Uli Hoeneß: Greift er beim FC Bayern noch einmal nach der Macht?

Uli Hoeneß wird am 29. Februar aus der Haft entlassen. Nun stellt sich die Frage, wie es mit dem ehemaligen Präsidenten des FC Bayern München weitergeht.
Als Uli Hoeneß sich nach seinem Rücktritt als Präsident des FC Bayern München und vor seinem Haftantritt wegen Steuerhinterziehung vom Publikum verabschiedete, sagte er, dass er "wiederkommen" werde: "Das war's noch nicht." Die Fans tobten vor Begeisterung, einige andere empfanden es als Drohung.
Bald ist er wieder da. Am 29. Februar wird der 64-Jährige auf Bewährung vorzeitig entlassen, er hat die Hälfte seiner Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren abgesessen. Während Kritiker von einer seltsamen Bevorzugung sprechen, lobt die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg nachdrücklich den Häftling Hoeneß.
Er habe sich im Gefängnis gut integriert, stets korrekt verhalten und mit Zahlungen von "mindestens 43 Millionen Euro" den angerichteten Schaden auch wieder gut gemacht. Sein "sozialer Empfangsraum" stelle sich "günstig" dar. Oder wie es der "Spiegel" beschreibt: Uli Hoeneß war im Knast "ein Musterschüler der Resozialisierung".
Ruhestand? Wohl kaum!
Zieht sich so einer aufs Altenteil zurück? Daran mag niemand glauben, erst recht nicht die Fachwelt. Das Onlineportal des Fußballmagazins "Elf Freunde" schreibt: "Als ob irgendjemand ernsthaft annehmen würde, der barocke Wurstfabrikant könne mit dem Gedanken spielen, sich aufs Altenteil am Tegernsee zu begeben, um abends mit seiner Susi einem alkoholfreien Weißbier in der Wirtschaft zu frönen, anschließend daheim eine Partie Scrabble zu spielen und später entspannt ein Match seines Klubs im TV zu verfolgen. Frei nach dem Motto: Der Kalle macht das schon."
Seine Freunde wie Karl-Heinz Rummenigge (60) oder Franz Beckenbauer (70), die ihn regelmäßig im Gefängnis besucht haben, schildern einen anderen Hoeneß als den hitzköpfigen Zampano, den die breite Öffentlichkeit kennt. Nicht nur dünner sei er geworden, sondern auch ruhiger und nachdenklicher. Ein besonnener Hoeneß, der bei der Planung seiner näheren Zukunft nicht mehr vom Ehrgeiz gesteuert ist?
"Assistent der Abteilungsleitung Junior Team"
Nach der Entlassung steht erst mal ein längerer Urlaub mit Ehefrau Susanne (64) an. Er hat ja Zeit. Und dann? Die familieneigene Wurstfabrik leitet bereits sein Sohn Florian Hoeneß (36). Seit einem Jahr arbeitet Hoeneß als Freigänger wieder für den FC Bayern, offiziell als "Assistent der Abteilungsleitung Junior Team" im Nachwuchsbereich. Ein Kommentator der "Welt" unkte treffend, es sei schwer vorstellbar, "dass der Starkstrommanager Hoeneß nur den vereinseigenen Nachwuchs weiterentwickeln soll. Das wäre ungefähr so, als würde man den Bundespräsidenten als Pförtner im Schloss Bellevue anstellen."
Regelmäßige Beobachter des Bayern-Geländes an der Säbener Straße konnten sehen, wie intensiv der Freigänger mit den Bossen, also mit Rummenigge, Trainer Pep Guardiola (45) und Sportvorstand Matthias Sammer (48), diskutierte. Er war also nicht richtig weg. Die Liebesbeziehung zwischen Hoeneß und Bayern München ist nach wie vor ungebrochen, es scheint sogar, dass Bayerns Sehnsucht nach dem schwäbischen Kraftpaket tiefer sitzt als umgekehrt. In einer "Spiegel"-Umfrage gaben 48,5 Prozent der Befragten an, dass dem Verein der ehemalige Macher sehr fehle.
Hoeneß' Arbeit im Nachwuchsbereich sollte nicht unterschätzt oder klein geredet werden. Freunde des ehemaligen Präsidenten erzählen von seinem begeisterten Engagement. Es scheint, dass er auch auf diesem Gebiet Großes plane. Der FCB will bis 2017 für 70 Millionen Euro ein neues Leistungszentrum errichten, um seine künftigen Stars selbst auszubilden. Ein Mann mit der Durchsetzungskraft eines Uli Hoeneß könnte auch auf diesem Gebiet ein neuer internationaler Schrittmacher werden.
Rückkehr der "Abteilung Attacke"
Die Konkurrenz im Bundesligabetrieb hätte nichts gegen die Rückkehr der "Abteilung Attacke", wie Hoeneß sich selbst früher bezeichnet hat. Hans Joachim Watzke, der Boss von Borussia Dortmund, meint gegenüber "SPORT BILD": "Ich freue mich persönlich für Uli Hoeneß, dass er vorzeitig entlassen wird und wir uns bald im Stadion wiedersehen." Er habe seine Strafe verbüßt, jeder verdiene eine zweite Chance.
Und Dietmar Beiersdorfer, Vorstandschef des Hamburger SV, sagte: "Er ist mehr oder weniger der Gottvater der Fußball-Manager. Ich würde mich freuen, wenn er wieder ein Amt innehätte. Er ist eine Bereicherung für den Sport in Deutschland. Ich glaube, er wird mehr denn je motiviert sein."
Zurück an die Vereinsspitze?
Doch drängt es Hoeneß beim FCB erneut an die Machtspitze? Formaljuristisch wäre nichts dagegen einzuwenden, denn es gilt immer noch der Grundsatz der Resozialisierung, nach dem jeder, der seine Strafe verbüßt hat, ein Anrecht auf eine zweite Chance besitzt. Machen die Sponsoren und Anteilseigner Audi, Adidas und Allianz mit, könnte der ehemalige Präsident sogar sein eigener Nachfolger werden.
Ende 2016 sind Neuwahlen bei der nächsten Jahreshauptversammlung des FC Bayern München. Der bisherige Vereinschef Karl Hopfner (63) hat bereits im Vorfeld angekündigt, dass er auf keinen Fall im Weg stehen werde, falls Hoeneß Ambitionen zeige. Von sich aus wird Uli Hoeneß sich nicht nach oben kämpfen, doch wenn das Wahlvolk der Mitglieder ihn ruft, wäre folgendes Modell vorstellbar: Hopfner wird Chef des Aufsichtsrates und Hoeneß wieder Präsident - oder umgekehrt. "Alles beim FC Bayern ist für ihn vorbereitet", schreibt die "Süddeutsche Zeitung": "Er muss nur wollen."
Auch das Magazin "11 Freunde" will diese Möglichkeit nicht ausschließen, gibt aber die Folgen einer solchen totalen Resozialisierung zu bedenken: "Der florierende Weltkonzern FC Bayern und sein maßgeblicher Vordenker Hoeneß selbst müssen sich also fragen, inwieweit sich eine Personalie mit so einem Vorleben noch in Einklang mit der Firmenkultur bringen lässt und der Außenwirkung, die dieser Klub weltweit haben will, förderlich sein kann."