Letzte Chance in Imola?

Alexander Albon verpasste in Portimao die Punkteplätze. Eigentlich hatte die Red-Bull-Teamführung auf einen Befreiungsschlag des Thailänders gehofft. Christian Horner droht offen mit der Auswechslung, wenn der Youngster in Imola keine Reaktion zeigt.
Wer nach dem Qualifying von Portimao gedacht hatte, dass es für Alex Albon nicht mehr schlechter laufen könnte, der wurde im Rennen eines Besseren belehrt. Fuhr Teamkollege Max Verstappen beim Kampf gegen die Uhr noch einigermaßen in Sichtweite, verlor Albon das Schwesterauto am Sonntag schnell ganz aus den Augen.
Schon am Start von Platz sechs auf der schmutzigen rechten Seite der Aufstellung ging es für die Nummer zwei im Bullenstall rückwärts. Nach der ersten Runde lag der 24-Jährige nur noch auf Rang neun. Einen Umlauf später war der Red Bull des Youngsters schon auf Position 12 durchgereicht worden.
Weil Albon in der Folge im Verkehr feststeckte, zogen die Strategen in Runde 19 die Reißleine. "Wir haben ihn an die Box gerufen, um ihm freie Fahrt zu ermöglichen", erklärte Horner. Doch was die Pace anging, konnte der RB16 mit der Startnummer 23 nie mit dem Schwesterauto mithalten. Dazu klagte Albon auch noch über einen ungewohnt hohen Reifenverschleiß.
Dem Kommandostand blieb nichts anderes übrig, als den Thailänder 20 Runden vor dem Ziel zum zweiten Mal reinzuholen. "Der linke Hinterreifen war praktisch bis auf die Leinwand runtergefahren. Die Untersuchung des Reifens hat anschließend gezeigt, dass Alex damit nicht bis zum Ende durchgehalten hätte", erklärte Horner.
Während Verstappen vorne gemütlich Rang drei nach Hause fuhr, verpasste Albon auf Platz 12 die Punkte deutlich. Zwischen den beiden Red-Bull-Autos lag eine ganze Rennrunde. Entsprechend zurückhaltend fiel das Urteil des Teamchefs aus: "Wir erwarten natürlich etwas mehr von Alex. Jetzt müssen wir analysieren, was genau seine Probleme waren und warum sein Reifenverschleiß so hoch war."
Gasly nicht besser als Albon
Für Albon wird die Luft damit langsam dünn. Eigentlich hatte die Teamführung gehofft, dass ihr Schützling nach der schwachen Vorstellung am Nürburgring einen starken Konter hinlegen kann. Doch nun war in Portimao das Gegenteil der Fall. Damit wackelt der Sitz des öffentlich stark kritisierten Piloten wieder bedenklich.
"Wir erwarten von ihm, dass er stark in Imola zurückschlägt", setzt Horner seinem Piloten ein Ultimatum. "Es gibt dieses Jahr leider nicht mehr viele Rennen. Wir müssen uns nun langsam mal unsere Gedanken zur nächsten Saison machen. Die Entscheidung muss in den nächsten Wochen fallen."
Horner hatte schon zu Beginn des Wochenendes erklärt, dass man im Falle einer Auswechslung einen Piloten von außerhalb ins Red-Bull-Lager holt. Große Sorge, dass Sergio Perez oder Nico Hülkenberg woanders unterschreiben könnten, besteht nicht. "Unsere Kandidaten würden das Red-Bull-Cockpit sicher ihren Alternativen vorziehen. Deshalb denke ich, dass sie auf unsere Entscheidung warten ", so Horner.
Die große Frage nach dem Rennen lautete, warum Pierre Gasly nicht auf der Liste der Kandidaten steht. Der Franzose geigt aktuell bei Alpha Tauri groß auf und konnte mit Rang fünf in Portimao erneut überzeugen. "Pierre hat heute wieder einen super Job abgeliefert", lobt auch Horner. "Er fährt in der Umgebung bei Alpha Tauri und dem geringeren Druck einfach großartig. Die Erwartungen sind da aber auch niedriger."
Neue Alternativen von außen
Offenbar traut die Leitung Gasly nicht zu, im Haifisch-Becken des Red-Bull-Teams ähnlich zu glänzen. Man glaubt nicht an eine sportliche Verbesserung, wenn man dem Franzosen eine zweite Chance gibt: "Man darf nicht vergessen, dass Alex letztes Jahr nach seinem Wechsel deutlich mehr Punkte als Pierre geholt hat. Wir wüssten nicht, warum es nun anders sein sollte, wenn wir wieder zurücktauschen. Wenn Alex in einem Alpha Tauri sitzen würde, dann würde er wohl einen ähnlich guten Job wie Pierre erledigen. Da gibt es keine Zweifel."
Den Junior-Piloten wird offenbar zum Verhängnis, dass der RB16 ein zickiges Biest ist: "Unser Auto ist schwieriger zu fahren als der Alpha Tauri. Das wissen wir. Vor allem das unruhige Heck kann einen schon mal aus dem Konzept bringen. Der Charakter des Autos bereitet den Fahrern Probleme, am Kurveneingang mit Vertrauen einzulenken. Max kann damit gut umgehen. Für andere ist das ein großes Problem."
Horner gibt auch zu, dass Fahrer wie Perez oder Hülkenberg der Teamführung unerwartete Alternativen bieten: "Wir müssen uns alle Optionen anschauen. Es gibt plötzlich Fahrer auf dem Markt, die sowohl über Erfahrung als auch über Qualität verfügen. Das ist eine ungewöhnliche Situation. Unsere Priorität liegt aber immer noch darauf, dass Alex sein Cockpit verteidigt."