Donnerstags-Check GP Brasilien 2019
Wir haben die zehn Teams am Donnerstag auf Neuigkeiten abgecheckt und erzählen, warum Mercedes trotz Sparplänen im Konzern der Formel 1 treu bleibt und dass Charles Leclerc den Motorwechsel trotz Strafe als Chance sieht.
Donnerstag ist der PR-Tag vor einem Grand Prix. auto motor und sport stöbert für Sie im Fahrerlager Geschichten und Gerüchte auf. Wir fragen bei den Ingenieuren nach, was es Neues an den Autos und bei den Fahrern gibt, und wie sie das Rennen einschätzen. Hier ist unser Streifzug durch die zehn Garagen.
Mercedes
Der Autokonzern muss 1,4 Milliarden Euro einsparen, aber Mercedes bleibt der Formel 1 erhalten. Konzernchef Ola Källenius hat bei einem Investorentreffen in London Sparpläne verkündet und sich auch zu dem Formel-1-Engagement geäußert: „Wir haben die Weltmeisterschaft sechs Mal in Folge gewonnen. Das ist einzigartig und hat sich im Marketing mehr als ausgezahlt.“
Berechnungen hätten ergeben, so Källenius, dass durch die Übertragung der Formel-1-Rennen für Seriensieger Mercedes ein Marketingwert von rund einer Milliarde Euro generiert wurde. „Damit muss dies als ein sehr lohnendes Investment gesehen werden.“
Valtteri Bottas hofft, dass er seine gute Form der letzten Rennen konservieren kann. Von den letzten vier Rennen hat Bottas zwei gewonnen, eines als Zweiter und eines als Dritter beendet. „Es war meine bislang beste Formel 1.Saison, aber nicht so gut, wie ich es gerne hätte. Ich muss noch konstanter werden und weniger Fehler machen.“
Dann schießt der Finne noch einen Warnschuss an Lewis Hamilton ab: „Mein Ziel bleibt der WM-Titel. Ich habe einen Plan, wie ich das nächstes Jahr schaffen will. Ich werde euch aber nichts verraten. Wartet ab, dann seht ihr, was ich meine.“ Lewis Hamilton bereitet sich mental schon auf seine Vertragsverhandlungen für 2021 vor: „Das ist wie ein Ringkampf. Du willst immer mehr rausholen, auch wenn du mit Freunden redest.“
Ferrari
Charles Leclerc muss zehn Startplätze zurück. Der Monegasse bekommt einen neuen Spec3-Motor. Es ist der vierte im Pool. Das ist Fluch und Segen zugleich. Leclerc muss aus der Mitte des Feldes starten, kann jetzt aber häufiger als alle anderen im höchsten Power-Modus fahren.
Der Motor muss in Interlagos und Abu Dhabi maximal 1.600 Kilometer überstehen. Das ist für Triebwerke, die über auf über 5000 Kilometer ausgelegt sind, eine Fingerübung. Der Motor, bei dem in Austin ein Ölleck aufgetreten war, wurde ausgemustert. Sonst hat Leclerc nur noch ein Spec2-Triebwerk mit knapp 3.000 Kilometer Laufleistung in seinem Bestand.
Der WM-Dritte sieht darin unter dem Strich einen Vorteil: „In Brasilien muss ich wohl Schadensbegrenzung betreiben, aber in Abu Dhabi kann ich voll angreifen. Es sollte sich für mich auszahlen.“
Sebastian Vettel erzählt, dass die Hinterradaufhängung in Austin höchstwahrscheinlich durch Überbelastung auf den Bodenwellen und Randsteinen gebrochen ist. „Wir waren offenbar die ganze Zeit am Limit, und eine Spitzenbelastung hat dann zu dem Schaden geführt. Wahrscheinlich haben wir vorher nur Glück gehabt, dass nichts passiert ist.“
Rätselhaft ist weiter, warum die beiden Ferrari in Austin im ersten Stint auf dem Medium-Reifen so viel Zeit verloren haben. „ Die Balance fühlte sich speziell auf diesen Reifen komisch an. Wir wissen aber immer noch nicht warum“, bedauert Leclerc.
