Alexander Scheer über Gladbeck: "Das war und ist zutiefst verstörend"
Am Mittwoch und Donnerstag zeigt das Erste den Zweiteiler "Gladbeck", die wahre Geschichte eines unglaublichen Verbrechens. Im Interview spricht Degowski-Darsteller Alexander Scheer über seine eigenen Erinnerungen an die Ereignisse und verrät, was er von Degowskis Freilassung hält.
Es ist eines der unglaublichsten Verbrechen der jüngeren deutschen Geschichte: Als Dieter Degowski und Hans-Jürgen Rösner 1988 eine Bank überfallen und zwei Geiseln nehmen, ist dies lediglich der Auftakt eines 54-stündigen Dramas, das ganz Deutschland in Atem hält und als Sündenfall einer kopflosen Polizei und einer gewissenlosen Presse gilt. Am 7. und 8. März 2018 zeigt das Erste jeweils um 20:15 Uhr in zwei Teilen die Verfilmung "Gladbeck" (die Dokumentation "Das Geiseldrama von Gladbeck - Danach war alles anders" läuft am 8.3. um 21:45 Uhr).
Haben die Täter eine zweite Chance verdient?
Alexander Scheer (41, "Sonnenallee") spielt darin Dieter Degowski, denjenigen der beiden Täter, der seit wenigen Wochen nach 30 Jahren wieder auf freiem Fuß ist. Hat er seine Chance verdient? "Meiner Meinung nach verdient jeder Mensch eine zweite Chance", sagte Scheer der Nachrichtenagentur spot on news im Interview. "Man kann das sicher auch anders sehen. Aber Dieter Degowski hat sich in den vergangenen 30 Jahren seinen Dämonen stellen müssen. Und er weiß, mit welcher Schuld er leben muss."
Er selbst hat keinen Kontakt zu dem heute 61-jährigen Degowski aufgenommen. "Ich habe mich bewusst gegen ein eventuelles Treffen mit ihm entschieden. Nach 30 Jahren können seine Erinnerungen an jene 54 Stunden nur noch Projektionen seiner Erinnerung sein. Als Schauspieler brauchte ich einen direkteren Zugriff. Da war ich mit Archivmaterial besser versorgt."
"Das war und ist zutiefst verstörend"
Scheer selbst war noch ein Kind, als einer der brisantesten Kriminalfälle zu großen Teilen live im Fernsehen übertragen wurde, doch auch er verbindet Erinnerungen mit dem Ereignis. "Ich erinnere mich, dass ich mit 12 vor dem Fernseher ziemlich irritiert war, von der Diskrepanz zwischen dem, was passierte und der Art, in der sich die Menschen dazu verhielten. Dieses Selbstverständnis mit dem Gangster und Journalisten miteinander plauderten, während die Geiseln dazu in die Kameras lächelten, um den letzten Anschein von Normalität aufrecht zu erhalten. Das war und ist zutiefst verstörend." Ob durch den TV-Film eine Aufarbeitung der Vorkommnisse auf Seiten der Polizei und Presse stattfinden kann? Scheer ist skeptisch: "Ich bin zwar ein äußerst positiver Mensch, aber leider auch Kulturpessimist."