Entscheidung ohne Meeting
Die Entscheidung über die Reduzierung der Budgetdeckelung soll bis Ende April fallen. Doch die FIA lässt sich nicht drängen. Lieber eine gute Entscheidung als eine vorschnelle. Vor der Abstimmung wird es keine weitere Videokonferenz aller Teamchefs geben. Höchstens noch individuelle Nachfragen.
Die Formel 1 wartet mit Spannung auf die Abstimmung über die Reduzierung der Budgetobergrenze. Sie geht jetzt in die Verlängerung. Nach zwei Video-Konferenzen mit allen Teamchefs und vielen Einzelgesprächen hat die FIA alle Meinungen und Vorschläge gesammelt. Die werden jetzt gesichtet und besprochen. Immer unter dem Gesichtspunkt: Was ist möglich? Was geht zu weit oder nicht weit genug?
Notfall-Regelung der FIA
Eine dritte Video-Konferenz im großen Kreis soll es nicht mehr geben. FIA und Formel 1-Management wollen die letzten Unklarheiten direkt mit den Teams besprechen. Es geht dabei nicht nur um die Budgetdeckelung, sondern auch um die Homologation für rund 20 Komponenten am Auto.
Der nächste Schritt ist die Abstimmung per E-Vote. Nachdem sich die FIA ab sofort auf die sogenannte Notfall-Regelung beruft, reicht ein Mehrheitsbeschluss. Artikel 18.2.4. im Sportgesetz erlaubt dem Weltverband zum Schutz des Sports etwas freiere Hand. Bei Einstimmigkeit wäre das Vorhaben ziemlich sicher gescheitert, egal über welchen Vorschlag man abgestimmt hätte. Zu weit sind die unterschiedlichen Lager voneinander entfernt. Doch auch mit einer Mehrheit wird es nicht einfach, ein drastische Budgetreduzierung durchzudrücken. Dazu braucht die FIA sechs Stimmen.
Ursprünglich musste man davon ausgehen, dass die drei Topteams zusammenhalten, dass Alpha Tauri mit Red Bull stimmt und Racing Point sich auf die Seite von Mercedes schlägt. Doch in diese Konstellation ist Bewegung geraten. Nach unseren Information schert Red Bull aus der Allianz mit Ferrari und Mercedes aus und geht seinen eigenen Weg. Alpha Tauri darf seine eigenen Interessen verfolgen, und die liegen eher bei 130 statt bei 145 Millionen Dollar Budgetlimit.
Wenn alles nach Plan verläuft, soll die Abstimmung bis Ende des Monats über die Bühne gehen. Doch wenn bis zum 30. April nicht alle Fragen geklärt sind, will sich die FIA auch mehr Zeit nehmen. Präsident Jean Todt ist der Meinung: "Lieber eine Woche länger warten und dafür ein besseres Ergebnis bekommen."
Gesucht ist der beste Kompromiss
Worum geht es? Nach dem letzten Meeting mit den Teamchefs war folgender Vorschlag Favorit: 2021 wird der Budgetdeckel auf 145 Millionen Dollar gesenkt, ab 2022 auf 130 Millionen. Ferrari schlägt vor, den zweiten Schritt auf 2023 zu verschieben, um im ersten Jahr mit den neuen Autos mehr Geld zur Verfügung zu haben.
Die Hersteller-Teams haben außerdem den Antrag gestellt, sie besser zu stellen als Kunden-Teams. Dabei wurde folgende Möglichkeit diskutiert. Jedes eingekaufte Teil wird mit einem imaginären Kapitalwert für die Entwicklung beziffert. Dieser Betrag ist Teams wie Alfa Romeo, Alpha Tauri, HaasF1 oder Racing Point vom Kostendeckel abzuziehen. Die FIA muss besagten Nominalwert festlegen. Die entsprechenden Daten hat sie von den Teams bereits eingesammelt. Der Prozess erfordert Zeit.
Auch die Homologation von Komponenten erledigt sich nicht im Handumdrehen. Zuerst musste eine Liste von Teilen erstellt werden, die außer dem Chassis noch in Frage kommen. Die Technikchefs haben rund 20 Komponenten auf eine Liste gesetzt. 90 Prozent davon soll bis Ende 2021 eingefroren werden.
Jedes Team soll sich individuell ein oder zwei Elemente aussuchen können, an denen normal weiterentwickeln darf. So kann jeder an seinen Schwachstellen arbeiten. Streitpunkt ist, wie viele dieser so genannten Token gezogen werden dürfen. Die Mehrheit war zuletzt für zwei kleine oder einen großen. Ein großer Token wäre zum Beispiel das Getriebe. Ausgenommen von der Liste ist die Aerodynamik.