Die Straßen von Los Angeles
Los Angeles, Stadt der Engel, ist die Auto-Hauptstadt der USA. Nirgends gibt es mehr Autos, in keiner anderen Stadt wird derart geprotzt und nirgendwo gehört der fahrbare Untersatz derart zum Leben wie in der kalifornischen Zwölf-Millionen-Metropole.
Beim Landeanflug auf den LAX-Airport sticht es direkt ins Auge. Der visuelle Erstkontakt offenbart ein schier undurchdringliches Netz an Straßen, das sich durch die gigantische Los Angeles Area zieht. Los Angeles selbst ist längst keine Stadt mehr, sondern eine wild gewucherte Agglomeration, wie es in den USA keine zweite gibt. Gäbe es keinen pazifischen Ozean, die Stadt wäre noch größer. Doch die Hollywood Hills im Norden sowie die Küstenlinie im Westen und Süden, ließen den Platz irgendwann einmal zu eng werden. In Los Angeles bewegt man sich allein und ausschließlich mit dem Auto fort.
Mega-SUV und Edel-Cabrios gehören ins Straßenbild
Lebensadern sind die Interstate 10 oder die Highways 405 und 5, die das Sammelsurium an großen und kleinen Städten in West-Ost- sowie Nord-Süd-Richtung durchziehen. Highways und Verbindungsstraßen sind nahezu zu jeder Tages- und Nachtzeit voll. Viele Bewohner der Region leben daher nahezu in ihrem Auto, verbringen hier ähnlich viel Zeit wie mit der Familie oder am Arbeitsplatz. Der Norden von Los Angeles mit den Luxusgegenden von Malibu, Beverly Hills, Hollywood oder Bel Air gehört zu den exklusivsten Gegenden der USA. An kaum einem anderen Ort der Welt sieht man mehr Luxuslimousinen, Mega-SUV und Edel-Cabrios, die mit polierten Großfelgen und Spoilerstaffage um Aufmerksamkeit betteln. Man zeigt gerne was man hat – und das ist meist nicht allzu wenig.
Mit dem Range-Rover in den Kindergarten
Gerade in den schmucken Wohngegenden von Beverly Hills, nördlich des Santa Monica Boulevard reiht sich allmorgendlich eine Kette von Range-Rover-Modellen durch die Wohnstraßen. Die Kinder werden zur Schule oder in den Kindergarten gebracht. Entweder das Kindermädchen blockiert mit zögerlicher Fahrweise den Straßenverkehr an den tausenden von Rechts-vor-Links-Straßen oder die Mutter bringt den Nachwuchs kaum zielsicherer zu einer der zahlreichen Schulen. Danach geht es zum Drive-In-Coffeeshop und dann weiter zur Maniküre – that’s L.A..
Die Damenwelt bevorzugt möglichst große Autos
Während sich die Damenwelt gerne in großen Geländewagen vom Typ BMW X5 / X6, Mercedes ML / GL, Cadillac Escalade, Hummer H2, Audi Q7 oder Porsche Cayenne zeigt, sind die Männer gerne in einem Sportwagen europäischer Bauart unterwegs. Nicht, dass die Straßen in der Gegend besonders gut ausgebaut wären oder das Tempolimits besonders leger behandelt würden; doch ein Mercedes SL 63 AMG, Porsche 911 Turbo oder Ferrari F 430 gehört in Beverly Hills, Malibu oder Bel Air zum Straßenbild wie bei uns Opel Astra oder VW Golf. Mercedes S-Klassen, Rolls Royce Phantom oder Bentley Continental – man muss am Straßenrand nicht lange warten, ehe das erste Dutzend Luxusboliden an einem vorbeirollt. Unterbrochen werden die Luxusketten zumeist nur von weißen Pick Ups oder verblichenen Geländekreutzern, mit denen die unüberschaubare Zahl der Privatgärtner in die Villengegenden zieht wie Arbeitsameisen.
Jeder dritte Mercedes in der Region ist ein AMG-Modell
Die imageträchtige Region zwischen San Diego und San Francisco wird in Europa gerne als der Ökostaat Nummer eins verkauft. Doch verglichen mit der Anzahl von Hybridfahrzeugen wie dem Toyota Prius oder Energiesparlampen gibt es in den USA nirgends mehr Nachfrage nach Power-Limousinen der besonderen Art. Wenn Schauspieler wie Sandra Bullock, Gene Hackman oder Pierce Brosnan einen neuen Benz suchen, schauen sie nicht selten bei Nobelhändlern wie Mercedes Benz of Beverly Hills vorbei. Ein guter Verkäufer macht hier in einem guten Monat bis zu 30 Autos. „Jeder dritte Mercedes in der Region ist ein AMG-Modell“, erzählt einer der Verkäufer, „doch ohne Frage merkt man auch bei uns die Krise. Aber die AMG-Versionen sind nach wie vor sehr stabil.“ Der Beweis ist auf den Straßen zu sehen. Gefühlt ist hier jeder zweite Mercedes ein AMG-Modell und auch bei BMW und Audi gibt sich kaum jemand nur mit der mittleren Motorvariante zufrieden.
