Luzern-Tatort "Schutzlos": Gestatten, Kommissar Zufall
Tatort "Schutzlos": Flückiger (Stefan Gubser) und Ritschard (Delia Mayer) werden vom motivationslosen Drogenfahnder Hofstetter (Andreas Krämer) unterstützt. © ARD Degeto/SRF/Daniel Winkler
Aha: Der Schweizer Tatort möchte kritisieren, dass Asylsuchende kriminalisiert werden. Und was zeigt er? Kriminelle Asylsuchende. Schon das Grundkonstrukt von "Schutzlos" ist also dermaßen wacklig, dass die Geschichte um den toten Ebi (Charles Mnene) und seine Schwester Jola (Marie-Helene Boyd) nicht überzeugen kann, geschweige denn so etwas wie Spannung aufkommt. Einen guten Ruf hat der Luzern-Tatort ohnehin nicht, zusammen mit dem Wetter fuhr er dieses Mal dann mit 6,12 Millionen und einem Anteil von 21,1% die schlechteste Quote der Saison ein (14-49: 1,69 Mio.;16%).
Doch dem Luzern-Tatort muss zugutegehalten werden, dass er vieles besser macht, als man es bislang aus der Schweiz gewohnt war. Das scharfe Schweizer Asylrecht bietet jede Menge Fläche, auf der gute Geschichten erzählt werden können, außerdem haben die Kommissare Flückiger (Stefan Gubser) und Ritschard (Delia Mayer) einen Hauch mehr Profil bekommen.
Doch die gute Vorlage wird in " Schutzlos" leider nur teilweise verwandelt. Die Beamten der Asylbehörde, Drogenfahnder Hoffstetter (Andreas Krämer) und Polizeichef Mattmann (Jean-Pierre Cornu) sagen zwar unglaubliche Dinge, doch sie bilden damit nicht mehr als eine sehr plakative Vertreter der "offiziellen" Linie. Die aufgestachelte Liz Ritschard hingegen ist das krasse Gegenteil - vor lauter Gerechtigkeitssinn leidet ihre Objektivität.
Zufälle und Halluzinationen müssen den Fall lösen
Vieles war nicht Tatort-würdig: Die endlosen Zufälle - permanent laufen die Verdächtigen den Kommissaren vor der Nase herum, eine Kamera filmt einen Deal im Detail - zeugen von wenig Einfallsreichtum bei den Autoren. Dass zu guter Letzt eine Halluzination Flückigers zur Aufklärung führt, ist dann nur noch lachhaft. Da ist selbst Harry Potter logischer erzählt.
"Schutzlos" war der letzte Tatort vor der Sommerpause, nun folgen zwei Monate mit Wiederholungen. Am 6. September geht es dann weiter, wieder mit einem Fall aus Luzern. Doch bei " Sniper" klingt die Story gar nicht mal so schlecht - vielleicht führen die Schweizer den hauchfeinen guten Ansatz ja mal weiter und liefern einen brauchbaren Tatort ab.
Die besten Tweets zum Luzern-Tatort "Schutzlos"
Die Leiche eines farbigen Mannes wird gefunden, Polizistin kombiniert messerscharf: "Ein toter Afrikaner."
Glücklich waren diejenigen, die immerhin diese Zeile verstehen konnten. Denn der Ton des Schweizer Tatort war mal wieder arg abenteuerlich und wechselte zwischen flüsterleisen Dialogen und krachend lauter Musik.
Dank Migräne durfte Flückiger einen Tag Pause machen und in der Koje seines Bootes schaukelnd ausruhen, zum Schluss lieferten im seine Visionen sogar noch den entscheidenden Hinweis. Eine durchdachte Story geht anders.
Und damit verabschieden wir uns in die Sommerpause!