Erdogan und der Papst: Die fünf größten Satire-Aufreger

Satire eröffnet bisweilen neue Perspektiven - aber nicht jeder, der wichtig genug ist, um veralbert zu werden, versteht auch Spaß. Päpste, Präsidenten und der DFB hatten sich mit deutschen Satirikern schon in den Haaren. So, wie jetzt Recep Erdogan.
Witze über Granden und Würdenträger reißen... das ist ein uraltes Mittel, um die Machtverhältnisse und den Spieß kurz einmal umzudrehen. Und vielleicht sogar mit einem Lacher ein wenig die Welt zu verändern. Und obwohl es im Jahr 2016 eigentlich kaum noch Tabus zu geben scheint, führen Frotzeleien, Videos und Karikaturen doch immer wieder zu mehr oder minder handfesten Skandalen - wie gerade der Fall Erdogan beweist. Diese fünf Aufreger der vergangenen Jahre sind nur ein kleiner Ausschnitt aus der endlosen Reihe der Satire-Streits:
Undichter Papst: Wie "Titanic" fast auf Grund lief
Satire hat (fast) Narrenfreiheit. Aber über guten Geschmack lässt sich dann doch streiten. Im Sommer 2012 trieb es Deutschlands wichtigstes Satireblatt, "Titanic", tatsächlich wieder einmal etwas zu bunt. Das Magazin dichtete dem amtierenden Papst Benedikt XVI. (88) Inkontinenz an - und das sehr eindrücklich: Mit einem gelben Urinfleck auf der Soutane. "Halleluja im Vatikan - Die undichte Stelle ist gefunden!" lautete die Überschrift kurz nach einem Skandal um geleakte Informationen. Der Vatikan forderte per Einstweiliger Verfügung einen Verkaufsstopp für die Ausgabe. Einen Tag vor dem eigentlichen Prozess wurde die Beschwerde dann zurückgezogen. Dafür rügte später der Presserat die "Titanic".
Böhmermann, Varoufakis und der Stinkefinger
Für Wirbel sorgte Jan Böhmermann (34) im März 2015. Der Anlass: Günther Jauch zeigte in seiner Talkshow ein Video, in dem der damalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis (54) Deutschland den Mittelfinger zeigte - ein kleiner Skandal, obwohl die Echtheit des Filmes nicht geklärt war. Böhmermann nutzte die Gunst der Stunde und bekannte sich, das Stinkefinger-Video mit dem "Neo Magazin Royale"-Team gefälscht zu haben. Die Verwirrung war perfekt. Bereits einen Tag später lösten das ZDF und der Satiriker den Gag auf: Das vermeintliche Bekennervideo war ein Fake. Varoufakis selbst zeigte sich vom Scherz begeistert. "Humor, Satire und Selbstironie sind tolle Mittel gegen blinden Nationalismus. Wir Politiker brauchen Sie dringend", twitterte er an Böhmermann.
Erdogan: "Der größte Komiker seines Landes"
Wer bestellt hier wen ein? Ein Spott-Video der NDR-Satire-Sendung "Extra 3" ist diese Woche mit Verspätung fast zum Politikum geworden: Der Präsident der Türkei, Recep Tayyip Erdogan (62) fand den Clip "Erdowie, Erdowan, Erdogan" gar nicht witzig - darin hatten die Fernsehleute ihn für seine, nun ja, freie Auslegung der Pressefreiheit veralbert. Erdogan bestellte den deutschen Botschafter ein. Wohl, um auch in Deutschland gegen allzu viel Pressefreiheit vorzugehen. Und machte damit den Song erst zum viralen Hit. Auch "Extra 3" legte nach dem Skandal erst so richtig los. Man habe "den türkischen Botschafter in die Sendung einbestellt", witzelte Moderator Christian Ehring (43): "Wir sind ein kleines Satire-Magazin, er ist der größte Komiker seines Landes. Wir könnten so viel voneinander lernen."
Kruzfix, Kebekus!
Ärger mit einigen Christen hatte auch Comedienne Carolin Kebekus (35). Denn wo schon Späßchen über den Papst übel aufstoßen, sind Gott und Jesus natürlich umso mehr tabu. Das Video "Dunk den Herrn", in dem Kebekus im Nonnenkostüm an einem Kruzifix leckt und auch sonst die "Heirat mit Gott" eher erotisch auslegt und auflädt, eckte 2013 mehrfach an. Erstaunlicherweise nicht beim Vatikan. Dafür nahm der WDR den Clip zunächst aus dem Programm. Die erzkatholischen Pius-Brüder riefen gar zu Strafanzeigen auf. Erfolglos. Die Satire habe "kirchenkritischen" nicht "beschimpfenden" Charakter beschied die Staatsanwaltschaft Köln.
Zur WM mit dem Kuckuck
Der Papst, ein Staatspräsident, Jesus... es gibt noch eine weitere Instanz, mit der man sich besser nicht anlegt: Fußballverbände. Im Jahr 2000 landete die "Titanic" einen weiteren spektakulären Coup. Mit einem gefälschten Bestechungsfax an FIFA-Entscheidungsträger versuchte Chefredakteur Martin Sonneborn (50) "die Fußball-WM nach Deutschland zu holen". Er versprach für das gewünschte Votum Schwarzwälder Köstlichkeiten, einen Bierkrug und eine Kuckucksuhr. Die WM kam nach Deutschland - ob die "Titanic" daran Anteil hatte? Bis heute eine offene Frage. In jedem Fall drohte der DFB mit Schadenersatzforderungen. Und die "Bild"-Zeitung hetzte ihre Leser auf das Satiremagazin. Sonneborn trat unterdessen sogar in einer Kurzfilm-Komödie über die Geschehnisse auf. Titel: "The Final Fax".