Red Bull
Max Verstappen sieht keinen Grund, warum er in Brasilien nicht auch eine wichtige Rolle im Kampf um den Sieg spielen sollte. „Wir waren letztes Jahr stark hier und auch zuletzt in Austin. Da hatten wir im Training eine Chance auf die Pole Position und sind am Sonntag Zweiter geworden, obwohl ein Stück aus dem Unterboden gebrochen war. Unsere Leistung in den letzten paar Rennen lässt uns hoffen, dass wir auch in Brasilien bei der Musik sind.“
Mit einem Auge schielt der Holländer immer noch auf Platz 3 in der WM: „Es ist nicht unmöglich. Leclerc bekommt hier eine Startplatzstrafe. Das ist eine gute Chance, Punkte gutzumachen.“ Verstappen fehlen 14 Zähler auf Leclerc. Zu seinen Betrugsvorwürfen gegen Ferrari wollte Verstappen in Sao Paulo nichts mehr sagen. „ Das liegt hinter uns.“
Racing Point
Sergio Perez ist mit der zweiten Saisonhälfte zufrieden. Der Mexikaner beendete sechs der letzten sieben Rennen in den Punkten. „ Die erste Saisonhälfte haben wir unter unseren Erwartungen abgeschnitten. Aber seit der Sommerpause ist das Auto immer besser geworden. Platz 4 gehört ganz klar McLaren, aber dahinter müssen wir uns nicht verstecken.“
Williams
Robert Kubica hat gute Erinnerungen an den GP Brasilien. 2009 wurde der Pole im BMW Zweiter in Interlagos. „Das war damals eine Überraschung, weil BMW ein schlechtes Jahr hatte.“ An Überraschungen glaubt Kubica diesmal nicht. „Es ist sehr unwahrscheinlich, dass es hier anders läuft als im Rest des Jahres. Selbst wenn das Wetter verrückt spielen sollte, fehlt uns der Speed im Rennen, das auszunutzen.“
Renault
Renault will die gute Serie der letzten Rennen fortsetzen. In den letzten drei Rennen landeten jeweils beide Autos in den Top Ten. In Japan gab es wegen der Qualifikation keine Punkte. Renault war zuletzt im Rennen stärker als in der Qualifikation. „Das verstehen wir selbst nicht so genau“, gibt Einsatzleiter Alan Permane zu. „In Austin waren wir auf eine Runde eine halbe Sekunde langsamer als die McLaren. Im Rennen haben wir sie geschlagen.“
Daniel Ricciardo wählte zuletzt drei Mal eine Einstopp-Strategie und profilierte sich dabei jedes Mal als der beste Reifenstreichler im Feld. Der Australier blickt trotzdem kritisch zurück: „Auch wenn wir zuletzt in den Rennen gut bei der Musik waren, müssen wir herausfinden, warum es in der Qualifikation nicht so gut bei uns läuft.“
Ricciardo hofft, dass die positiven Ergebnisse in den letzten Rennen das Team aufrichten: „Wir sind jetzt endlich konstant. Ich hoffe, dass wir das in den letzten beiden Rennen durchhalten und dass wir die positive Stimmung in die Winterpause mit rübernehmen.“
Bei Renault ist man zuversichtlich ohne größere Dramen durch die Saison zu kommen. Der Motoren-Pool ist gut gefüllt. Nico Hülkenbergs Freitags-Batterie hat zwar schon viele Einsätze auf dem Buckel, sollte aber halten. Da ist ja auch noch die Sonntags-Batterie, die noch viele Reserven hat.
Nico Hülkenberg will in den vorerst letzten beiden Rennen seiner Formel 1.Karriere noch einmal zeigen, dass er einen Platz in der Königsklasse verdient. „Da muss die erste Runde besser werden als in Austin“, fordert er von sich selbst. „Ich lag hinter zwei Fahrern, die langsamer waren als ich. Da kannst du noch so vorsichtig fahren, du verbrauchst einfach mehr Reifen als normal. Hinter zwei Autos fehlen dir 50 Prozent Abtrieb. Du rutschst nur herum und ruinierst dir die Reifen. Deshalb konnte mein Plan mit den harten Reifen lange durchzuhalten nicht aufgehen.“
Toro Rosso
Daniil Kvyat erinnert daran, dass Interlagos eine der wenigen Strecken ist, die gegen den Uhrzeigersinn gehen. „Bei all dem Training, das wir tun, spürst du dieses Rennen doch im Nacken, weil es meistens links herum geht.“ Für Toro Rosso geht es jetzt darum, Racing Point den 6. Platz in der Konstrukteurswertung wieder abzujagen. Renault ist dagegen fast schon außer Reichweite.
