellten wir beide sehr schnell fest, dass wir uns zwar unheimlich toll fanden, aber im Grunde überhaupt nicht zusammenpassten. Ich wollte damals unbedingt Kinder. Jürgen sah das anders." Bei Kindern seien Kompromisse nicht möglich. "Du kannst keine halben Kinder machen." Jürgen habe gesagt, wenn er so viel unterwegs sei, könne er kein guter Vater sein. Scheidung 1988.
"Schreinemakers live"
Beruflich folgten Intermezzi mit der Comedy "Chicita" und als Moderatorin der wöchentlichen NDR Talkshow (42 Sendungen bis 1991). 1992 wechselte Margarethe Schreinemakers zum Privatsender Sat.1 - und da ging die Post ab. Der Sender hatte ihr eine eigene Talkrunde zur besten Sendezeit zur Verfügung gestellt: "Schreinemakers live". Und auf einmal war der sperrige Name ein Qualitätssiegel.
Die Sendung gehörte zu den quotenstärksten ihrer Zeit, zeitweise wurde sie in ihrer Babypause oder krankheitsbedingt von Jörg Wontorra (69) oder Reinhold Beckmann (62) vertreten. Margarethe Schreinemakers war auf dem Höhepunkt ihrer Karriere als jäh das Aus folgte. Das war 1996, da machte auf einmal der Vorwurf die Runde, Schreinemakers habe Steuern in Millionenhöhe hinterzogen.
Der Fall machte Schlagzeilen, sie geriet auch in der Öffentlichkeit unter Druck. Doch Schreinemakers wäre nicht Schreinemakers, wenn sie sich dem Kampf nicht gestellt hätte. Und zwar in ihrer Sendung, was ihr allerdings die Sat.1-Leitung untersagte.
Schreinemakers pfiff auf die Anweisung: "Ich hatte die Schnauze voll. Guck mal, du kriegst ein Kind, die Hormone spielen verrückt, auf einmal bricht da irgendetwas über dich her und du bist die meistgehasste Person Deutschlands. Dann habe ich gesagt, ich gehe keinen Meter zurück - allenfalls, um Anlauf zu nehmen. Ich bin so ein Typ, der aufsteht, sich die Wunden leckt und sich dann sagt: 'So, jetzt Punkt.'"
Schmerzhafter Bruch mit Sat.1
Am 22. August 1996, ein Datum das TV-Geschichte schrieb, sprach Margarethe Schreinemakers den eigenen Fall in ihrer eigenen Sendung an. Daraufhin brach der Sender die Live-Übertragung ab, der Kollege Ulrich Meyer verlas eine Sender-Erklärung, wonach es mit journalistischen Grundsätzen nicht vereinbar sei, private Probleme in der eigenen Sendung zu thematisieren, was Schreinemakers ganz anders sah: "Ich habe damit gerechnet! Aber ich wollte die Sendung machen. Es war eine Frage der Ehre für mich in dem Moment. Die Ehre war weg und ich wollte sie wiederhaben."
Der Schock über die Abschaltung eines Senders, der nicht gerade die Richtlinien von Fairness erfunden hatte, saß trotz allem tief. Viel später sagte sie: "Man hätte mir zehn Tattoos einbrennen oder mich in einem Folterkeller stecken können, ich hätte alles nicht gespürt."
Am Ende waren eine legendäre Sendung und eine große Karriere zerstört. Schreinemakers und Sat.1 beendeten ihre Zusammenarbeit. Zwar wechselte die Moderatorin zu RTL, konnte aber mit "Schreinemakers TV" ebenso wenig an die früheren Erfolge anknüpfen wie später mit "Ein Herz für Kinder" (ARD) und "Big Diet" (RTL2).
Die Steuerermittlungen gegen Margarethe Schreinemakers wurden 1998 eingestellt, gegen eine Zahlung von einer Million Mark an karitative Einrichtungen, wie etliche Presseberichte lauteten. Alles falsch, sagt sie. Das Verfahren "wurde nach anderthalb Jahren schuldlos eingestellt, und ich bekam Geld vom deutschen Finanzamt zurück. Punkt!"
Seitdem ist es ruhig um sie geworden. Doch da war noch das Ende der zweiten Ehe. Ein kurzes Aufflackern von alter Popularität, wiederum in einem für sie schmerzlichen Zusammenhang: 2007 wurde sie von dem Rechtsanwalt Werner Klumpe, dem Vater ihrer beiden Söhne Lukas und Kristoph, geschieden. Nach einem jahrelangen Kampf um das Familienvermögen, das hauptsächlich sie erwirtschaftet hatte. Aber gut: Schluss, aus, Punkt!
Nahtoderfahrung beim Joggen
Nur zwei Jahre später dann beinahe das endgültige Aus. Sie erleidet beim Joggen einen Herzstillstand. Ihrem Lebensgefährten Jean Marie Maus (44) gelingt die Wiederbelebung, er holt sie zurück ins Leben. Was bleibt, ist ein tiefsitzender Schock: "Es sind Sachen, die du in deinem Trauma-Gedächtnis speicherst. Es ist ja ein Trauma. Sterben ist ein Trauma. Das hast du nicht auf der Rolle. Es können Geräusche oder Gerüche sein. Es kann alles Mögliche sein. Auf einmal bricht dir der Schweiß aus, das Herz rast, du hast das Gefühl, keine Luft zu kriegen - als würde dich einer knebeln."
Sie hat dann 2012 noch mal geheiratet - und offenbar nach langen Anläufen endlich ein ganz privates Glück gefunden: "Ich muss ehrlich sagen: Es fühlt sich doch verdammt gut an, seinen langjährigen Traummann und unfassbar beherzten Lebensretter zu heiraten", schrieb sie auf Facebook. "Ich bin unendlich glücklich und wirklich restlos dankbar, dass ich das alles tatsächlich erleben darf. Lasst euch umarmen. Ich könnte platzen vor Glück. Ein Geschenk des Himmels ... das muss es wohl sein!"
Dieses Geschenk hat ihr den Frieden gegeben, den sie so lange vergeblich gesucht hatte. "Das wünsche ich jedem Menschen, wirklich. Das ist jetzt kein Scheiß. Ich wünsche jedem Menschen einen Menschen, der ihn liebt. Dann hast du schon gewonnen. Dann hast du schon so viel erreicht."
Am Ende bleibt das Bild mit den Hunden, ein stiller Aufruf zu Hilfsaktionen für herrenlose Tiere, die jeder mag, aber kaum jemand möchte. Mit den Hunden und ihrem dritten Ehemann lebt sie grenznah in Eupen (Belgien). Auf ihrer Website gibt sie an, dass sie nun Möbel entwirft. Sorgenfrei, klug und leise.
Eigentlich ein friedliches Bild, ohne das übliche Brimborium. Von einer Frau, die heute kaum mehr einer kennt. Vielleicht ist das ihr größtes Glück.