Impro-Tatort aus Ludwigshafen: Wie schlimm wird "Waldlust"?

Tatort Ludwigshafen: Lena Odenthal (Ulrike Folkerts), Johanna Stern (Lisa Bitter) und ihr Team fallen erneut auf die Nase. ©SWR/Martin Furch
Kurzer Rückblick, auch wenn es weh tut: Vor etwa einem Jahr lief der Ludwigshafen-Tatort "Babbeldasch" mit einem revolutionären Konzept. Improvisierte Dialoge, Laienschauspieler, Mundart. Das ging gehörig schief. Doch so ganz wollte man sich beim SWR von der Idee wohl nicht verabschieden, denn nun schickt man mit "Waldlust" erneut einen Impro-Tatort ins Rennen. Regisseur Axel Ranisch korrigiert zwar die gröbsten Schnitzer aus seiner ersten Inszenierung, bleibt aber dennoch seiner Linie treu. Was wohl nicht jedem Zuschauer gefallen wird.
Erneut handelt das komplette Geschehen im Prinzip an nur einem einzigen Ort, erneut wird mit Improvisations-Elementen (es gab keine vorgegebenen Dialoge) gearbeitet. Gott sei Dank in diesem Fall wenigstens ohne Laien-Darsteller und Dialekt. Auch wussten die Schauspieler wieder selbst nicht, wer am Ende der Mörder war.
Ein bisschen "Shining" in Ludwigshafen
Im Tatort Nummer Eins nach Kopper geht
Lena Odenthal
(Ulrike Folkerts) nun wieder ihren eigenen Weg. Obwohl die übelsten
Mobbing-Zeiten zwischen ihr und der neuen Nummer zwei im Team,
Johanna Stern (Lisa
Bitter) wohl zu Ende sind, schnappt sich die Kommissarin ihr übrig
gebliebenes Team und fährt erstmal in den Schwarzwald zum
"Team-Building". Von der Außenwelt abgeschnitten, muss sie sich in
einem mysteriösen Hotel mit noch mysteriöseren Geschehnissen
auseinandersetzen. "Lustvoll-schauerlich für die Ermittler und das
Publikum" soll es laut dem verantwortlichen SWR werden. Ob das
Kammerspiel-ähnliche Stück dieses Versprechen halten kann?
Schon bei der Ankunft wird klar, warum man das Hotel so
günstig bekommen hat: Dessen guten Tage sind definitiv vorbei. Ein
Betreiber wirkt ausgesprochen abweisend, die andere dafür überaus
beflissen. Eine hauseigene Diva gibt es auch: die als Dauergast
durchs Hotel geisternde alte Schauspielerin Lilo Viardot. Zwar
lassen sich die Kommissare von den Seltsamkeiten zunächst nicht
schrecken. Als sie aber im Abendessen einen menschlichen Knochen
finden, ist ihre Neugier geweckt.
Von dem ortsansässigen Polizistenpärchen erfahren sie, dass
Hotelbetreiber Humpe wegen Mordes an seiner Schwägerin zwölf Jahre
im Gefängnis war. Die Kommissare lassen das Coaching Coaching sein
und konzentrieren sich auf die Suche nach Indizien. Hat jemand sie
mit Absicht in den Lorenzhof gelockt? Und gibt es tatsächlich einen
unaufgeklärten Mordfall? Während draußen ein Schneesturm das Hotel
von der Welt abschneidet, ermitteln Odenthal und ihr Team in einem
Fall, der immer mysteriöser und gruseliger wird.
Tatort-Experiment abermals misslungen
Gruseliger ist das Stichwort: Auch der zweite Impro- Tatort aus Ludwigshafen ist schlichtweg ein totaler Reinfall. Den am Boden liegenden Odenthal-Tatort mit Alleinstellungsmerkmalen von der Menge abzuheben, ist ja grundsätzlich ein sehr willkommenes Anliegen. Auch Improvisation ist ja erstmal kein schlechter Weg, wo Lena und Co. sich sonst mit mühsam auswändig gelernten hölzernen Textzeilen über die 90 Minuten hangeln mussten. Doch man muss es leider so hart sagen: Es funktioniert nicht, das Ergebnis ist fürchterlich.
" Waldlust" ist ein Krimi, der dank des eindrucksvollen Settings zwar an der ein oder anderen Stelle tatsächlich ein leichtes Schaudern hervorruft, unter dem Strich aber trotz der "Shining"-Parallelen keine Horror- oder Psychothriller-Fans hinter dem Ofen hervor locken wird. Und auch der typische Tatort-Zuschauer wird mit der zwar mutigen, aber eben sehr eigenwilligen Inszenierung so seine liebe Not haben. Nicht nur vor dem Hintergrund der vielen herausragenden Fälle der letzten Wochen ein echter Rückschlag für den Tatort.
(mit Material von Spot On News)