Haas
Der Test geht weiter. Diesmal fährt Romain Grosjean den neuen Frontflügel, der stark an den von Ferrari erinnert. Ab Samstag fahren Kevin Magnussen und Romain Grosjean wieder mit den Standardflügeln. Teamchef Guenther Steiner meint: „Wir haben einiges verstanden, aber noch nicht alles.“
Haas ist in diesem Jahr eine Fahrstuhl-Mannschaft. „Es ging immer auf und Ab. Wir waren stark in Australien, Barcelona, Monte Carlo und Sotschi. Zwischendrin ging es immer rückwärts. Ein Trend lässt sich da nicht ablesen“, meint Kevin Magnussen.
Der Däne sieht es seinem Team nach: „Haas ist jetzt vier Jahre in der Formel 1. Es ist das erste schwache Jahr. Dafür hat es das Team schon im dritten Jahr auf Platz 5 geschafft. Das ist Toro Rosso nie gelungen.“
McLaren
McLaren ist das einzige Team in der Boxengasse, das noch Entwicklung am 2019er Auto betreibt. Die Bremsbelüftungen hinten sind neu. „Es ist ein Update, nichts radikal neues“, bremst Teamchef Andreas Seidl. „Vielleicht können wir vom Prinzip her etwas für das 2020er Auto übernehmen.“
McLaren hat in den letzten Wochen seinen vierten Platz in der Konstrukteurs-WM gefestigt. In der Qualifikation wurden die Startpositionen 7 und 8 seit dem GP Singapur fast schon zum Stammplatz. Teilweise nur noch eine halbe Sekunde hinter den Spitzenteams und oft eine halbe Sekunde vor dem restlichen Mittelfeld. Umso erstaunlicher ist es, dass McLaren im Rennen von Renault Konkurrenz bekommt.
Seidl führt die starke Vorstellung in der Qualifikation auf zwei Punkte zurück: „Erstens unsere Fahrer. Sie machen am Samstag einen wirklich guten Job. Zweitens das Auto. Wir schaffen es irgendwie mit frischen Reifen das Maximum aus unserem Paket herauszuholen.“ Im Rennen hat McLaren nicht den gleichen Schritt gemacht wie in der Qualifikation. „Der Speed ist seit Mitte des Jahres gleich. Wir haben kein wirkliches Problem im Rennen. Renault ist da einfach stark. Vielleicht sollten sie sich eher fragen, warum es in der Qualifikation nicht genauso gut läuft.“
Lando Norris meint dazu: „Die frischen Reifen in der Qualifikation überdecken die Schwächen, die noch in dem Auto stecken. Wir könnten bei unserem Vorsprung in der WM jetzt etwas Speed auf eine Runde für das Rennen opfern, sollten aber nicht so weit gehen, dass wir am Samstag plötzlich hinter den Renault stehen. Da müssen wir clever agieren.“
Alfa Romeo
Alfa wartet seit dem GP Singapur auf Punkte. In Austin wäre es möglich gewesen. Da trennte Kimi Räikkönen weniger als eine Sekunde vom 10. Platz. „Wenn wir in Austin von den Plätzen 12 und 13 losfahren, kommen wir sicher in die Punkte. Von den Plätzen 16 und 17 ist das schwierig“, blickt Teammanager Beat Zehnder zurück. Nachsatz: „Da dürfen die Fahrer in der Qualifikation hat auch keine Fehler machen. Der Speed war da.“
Antonio Giovinazzi war besonders aufgekratzt: „Die Vertragsverlängerung ist ein großer Boost für mich. Ich hoffe, dass ich dem Team das Vertrauen zurückzahlen kann.“ Der Italiener hat von seinem Glück schon vor dem Start zum Rennen in Austin erfahren.
Druck nimmt das trotzdem nicht von seinen Schultern. „Ich will jetzt die Saison gut abschließen. Nach der Sommerpause wurde mein Rennspeed besser. Das war der erste Schritt in die richtige Richtung. Aber 2020 muss noch ein zweiter folgen.“ Kimi Räikkönen sah in Austin einen echten Aufwärtstrend: „Zum ersten Mal seit langer Zeit waren wir wieder in der Lage um Punkte zu kämpfen.“