Tesla erlebte einen Boom
„Rund 20 Prozent der Kunden reicht ein gewöhnlicher AMG nicht. Die wollen etwas ganz besonderes – etwas absolut einmaliges, am besten ohne groß aufzufallen“, hört man aus dem Mercedes-Verkaufsraum. Hier ist nichts unmöglich. Da wird der Nobelkunde gerne einmal nach Affalterbach zur Lederabstimmung eingeladen. „Geld interessiert hier wirklich niemanden“, erzählt der Verkäufer. Mit einem gewöhnlichen Sportwagen allein kann hier keiner mehr auffallen und auch ein Toyota Prius ist längst kein Exot mehr. Kurzzeitig erlebte Tesla einen gewaltigen Schub. Den elektrobetriebenen Roadster wollte auf einmal jeder haben. Weniger wegen des Elektroantriebs, sondern weil der Flitzer aus Kalifornien einfach etwas Neues, besonders Extravagantes war. Die amerikanische Marke aus San Carlos zeigte mit dem sehenswerten Tesla Roadster, dass sich Elektroantrieb und fahrdynamische Fahrleistungen nicht ausschließen.
Tesla-Kunden sind zwischen 25 und 75 Jahre alt
Kein Wunder, dass das erste Tesla.Autohaus in Los Angeles auf dem Santa Monica Boulevard nahe des zumeist überfüllten Highway 405 eröffnete. Kein Prunkpalast, sondern eher klein, fein und stylish. Ein Hauch Purismus gepaart mit Werkstattflair; im Haus nebenan befindet sich der unvermeidliche Starbucks-Coffeeshop. Direkt vor dem Tesla.Verkaufsraum, am Santa Monica Boulevard Hausnummer 11.163, befindet sich eine der verkehrsreichsten Kreuzungen der Millionenmetropole. Tausende von Autofahrer schauen aus ihren Luxuskarossen durch die große Glasfront auf die beiden Sportroadster, die so gar nicht nach Elektromobil ausschauen. „Pro Tag kommen 15 bis 120 Personen, die sich für den Tesla Roadster interessieren“, erzählt der bärtige Verkaufsleiter Jeremy Snyder, „ die meisten Kunden sind zwischen 25 und 75 Jahren alt. Doch viele bringen gerade ihre Kinder mit. Gerade die sind ebenfalls begeistert vom Tesla.“ 0
Ein Lamborghini Gallardo fällt nicht mehr auf
Der wohl gebräunte Robert ist zusammen mit seinem Sohn aus San Diego nach Los Angeles gekommen. Robert hat Geld wie Heu, kam heute mit einem 240.000 Dollar teuren Mercedes SL 65 AMG nach Los Angeles und wird den eigenen Fuhrpark schon bald um einen roten Tesla Roadster ergänzen. „Ich habe mir gerade einen Roadster bestellt“, erzählt der im Golfoutfit gestylte Mittfünfziger, „Ich habe bereits neun andere Autos. Aber so cool wie der Tesla ist keiner.“ So wie Robert und sein Sohn sehen es in Nobelregionen von Beverly Hills, Orange County oder Bel Air eine ganze Reihe von Kunden. Mit einem Porsche 911 Carrera, Ford GT, Range Rover oder einem Lamborghini Gallardo kann man hier schon lange nicht mehr auffallen. Da kommt ein real gewordenes Zukunftsmodell mit Elektroantrieb gerade recht.
Autohersteller haben Entwicklungsstudios rund um LA
Die Autohersteller sind in der Region seit Jahren durch Entwicklungszentren und Designstudios präsent. Während BMW in Palo Alto, südlich von San Francisco entwickelt, steht bei der Mercedes-Außenstelle in Irvine, südlich von L.A., das Design im Vordergrund. So stammen die ersten Entwürfe für Smart-Erstling aus den USA. „Wir haben unsere Arbeit hier im Mercedes-Designstudio im Jahre 1991 aufgenommen“, erzählt Benjamin Dimson, Chef-Designer im Advanced Design Center in Irvine, „unser erstes Projekt war der Vorläufer des ersten Smart.“ Abseits des etablierten Mercedes-Designcenters in Sindelfingen sollten Entwickler frei sein für neue Ideen. Die gab es am einfachsten in Kalifornien. Auch Mazda und Volkswagen haben Kalifornien zu seinem Lieblingsziel in den USA gemacht. Im Mazda Advanced Design Center in Irvine entstehen zahlreiche Konzeptautos für die Messen. Hier entstand zuletzt der Mazda 3 Stufenheck und der amerikanische Bruder des europäischen Mazda 6. Volkswagen hat sich ebenfalls bereits vor Jahren nahe der Interstate 10 mit einem kleinen, aber feinen Designcenter niedergelassen. Hier wurde unter anderem an der Zukunftsstudie des VW Up Lite gefeilt.