Tatort "Wehrlos" aus Wien: Einsame Herzen

Tatort "Wehrlos" aus Wien": Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) haben eine Beziehungs-Krise. © ARD Degeto/ORF/Hubert Mican
Arme Bibi! Nicht, dass ein Verhältnis zu Moritz wirklich realistisch gewesen wäre – aber eine besondere Spannung zwischen den beiden Ermittlern am Tatort Wien gab es in den letzten Jahren doch irgendwie. Und jetzt, im neuen Fall "Wehrlos", muss die bemitleidenswerte Frau Majorin nebenbei erfahren, dass Eisner ein Verhältnis hat. Beinahe zerbricht das Wiener Duo an dem schwelenden Streit.
Wenige Tatort-Teams haben Privates und Berufliches so stark durchmischt wie Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer). Das drehen die Autoren (Buch: Uli Brée) im neuen Fall bis zu dem Punkt weiter, an dem das Dienstklima nachhaltig Schaden zu nehmen droht. Zeitweise lässt sich Bibi gar versetzen – praktischerweise muss eh grade in der Polizeischule ermittelt werden.
Mord in den eigenen Kreisen
Deren Leiter Peter Kralicek wird erschossen in seiner Villa gefunden, seine Frau liegt mit gebrochenem Genick im Schlafzimmer. Ein privates Drama? Oder Werk der Einbrecher, die grade unterwegs sind? Gleich am Tatort, quasi knietief im Blut, kommt es zum ersten Streit zwischen den Ermittlern. Der leidlich unterhaltsame "Fredo" (Thomas Stipsits) macht den Blitzableiter und bekommt in diesem Fall mehr Kompetenzen, als gut für ihn sind.
Die Obduktion ergibt, dass Kralicek weder Selbstmord begangen hat noch einem Einbrecher zum Opfer fiel, sondern mit geheimer Spezialmunition der Polizei erschossen wurde. Also wird die eh schwer genervte Bibi als neue Leiterin der Polizeischule installiert, um das Umfeld des Toten unter die Lupe zu nehmen. Sie trifft auf völlig verstörte Schüler und herrische Ausbilder. Kralicek und sein Vertreter Thomas Nowak (Simon Hatzl) haben die Schule nach Gutsherrenart geleitet und jeden gemobbt, der ihnen in den Weg kam.
Nowak erweist sich als eiskalter Machtmensch, auch Bibi wird von der ersten Minute an gnadenlos niedergemacht. Alkohol-Gerüchte, öffentliche Demontagen und Bespitzelung machen die eigentlich abgebrühte Ermittlerin schnell mürbe. Doch Bibi erkennt, dass die angehende Polizistin Katja Humbold (Julia Richter) vielleicht ein Schlüssel zu den Machenschaften der Führungsriege sein könnte.
Moritz findet unterdessen schnell heraus, dass Kralicek mit Fotos erpresst wurde. Doch was auf diesem Bildern zu sehen ist oder wo sie jetzt sind, ist völlig offen. Ein trotteliges Kleinkriminellen-Pärchen, das auf einem Laptop die brisanten Bilder gefunden hat, ist von den Ereignissen aber völlig überfordert. Der USB-Stick mit dem Material ging bei der Übergabe verloren, ausgerechnet im Bordell von Inkasso-Heinzi (Simon Schwartz).
Tatort-Klassiker: Am Ende bringt ein Video die Lösung
Es wird also mal wieder ein ominöses Video gesucht, in dem die Lösung des Falles zu sehen ist. Auch sonst besteht der Fall aus ordentlich verarbeiteten Tatort-Standards, die wenig überraschen. Das Kriminalistische verkommt aber angesichts der vielfältigen privaten Problemchen eher zum Hintergrund-Rauschen, zudem bleibt bei zu vielen Details, Namen und Verwicklungen bisweilen die Logik auf der Strecke.
Getragen wird der Fall von den Figuren und der Wiener Schmäh. Moritz und Bibi tut die kleine Abkehr vom Team-Alltag gut, Fredo aber ist häufig etwas übertrieben tollpatschig. Der heimlich Star in "Wehrlos" aber ist Simon Hatzl als sadistischer Ausbilder. Da bekommt man sogar Angst vor der messerscharfen Bügelfalte an seiner Uniform. Unser Fazit: Kein herausragender Wien- Tatort wie wir ihn in den letzten Jahren häufiger gesehen haben, aber durchaus unterhaltsam!