Binotto rechnet mit Team ab
Ferrari ist auch im Regen nur Mittelmaß. Wie vor einer Woche war der Aufstieg ins Q3 eine große Hürde. Nur einer der Ferrari-Fahrer übersprang sie. Diesmal kam Sebastian Vettel weiter, war im Finale aber chancenlos. Das Aerodynamikpaket hat noch nicht gestochen. Teamchef Mattia Binotto rechnet mit seinem Team ab.
Ferrari versinkt weiter im Mittelmaß. Auch der Regen half den roten Autos nicht weiter. Das Bild in der Qualifikation zum Grand Prix der Steiermark war das gleiche wie eine Woche zuvor an gleicher Stelle. Nach dem Q2 lagen die zwei Ferrari auf den Plätzen 10 und 11. Diesmal musste Charles Leclerc vorzeitig aussteigen. Der Zweite des Saisonauftakts verfehlte Sebastian Vettels Zeit um 0,083 Sekunden. Vettels Freude währte nur kurz. Im Finale der Top Ten blieb der Ferrari-Pilot auf dem zehnten Platz sitzen. 2,378 Sekunden hinter der Pole-Position, 1,162 Sekunden hinter Max Verstappen. Auch die McLaren, Renault und der Alpha Tauri von Pierre Gasly waren für den vierfachen Weltmeister unerreichbar.
Die Hoffnung, dass der Regen am Samstag das Kräfteverhältnis zugunsten von Ferrari aufbricht, erfüllte sich nicht. Die Ferrari waren im Regen so chancenlos wie auf trockener Straße. "Wir haben uns mehr erhofft", gab Vettel zu. "Wir haben alles versucht, aber mehr war einfach nicht drin." Die Ferrari-Piloten hatten Mühe, ihre Vorderreifen auf Temperatur zu bringen. "Das führte zu viel Aquaplaning auf den Geraden und Problemen beim Bremsen. Immer wieder haben die Vorderräder blockiert", beschwerte sich Vettel.
Leclerc fügte hinzu: "So gut sich das Auto auf trockener Piste anfühlte, so schlecht war die Balance im Regen. Dazu muss ich bei den Bedingungen noch etwas an meinem Fahrstil feilen." Der Monegasse hofft, dass es an der Wahl seiner Fahrzeugabstimmung lag: "Ich bin einen extremen Weg gegangen, der mir morgen im Rennen, wenn es trocken ist, helfen sollte."
Ferrari fehlen Power und Abtrieb./strong>
Die Probleme von Ferrari zogen sich durch die gesamte Qualifikation "Alle drei Sitzungen haben gezeigt, wo wir uns im Regen schwer getan haben. Es hat auch nichts geholfen, dass wir in zwei Sitzungen mittendrin einen neuen Satz Regen.eifen aufgezogen haben. Das Problem mit den zu kalten Reifen blieb." Ernüchterndes Fazit: "Der Speed war einfach nicht da. Ich hätte das Auto ein paar Mal fast verloren. In der letzten Runde habe ich noch mehr riskiert, habe in Kurve 8 versucht den Gasfuß unten zu lassen, da bin ich auf einer Pfütze ausgerutscht. Es war den Versuch wert, auch wenn er nicht die Welt verändert hätte", sagte Vettel.
Ferrari steht nach einem Trainingstag bei 32 Grad Hitze und einem bei Dauerregen vor der bitteren Erkenntnis, dass der SF1000 trotz des Aerodynamikpakets auf der Stelle tritt. Auf trockener Fahrbahn fehlt die Power, auf nasser der Abtrieb. Ganz offensichtlich liegt eine der vielen Baustellen wie im Vorjahr wieder auf der Vorderachse. Da können die Fahrer lange sagen, dass sich das 2020er Auto im Cockpit besser anfühlt. Die Rundenzeiten geben es nicht her. Man kann nicht mal den Finger in die Wunde legen. Vettel und Leclerc verlieren in allen Sektoren Zeit. Auf die Mercedes und Red Bull sowieso, aber auch auf McLaren und Renault. Einziger Trost war, dass die eigentlich schnelleren Racing Point im Regen einen ganz schlechten Tag erwischt hatten und noch weiter hinten stehen.
Leclerc erhält Strafe
Das Upgrade sollte eigentlich der Beginn einer neuen Entwicklungsrichtung sein. Doch der begann mit einem Fehlstart. Man muss sich jetzt fragen, ob die Ingenieure erst lernen müssen, die neuen Teile in das Konzept zu integrieren, oder ob sie der Windkanal erneut in die Irre geführt hat. "Du kannst keinen Quantensprung innerhalb von nur einer Woche erwarten", bremst Vettel die Pessimisten. Er gibt aber zu: "Wir sind nicht da, wo wir hinwollen. Der Anspruch ist, weiter vorne zu stehen. Deshalb müssen wir jetzt versuchen, uns Schritt für Schritt zu steigern. Wir hoffen auf den nächsten Schub Teile."
Teamchef Mattia Binotto fand deutliche Worte: "Es war ein wirklich enttäuschender Tag. Wir müssen akzeptieren, dass die Stoppuhr nicht lügt und wir dürfen die Fakten nicht ignorieren. Wir waren heute nicht wettbewerbsfähig, nicht einmal im Vergleich zu jenen, die bis jetzt hinter uns lagen. Die harte Arbeit, um das Upgrade eher an die Strecke zu bringen, hat sich nicht ausgezahlt. Wir müssen herausfinden, warum und diesen Zustand ändern. Das ist für ein Team, das Ferrari heißt, nicht gut genug."
Binotto weiß, dass die unbedingt benötigte Aufholjagd von Ferrari durch den eng getakteten Kalender erschwert wird. Ein Rennen folgt dem anderen. Es bleibt kaum Zeit, vernünftige Vergleichstests zu fahren und etwaige Fehlentwicklungen auszusortieren. Vettel klammert sich an einen Hoffnungsschimmer: "Wir sind im Rennen normalerweise besser unterwegs und hoffen, dass wir da mit den Alpha Tauri, Renault und McLaren mitfahren können."
Für Charles Leclerc hatte das Abschlusstraining noch ein Nachspiel in der Rennleitung. Der Monegasse wurde gleich wegen zwei Delikten vorgeladen. Einmal behinderte er Daniil Kvyat in den Kurven 9 und 10, dann hängte er trotz roter Flagge kurz vor Ende des Q1 noch eine Zusatzrunde dran. Für das erste Vergehen bekam er eine Strafe, für das zweite wurde er freigesprochen. Leclerc startet im Rennen von Platz 14 statt 11.