Samy Deluxe: "Neugier und Liebe treiben mich an"

"Berühmte letzte Worte" heißt sein neues Album: Im Interview mit spot on news verrät Rapper Samy Deluxe, warum es als abrechnende Liebeserklärung zu verstehen ist.
Mit den Worten "Ist Scooter euer Ghostwriter" machte er sich am Dienstagabend bei Alec Völkel und Sascha Vollmer von The BossHoss in der TV-Show "Sing meinen Song" keine Freunde. Und auch auf seinem neuen Album "Berühmte letzte Worte" schlägt Rapper Samy Deluxe keine zarten Töne an. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spricht er über seine Abneigung gegenüber Wählern der Alternative für Deutschland und die Hassliebe zu seiner Karriere.
Ihr neues Album trägt den Titel "Berühmte letzte Worte". Ist es als Abrechnung oder als Liebeserklärung zu verstehen?
Samy Deluxe: Das sind beides schöne Worte dafür. Als abrechnende Liebeserklärung vielleicht. Es ist die Quintessenz aus dem, was ich in meiner Karriere bisher erreicht habe. Ich war sehr darauf bedacht, ein Album zu gestalten, das sich wie ein klassisches Samy-Deluxe-Album anhört. Ein Rap-Album, das sagt: Wenn ich noch ein einziges Album machen könnte, dann soll es so klingen.
Die Beziehung zu Ihrer Karriere bezeichnen Sie als Hassliebe. Warum?
Samy Deluxe: Ich mache so leidenschaftlich Musik und diese Liebe ist so groß, dass alles andere in meinem Leben an zweiter Stelle steht. Ich merke immer wieder, dass diese Leidenschaft auch eine Flucht ist - daher die Hassliebe. Es gibt Momente, in denen ich mich unglaublich dafür liebe, dass ich so produktiv bin. Auf der anderen Seite verpasst man dadurch Dinge wie Familie, Freunde oder Beziehung. Weil man ihnen dadurch nicht so viel Zeit schenkt. Manchmal leide ich darunter, dass ich nicht der sozial kompatibelste Mensch bin.
Gibt es denn Dinge, die Sie abgrundtief hassen?
Samy Deluxe: Ich versuche das Wort Hass so wenig wie möglich zu benutzen. Aber auf Dinge wie Freiheitseinschränkung reagiere ich so hart, dass es fast Hass sein muss. Mein Drang nach eigenen Entscheidungen, Freiheit und freier Zeiteinteilung ist unheimlich groß. Ich mache mich ungern zum Dienstleister, Angestellten oder Bediensteten.
Wie gehen Sie mit Erwartungen an Ihre Person um?
Samy Deluxe: Wenn es Erwartungen von Menschen sind, die mir etwas bedeuten, dann versuche ich dem auch gerecht zu werden, an mir zu arbeiten und mich zu verbessern. Wenn ich mit überzogenen Erwartungen von Fans oder Medien konfrontiert werde, versuche ich mich nicht damit zu beschäftigen. Ich finde es unnötig mich durch die Meinungen von Leuten beeinflussen zu lassen, von denen ich gar nicht weiß, was sie in ihrem Leben leisten und ob sie die Maßstäbe, die sie bei mir ansetzen, auch bei sich ansetzen.
Sie thematisieren unter anderem auch schwierige Themen wie Alltagsrassismus. Kann Musik in der Hinsicht einen Schalter umlegen?
Samy Deluxe: So einfach stelle ich mir die Wirkung, die Musik auf Menschen haben kann, nicht vor. Ich denke schon, dass man mit Musik Leute beeinflussen und Denkanstöße auslösen kann - sowohl auf Opfer- als auf Täter-Seite. Aber ich suche nicht direkt nach den Resultaten. Ich singe nicht gegen Rassismus und suche dann nach einer Bestätigung, die mir sagt, ich habe das richtige Lied. Kreativ zu sein, ist für mich wichtiger, als darauf zu achten, wie meine Musik bei vermeintlichen Fans ankommt. Zehn Leute, zehn Meinungen.
Die AfD befindet sich weiter im Aufwind. Die Landtagswahlen haben das vor kurzem bestätigt. Gibt es etwas, dass Sie den Menschen, die diese Partei wählen, gerne sagen möchten?
Samy Deluxe: Warum sollte ich mit denen reden? Diese Leute wollen, dass Menschen wie ich in Deutschland nicht existieren. Es stimmt mich extrem traurig, dass so viele Leute so viel Angst vor diesem Fremden haben, das jetzt zunehmend in unser Land kommt. Weil sie denken, ihr Leben wird davon beeinträchtigt. Ich habe keine Lust, mich intellektuell mit Leuten auseinanderzusetzen, die gar nicht die Kapazität haben, das zu verstehen, was ich verstehe.
Haben Sie Angst, dass sich die Situation für Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland verschlechtern könnte?
Samy Deluxe: Angst ist nicht das richtige Wort. Angst ist kein Grundzustand, in dem ich mich bewege oder denke. Aber ich habe schon das Gefühl, dass es schlimmer werden kann und es wichtig ist, dass Leute aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu dem Thema Stellung nehmen. Ich habe keine Lösung für das Problem, aber ich habe die Gabe, es in Songs gut zu beschreiben.
Mit "Papa weint nicht" thematisieren Sie die Beziehung zu Ihrem Sohn, der inzwischen in den USA lebt. Was wünschen Sie Ihrem Kind für die Zukunft?
Samy Deluxe: Simpel gedacht wünsche ich mir einfach physisch nicht so weit voneinander entfernt zu sein und nicht diesen riesigen Ozean zwischen uns zu haben. Ich hoffe, dass er nochmal ein paar Jahre hier in Deutschland verbringen wird und zwei Heimaten hat, in denen er sich bewegen kann. Ich hoffe sehr, dass er seine Privilegien auch nutzt.
Wenn Sie die Traurigkeit, die Sehnsucht oder das schlechte Gewissen überkommt, wie lenken Sie sich ab?
Samy Deluxe: Ich mache durchgehend sehr viel Musik. Ich flüchte mich durch die Musik in euphorische Momente vor dem Schmerz.
Was ist die stärkste Emotion, die Sie am allermeisten geprägt hat?
Samy Deluxe: Wahrscheinlich die Liebe. Vor allem die zur Musik. Sonst würde ich das nicht schon so lange machen und nicht jedes Jahr mein Arbeitspensum steigern. Ich habe so viele unterschiedliche Ideen. Und die Hauptemotionen, die diesen Drive verursachen, sind Neugier und Liebe.