Kiel-Tatort: "Ich bin nicht anders, ich habe es nur nicht so gut!"
In "Borowski und die Rückkehr des stillen Gastes" trifft der Kieler Tatort-Kommissar erneut auf Psychopath Kai Korthals (Lars Eidinger). © NDR/Philip Peschlow
Gibt es einen dritten Teil des "stillen Gastes"? Laut "bild.de" plant der NDR einen weiteren Kiel-Tatort mit Lars Eidinger als Kai Korthals, dann unter dem Titel "Das Kabinett des Dr. Korthals". Die erste Szene soll in einer forensischen Psychiatrie spielen... Im zweiten Film jedenfalls, der gestern lief, war das Ende so geschickt gestaltet, dass eine Trilogie durchaus drin wäre. Obwohl: "Borowski und die Rückkehr des stillen Gastes" sahen "nur" 8,57 Millionen Zuschauer (Anteil 24%, 14-49: 2,99 Mio.; 22,7%) - der schlechteste Kiel-Wert in den letzten Jahren. Offenbar war Korthals einigen nicht ganz geheuer.
Doch wer sich traute, bekam einen Tatort, wie man ihn selten sieht. Kommissar Borowski (Axel Milberg) gegen Kai Korthals, der dem Ermittler die große Liebe Frieda Jung (Maren Eggert) zu nehmen droht und in Borowski völlig ungeahnte Seiten zum Vorschein bringt. Nie hat man ihn so verletzlich, so leidenschaftlich, aber auch so persönlich betroffen gesehen. Am Ende verlieren beide: Korthals seine Freiheit und den Kontakt zu seiner Tochter, Borowski verliert Frieda und damit das erste private Glück, dass ihm im Tatort zugestanden wird. Alleine das schreit nach einer weiteren Fortsetzung.
Und doch: An den ersten "stillen Gast", der 2012 lief, kommt das Sequel nicht heran. Der kalte Korthals, der vor allem psychischen Schrecken verbreitete, ist gewalttätig und brutal geworden, er hat sich nicht mehr komplett unter Kontrolle. Damit wird, wie auch schon im Kreuzverhör geschrieben, der Bösewicht ein Stück weit beliebig. Das furiose Spiel von Milberg und Eidinger hilft darüber hinweg und hebt diesen Tatort weit über das sonst erreichte Level hinaus.
Kleingeister mögen bemängeln, dass einiges im Dunkeln bleibt und stattdessen kunstvolle Elemente wie die epische Ansprache des Zuschauers eingebaut werden. Das ist spätestens seit "Im Schmerz geboren" schwer in Mode, hier bringt es uns zum Kern des Korthals'schen Triebes: Der psychopathische Serienmörder möchte einer von uns sein und schleicht sich deswegen in fremde Leben. Es geht ihm nicht darum, zu morden, das tut er nur, wenn er in die Ecke gedrängt wird. Das merkt auch Borowski: "Sie waren schon mal hier?" - "Joa, öfter mal..." Korthals ist also sein ständiger Begleiter - und der von unzähligen anderen Menschen. In diesem Sinne: Viel Spaß beim Zähne putzen!
Die besten Twitter-Kommentare zum Kiel-Tatort "Borowski und die Rückkehr des stillen Gastes"
GRUSEL! In Erinnerung des ersten Teils und in Erwartung von Lars Eidinger war in der Timeline kollektives Fingernagel-Kauen angesagt.
Doch bei allem Grusel: Was - um alles in der Welt - hat sich Borowski bei dieser Gesichtsbehaarung gedacht?
Aber bei allem Grusel und Psycho-Gedöns: Hut ab vor Autor Sascha Arango, dass er es auch hier schafft, einige Dialoge für die Ewigkeit unterzubringen.