Roland Kaiser: Keine Angst vor dem Shitstorm
Im vergangenen Jahr hat sich Roland Kaiser mit Pegida angelegt, und die rechte Protestbewegung offenbar da getroffen, wo es weh tut. Doch der Sänger lässt sich auch durch einen Shitstorm nicht von seinem Kurs abbringen, wie er im Interview erzählt.
Sänger Roland Kaiser (63, "Amore Amore") ist nicht nur deshalb so populär, weil er seit über 40 Jahren den Schlager mit Niveau perfektioniert. Der Musiker ist auch als ein wacher, gesellschaftlich interessierter Geist bekannt, dem im Zweifel die eigene Haltung wichtiger ist als die Verkäufe. Die Nachrichtenagentur spot on news hat sich mit Kaiser über Pegida, die drohende Altersarmut in Deutschland und natürlich auch sein neues Album "Auf den Kopf gestellt" unterhalten.
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Auf dem neuen Album "Auf den Kopf gestellt" beschäftigen Sie sich erneut mit ihrem klassischen Thema: Der Liebe in ihren verschiedenen Facetten. Denken Sie, das Thema könnte doch irgendwann einmal auserzählt sein?
Roland Kaiser: Blicken Sie doch mal zurück in die Weltgeschichte, in die Literatur, in die Filmgeschichte, was immer Sie wollen. Das Thema Mann und Frau oder die Liebe als solche beschäftigt seit Jahrtausenden die Menschheit und keiner hat die Antwort gefunden, wie es richtig funktioniert. Alle sind ewig und ständig auf der Suche danach, insofern wird sich das Thema nie ausschreiben.
Ihnen ist wichtig, dass die Songs zu Ihrem Alter passen. Darf man das auch als Absage an den Jugendwahn in der Gesellschaft verstehen?
Kaiser: Ach, was heißt "Jugendwahn". Letztendlich müssen Gesellschaften auch in der Entwicklung mitbestimmt sein von jungen Menschen, weil die ja mitbestimmen müssen, wie ihr Leben später aussieht. Auf der anderen Seite muss man nicht versuchen, so zu tun, als sei man jünger, als man ist. Es ist schon vernünftig, sich seinem Alter gerecht auszudrücken. Die Geschichte, die man erzählt, muss ja auch glaubwürdig bleiben.
Sie haben mit einem Team aus erfahrenen und jüngeren Komponisten gearbeitet. Gab es da Songs, die für Sie sofort hervorgestochen sind?
Kaiser: Da gab es einige. Unsere Single "Das Beste am Leben" hat mich sofort berührt oder auch Songs wie "Ein Leben lang". Und der Song "Kein Problem" von Matthew Tasa, der auch schon für Xavier Naidoo geschrieben hat.
Sie wurden vor kurzem für Ihr Engagement für die Albert-Schweitzer-Kinderdörfer geehrt. Was macht diese Einrichtung so wichtig?
Kaiser: Die Kinderdörfer haben eine extrem wichtige Aufgabe: Kindern, die in ihrer eigenen Familie nicht mehr leben können, wird dort ein familiengerechtes Aufwachsen gewährleistet. In Heimen haben Kinder oft Nachteile in Bezug auf ihre schulische Entwicklung, während sie sich in den Kinderdörfern weiterentwickeln können. Bestenfalls ändern sich die Verhältnisse innerhalb der eigenen Familie so sehr, dass die Kinder wieder zurückkönnen, aber wenn nicht, können sie in den Familien der Albert-Schweitzer-Kinderdörfer groß werden.
Wo engagieren Sie sich noch?
Kaiser: Ich bin Schirmherr der Tafeln in Cottbus, die Menschen mit Lebensmitteln versorgen, die nicht in der Lage sind, das aus eigener Tasche zu zahlen. Dabei muss man wissen, dass davon nicht nur Hartz-IV-Empfänger betroffen sind: Da sind Studenten und Rentner dabei, und auch viele, die arbeiten und trotzdem nicht in der Lage sind, dieses zusätzliche Geld aufzubringen. Das große Problem ist ja immer, dass sie das Essen vielleicht noch zahlen, aber dann nicht mehr am sozialen Leben teilnehmen können. Darauf hinzuweisen, finde ich vernünftig. Wenn ich mir überlege, dass wir in zehn Jahren wahrscheinlich eine Altersarmut haben werden, die bedrohlich ist für unser Land, und dass niemand das so richtig wahrnimmt, ist das eine erschreckende Situation.
Vor einem guten Jahr haben Sie auf einer Pegida-Gegendemonstration gesprochen und wurden dafür aus dieser Ecke massiv angefeindet, teilweise wurde zum Boykott der Kaisermania in Dresden aufgerufen...
Kaiser: Ich kann meine Entscheidungen nicht davon abhängig machen, ob meine Konzertkarten verkauft werden oder nicht. Ich war es der Stadt damals schuldig, dieses Bild zu korrigieren, denn Dresden ist nicht Pegida. Im Ausland hieß es irgendwann: "Da kannst du nicht mehr hinfahren, das ist ja eine ganz furchtbare Stadt!" Und da muss man gegensteuern. Also habe ich einfach nur zum Dialog aufgerufen, zur Toleranz und zum Miteinander. Ich habe gesagt, dass ich stolz bin, in einem Land zu leben, in dem Menschen auf der Flucht menschenwürdig leben können. Das ist eigentlich alles, und wenn jemand meint, deshalb über mich einen Shitstorm auskippen zu müssen, dann soll er das tun. Das ändert meine Meinung trotzdem nicht.
Gab es denn wirklich Menschen, die deswegen etwa ihre Konzertkarten zurückgeschickt haben?
Kaiser: Das weiß ich nicht, keine Ahnung. Es war jedenfalls nicht leer bei den vier Konzerten und ich habe an den Abenden auch keine Protestzüge gehört.
Woher kommt Ihre Leidenschaft für das Fliegen?
Kaiser: Na weil es Spaß macht, ich finde Fliegen faszinierend. Es ist obendrein eine hochintelligente Form, von A nach B zu kommen, mit wenig Staus und wenig Stress!