Alonso-Neustart ganz in Blau
Renault war gestern. Ab sofort hörtdie französische Equipe auf den Namen Alpine. Und das Auto für 2021 heißt A521. Mit neuem Personal und neuem Look soll endlich der lange angekündigte Titelangriff vorbereitet werden.
Beim Formel-1-Comeback des Renault-Werksteams vor fünf Jahren hatten die Konzernbosse eigentlich die Saison 2021 für die erste Titelattacke seit 2006 angepeilt. Damals war aber noch nicht abzusehen, dass die Einführung der neuen Fahrzeuggeneration wegen Corona um zwölf Monate verschoben werden muss. So haben die Ingenieure in Enstone noch einmal etwas Zeit zur Vorbereitung auf die große Formel-1-Revolution gewonnen, was nach dem enttäuschenden fünften Platz im Vorjahr auch dringend notwendig erscheint.
Dass Renault zur neuen Saison unter dem Namen seiner Sportmarke Alpine in der Königsklasse antreten würde, hatte 2016 sicher auch noch niemand für möglich gehalten. Mit ein Grund für das überraschende Rebranding dürfte die finanziellen Schieflage des Mutterkonzerns sein.
Nach Jahren des Missmanagements hat die Corona-Krise Renault tief in die roten Zahlen gerissen, die nur mit Staatshilfen ausgeglichen werden konnten. In solchen Zeiten kommen kostspielige Motorsport-Engagements nicht besonders gut in der Öffentlichkeit an. Mit der Geburt des Alpine F1 Teams hat man den Renault-Konzern elegant aus der Schusslinie genommen.
Alpine A521 in neuem Farbdesign
Mit dem Verschwinden des Namens Renault verschwindet nach nur fünf Jahren auch der traditionelle gelb-schwarze Look aus der Formel 1. Stattdessen bekommt der neue A521 eine blauglänzende Basislackierung, die an der Cockpit-Seitenwand und der Motorhaube mit roten und weißen Akzenten aufgelockert wird. Die drei Farben der französischen Tricolore sind dazu auch noch an den oberen Kanten der Endplatten des Front- und Heckflügels angebracht.
Was die Technik angeht, sind Modifikationen auf den ersten Computerfotos nur schwer auszumachen. Größere Umbauten unter der Haube deuten die stark verschlankten Seitenkästen und die neu geformten Kühlöffnungen an. Dazu kommen noch kleinere Retuschen an Frontflügel und Leitblechen.
Natürlich sind auch der Unterboden und der Diffusor wie vom Reglement verlangt beschnitten worden. Weitere umfangreiche Updates geben die Restriktionen diese Saison aber nicht her. Um Entwicklungskosten zu sparen, basiert der A521 auf dem gleichen Monocoque wie der alte Renault R.S.20.
Unklar ist auch, wie groß das Upgrade in Sachen Antrieb ausgefallen ist. Vor der vergangenen Saison hatte Renault lediglich an der Standfestigkeit gearbeitet. Für dieses Jahr kündigten die Ingenieure in Viry-Châtillon an, wieder verstärkt an der Leistungsschraube zu drehen. Wie konkurrenzfähig das neue Triebwerk wirklich ist, werden erst die GPS-Messungen bei den Wintertests in Bahrain zeigen.
Wie schnell ist Alonso?
Mehr Neues bietet das Thema Fahrerpersonal. Für das Projekt Titelgewinn setzen die Verantwortlichen wenig kreativ einfach auf den Piloten, der zuletzt in einem Renault-Renner Weltmeister wurde. Fernando Alonso soll an der Seite von Esteban Ocon den zu McLaren abgewanderten Daniel Ricciardo ersetzen.
Die große Frage lautet, ob der 39- jährige Spanier nach zwei Jahren Pause mit Ausflügen nach Le Mans, dem Indy 500 und der Rallye Dakar noch auf höchstem F1-Niveau unterwegs ist. Zusätzliche Zweifel kamen nach dem Fahrradunfall Mitte Februar auf. Heilt der Kieferbruch wirklich vollständig bis Saisonbeginn aus? Bei der offiziellen Teamvorstellung in England ließ sich der Pilot mit dem Hinweis auf die strengen Corona-Einreisebeschränkungen entschuldigen.
Die neue Fahrerpaarung verspricht auf jeden Fall Zündstoff. Weder Alonso noch Ocon haben sich in ihrer bisherigen Karriere einen besonderen Ruf als Teamplayer erarbeitet. Sollte der sportliche Erfolg ausbleiben, kann sich die Teamführung auf ordentlich Unruhe von außen und von innen einstellen.
Apropos Teamführung: Parallel zur Umbenennung des Rennstalls hat sich auch die Management-Ebene neu aufgestellt. Der ehemalige Teamchef Cyril Abiteboul gab in der Winterpause seinen Abschied bekannt. Dafür wurde MotoGP-Meistermacher Davide Brivio von Suzuki als neuer Rennleiter verpflichtet.
Wie die Rolle des 56-jährigen Italieners genau aussieht, ist noch unklar. Bei der Vertragsunterschrift Mitte Januar hatte Alpine zwar angekündigt, innerhalb weniger Wochen Konkretes zur Aufgabenteilung mitzuteilen, doch seitdem hörte man aus Enstone nicht mehr viel. Gerüchteweise soll Brivio mit Technikchef Marcin Budkowski eine Doppelspitze bilden.