Marijke Amado: Für jede männliche Enttäuschung ein Schwein im Garten
Marijke Amado sammelt Betonschweine. "Für jede menschliche ... also männliche Enttäuschung" habe sie sich eines gekauft, schreibt sie in ihrem Buch "Frauen in den Medien". Wie viele bereits in ihrem Garten stehen?
Moderatorin Marijke Amado (65) erzählt in ihrem Buch "Frauen in den Medien: Immer schön gelassen bleiben" (Plaza), was sie im Laufe ihrer langen TV-Karriere erlebt hat. Im Interview mit spot on news spricht die 65-Jährige, die durch Shows wie "Am laufenden Band", "WWF-Club" und der "Mini Playback Show" bekannt wurde, warum sie 40 Betonschweine im Garten hat.
Sie sind seit Jahrzehnten im TV-Geschäft erfolgreich und haben viel erlebt. Was haben Sie gedacht, als Ende 2017 nach dem Weinstein-Skandal die MeToo-Bewegung aufkam?
Marijke Amado: Ich wusste ja, dass es sowas immer schon gegeben hat. Für mich war das tatsächlich nicht Neues.
Sie haben Ihre Karriere in den 70er Jahren als Assistentin in Rudi Carrells Show "Am laufenden Band" begonnen. Über die damalige Zeit schreiben Sie unter anderem: "In der Probe wurde mir 'frauenfreundlich' mitgeteilt, dass ich bitte nicht mit meinem fetten Arsch in die Kamera laufen sollte. (Ich hatte Kleidergröße 34-36)."
Marijke Amado: Das war damals einfach der Umgangston. Das Buch habe ich nicht geschrieben, um Leute fertigzumachen und es ist auch keine Abrechnung. Meine Intension ist, ein Stück Zeitgeschichte wiederzugeben und zu erzählen, wie es war, wie es sich entwickelt hat und wie es heute ist. Daran kann man sehen, was wir Frauen in den letzten 40 Jahren erreicht haben. Wir waren keine Opfer damals. Wir haben eine andere Zeit miterlebt, haben Sachen verändert und den Weg für die junge Generation freigemacht.
"Vergiss das Fernsehen, Frauen ab 40 haben keine Chance mehr", hat Ihnen Carrell später einmal gesagt. Hat sich in dieser Hinsicht schon etwas geändert?
Marijke Amado: Tatsächlich hat er gesagt, die Männer haben wenig Bedürfnis, eine Frau zu sehen, die aussieht wie "gerimpelde Goudrenet", auf Deutsch "geschrumpelte Äpfelchen", in einem Fruchtkorb. Und das stimmt auch. Die Männer haben ein Bild von Frauen, das anders ist als das der Frauen. Warum sollten Frauen ab 60 nicht mehr ihre Meinung sagen und ihren Intellekt zeigen? Daran müssen wir noch weiter arbeiten. Wir sind noch nicht da, wo wir sein müssten. Im Ausland hat sich schon mehr getan. In den USA sehen wir Oprah Winfrey, Ellen DeGeneres, im Schauspielfach Meryl Streep - die haben nie aufgehört zu arbeiten.
Obwohl bei Ihnen damals auch "einige Tränen geflossen" sind, sind Sie Rudi Carrell heute dankbar.
Marijke Amado: Ja, natürlich, er hat mir die Chance ermöglicht, mich im deutschen Fernsehen weiterzuentwickeln. Er hat mir eine Tür geöffnet, die mein Leben geprägt hat. Für solche Momente sollte man immer sehr dankbar sein. Aber der Umgangston und die Ansichten damals waren ganz andere. Wenn früher eine Frau gearbeitet hat, war das eigentlich eine Schande, denn das hieß, der Mann verdient zu wenig. Ich habe zwischenzeitlich in der Schweiz gelebt, wenn ich etwas kaufen wollte, das teurer als 500 Franken war, brauchte ich die Zustimmung meines Manns. Ich habe Dinge aufgeschrieben, die damals ganz normal waren, heute glücklicherweise aber anders sind.
Sie haben 1998 aus der Zeitung erfahren, dass die damals 17-jährige Blümchen die "Mini Playback Show" moderieren soll - und nicht mehr Sie. Haben Sie die Verantwortlichen später zur Rede gestellt?
Marijke Amado: Man kann jede Entscheidung treffen, aber man sollte schon die Eier haben, das jemandem auch persönlich mitzuteilen. Den Anstand sollte jeder haben. Jemanden zur Rede zu stellen, war damals gar nicht möglich. Es wurde entschieden und danach hatte man sich zu richten. Das Leben im Fernsehen war für uns Frauen nicht einfach. Heute kann eine Birgit Schrowange noch mit über 60 moderieren, Frauke Ludowig hat bei RTL ebenfalls sehr viel erreicht, das ist eine immense, positive Veränderung für all die, die nach uns kommen.
"Für jede menschliche ... also männliche Enttäuschung habe ich mir ein Betonschwein gekauft", erzählen Sie im Buch. Wie viele Schweine stehen inzwischen in Ihrem Garten?
Marijke Amado: In diesem Jahr sind es 40 geworden. Und das ist der beste psychologische Tipp, den ich der Menschheit mit auf den Weg geben kann. Man geht dreimal durch den Garten, schreit einmal laut und alles ist wieder gut. Ich hoffe aber nicht, dass noch viele Schweine dazukommen. Viele Frauen, auch ich selbst, fliegen nach Bali, setzen sich neben den Tempel, probieren Ayurveda, um zu sich selbst zu finden. In den USA legen sich alle beim Psychiater auf die Couch. Für mich ist es am besten, mich selbst zu heilen. Und daher habe ich mir das mit den Schweinen ausgedacht und es wirkt wunderbar.
Was denken Sie, wenn Sie sich heute die Unterhaltungsshows im deutschen TV ansehen?
Marijke Amado: Was ich ganz schlimm finde, ist, dass wir in vielen Unterhaltungsshows auf ein sehr niedriges Niveau gesunken sind. Wenn eine Show in England erfolgreich läuft, wird die automatisch in Deutschland eingekauft. Menschen mit eigenen kreativen Ideen werden nicht beachtet. Ganz schrecklich ist für mich die Sendung "Naked Attraction", in der Nackte in einer Röhre stecken, und erst am Schluss sieht man den Kopf. Und das läuft rund um den Globus, englische, französische, holländische, deutsche Pimmelchen. Müssen wir uns das alles antun? Diese Shows würde ich nicht vermissen!
Welche Sendung würde Sie heute reizen?
Marijke Amado: Eine Show mit Frauen, die ein bestimmtes Alter haben und dabei mal richtig alles rauslassen, was wir denken und empfinden. Da könnte eine Menge Humor entstehen.
Sie sind außerdem eine erfahrene Royal-Expertin. Was halten Sie von Herzogin Meghan ein Jahr nach ihrer Hochzeit mit Prinz Harry?
Marijke Amado: Ich halte sie für eine sehr intelligente, nette Frau, die mit Harry die richtige Wahl getroffen hat. Die zwei passen einfach zueinander. Aber offenbar müssen die Leute immer ein Feindbild kreieren. In dieser konservativen Familie ist sie eine Ausnahmeerscheinung. Sie ist Amerikanerin, erfolgreiche Schauspielerin und da macht die altmodische, englische High Society nicht mit. Meghan wird kritisiert, nicht mal in der Schwangerschaft hat man sie in Ruhe gelassen. Ich hoffe, das wird jetzt besser. Wenn nicht, kann ich völlig verstehen, wenn Harry und Meghan irgendwann nach Afrika gehen.