Umberto Eco: Vom kurzen Leben und elektronischen Taliban
Mit Umberto Eco hat die Welt nicht nur einen beliebten Schriftsteller, sondern einen großen Denker verloren. Lesen Sie hier einige seiner scharfsinnigsten Zitate.
Das Erfolgsrezept des verstorbenen Star-Schriftstellers Umberto Eco (1932-2016, "Der Name der Rose") klingt einfach, dennoch scheitern viele daran: Er schrieb kluge Bücher, die trotzdem jeder lesen kann. Auch sonst wurde Eco als scharfsinniger Denker geschätzt, der die großen Themen der Welt schnell und mit viel Humor auf den Punkt bringen konnte. Hier einige seiner klügsten Zitate.
Über das Schreiben:
"Romanfiguren werden geschaffen, damit sie auf eigene Rechnung leben."
"Der Autor müsste das Zeitliche segnen, nachdem er geschrieben hat. Damit er die Eigenbewegung des Textes nicht stört."
"Ich versuche ja, von Buch zu Buch immer komplizierter zu werden, um die Leser abzuschrecken."
Warum er mit fast 50 Jahren seinen Debütroman "Der Name der Rose" geschrieben hat:
"Normalerweise brennt man, wenn man sich dem 50. Geburtstag nähert, mit einer kubanischen Tänzerin durch. Einen Roman zu schreiben, war weniger kostspielig. Ich hatte meine Professorenstelle gehabt, meine Bücher waren in mehrere Sprachen übersetzt und es fehlte an einer Herausforderung. Deshalb hatte ich eines Tages Lust, etwas Neues auszuprobieren. Ich dachte damals, ich schreibe einen Roman mit einer Auflage von 3.000, so zum eigenen Vergnügen."
Über die moderne Medienwelt:
"Der Computer ist eine spirituelle Maschine, mit der man fast so schnell schreiben wie denken kann."
"Wir bewegen uns auf eine neue Klassenspaltung zu, die nicht mehr auf Geld beruht, sondern auf der Fähigkeit, seinen kritischen Geist einzusetzen und Informationen zu sortieren."
"Es scheint, dass heute das Pflichtgebot des Journalismus lautet, um jeden Preis wieder zu publizieren, was schon an einem anderen Ort erschienen ist."
"Die Massenmedien geben den Menschen zu viel Stumpfsinn."
"Ich habe noch nicht einmal eine E-Mail-Adresse. Ich habe ein Alter erreicht, in dem meine hauptsächliche Bestimmung nicht im Empfangen von Nachrichten liegt."
Über den Wert von Büchern:
"Wenn wir im Keller Bücher finden, die wir einst als Kind gelesen haben, bewegt uns das. Wenn wir aber eines Tages die Diskette finden, die wir als Kind verwendet haben, kann unser Computer sie nicht mehr lesen, und die Diskette ist dieselbe wie die einer beliebig anderen Person. Dass wir den persönlichen Kontakt verlieren, ist nicht nur für Bibliophile ein Desaster. Eine kleine Minderheit elektronischer Taliban wird nur mit iPads und E-Books umgehen, alle anderen werden Bücher weiterhin brauchen, davon bin ich überzeugt."
Über Toleranz:
"Toleranz ist anerzogen und nicht angeboren."
"Um tolerant zu sein, muss man die Grenzen dessen, was nicht tolerierbar ist, festlegen."
Über Weisheit:
"Weisheit ist begreifen, dass man nicht weiß, ob etwas schwarz oder weiß ist."
Über Dummheit:
"Ich bin immer fasziniert von der Rolle, die die Dummheit spielt. Ich habe eine ganze Bibliothek, die nur Bücher enthält, die falsch sind. Die Geschichte ist das Reich der Fälschung, der Lüge und der Dummheit."
Über Verschwörungstheorien:
"Die Menschen haben den Drang, ihr Scheitern anderen zuzurechnen. Schon in der Ilias wird das Schicksal Trojas als Verschwörung der Götter dargestellt. Wenn du im Stau steckst, schimpfst du über die Regierung. In Wahrheit bist du es selber, der den Stau produziert. Leute suchen Verschwörungstheorien, um sich selbst zu entlasten."
Über Fußball:
"Der Fußball ist einer der am weitesten verbreiteten religiösen Aberglauben unserer Zeit. Er ist heute das wirkliche Opium des Volkes."
"Ich mag den Fußballfan nicht, weil er eine seltsame Eigenart hat: Er kapiert nicht, daß man selbst keiner ist, und beharrt darauf, mit einem so zu reden, als ob man einer wäre..."
Über neue Erfahrungen:
"Die Kunst ist lang, und kurz ist unser Leben. Mich fragte einmal ein Schwulenmagazin, ob ich je homosexuelle Erfahrungen gemacht hätte. Ich antwortete: Noch nicht. Ars longa, vita brevis."
Über die Vergänglichkeit:
"Das Ende der Zeiten ist nicht das Ende der Zeit. Sie und ich, wir müssen sterben, vielleicht auch die Menschheit (wenn die Sonne erlischt) und wahrscheinlich auch die uns bekannten Galaxien. Aber all das bedeutet nicht, dass das Universum verschwinden wird. Das ist für mich die positive Bedeutung der Botschaft der Apokalypse auch für diejenigen, die nicht gläubig sind: Es wird immer neue Himmel und neue Erden geben."