Ferrari Crash-Analyse

Die Video-Analyse des Ferrari-Start-Crashs vom GP China ergibt, dass wohl alle Beteiligten ein bisschen Schuld haben. Interessant aber ist, dass Nico Rosberg die Kettenreaktion in Gang gesetzt hat.
Die Formel 1 ist zu kompliziert. Manchmal auch in der Schnell-Analyse. Selbst wenn es nur um eine einzige Szene geht. Nehmen wir die Kollision zwischen Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen in der ersten Kurve von Shanghai. Da reicht das Weltbild der Regie nicht mehr aus. Für ein umfassendes Urteil braucht man alle Blickwinkel. Von vorne, hinten, oben und am besten noch aus der Cockpitperspektive der beteiligten Fahrer.
So war es auch diesmal. Nach dem Rennen redeten sich Fans, Experten und Fahrer die Köpfe heiß. Vettel gab reflexartig Daniil Kvyat die Schuld. Räikkönen sprach von einem unglücklichen Rennunfall. Die Fans nahmen Vettel in die Pflicht. Und einigen fiel auf, dass nicht Vettel in Räikkönens Auto lenkt, sondern umgekehrt.
Vettel macht Tür für Kvyat auf
Interessant aber ist, dass die Kettenreaktion von einem ausgelöst wurde, der in der Angelegenheit bislang gar nicht auffällig wurde. Nico Rosberg. Richtig, der Sieger des GP China. Aus Vettels Cockpit-Kamera (Link zum >> Video) wird deutlich, was dazu führte, dass sich die beiden Ferrari und Kvyats Red Bull zwischen erster und zweiter Kurve zu einem Knäuel zusammenfanden.
Kvyat lag eingangs der ersten Kurve viel zu weit hinten, als dass er sich Hoffnungen machen durfte, die beiden Ferrari 200 Meter später anzugreifen. Geschätzte 8 Wagenlängen. Das war nur möglich, weil zuerst Räikkönen und dann Vettel stark verlangsamen mussten.
Vettels Kamera zeigt deutlich, dass Kimi vor ihm plötzlich in die Eisen steigt. Das entlastete rechte Vorderrad protestiert mit Rauchzeichen. Dabei rutscht Räikkönen weit nach außen und räumt fast noch Valtteri Bottas ab. Auch Vettel muss in der Kurve abrupt vom Gas und macht dabei die Lenkung auf.
Räikkönen zieht die Notbremse
Räikkönen zieht die Notbremse, weil vor ihm Rosberg auf seine Spur nach innen zieht. Der Mercedes-Pilot fährt die Kurve weit außen an, als er merkt, dass ihm Daniel Ricciardo innen durchwischt. Vermutlich in der Hoffnung, dass er den Australier in der zweiten Kurve innen packen kann. Erst als beide Ferrari Speed verlieren, kommt Kvyat ins Spiel. Er schießt mit deutlichem Speed-Überschuss auf der nun offenen inneren Flanke heran.
Man sieht aus Vettels Perspektive, wie er einmal kurz gegenlenkt. Offenbar in dem Moment, in dem er Kvyat zum ersten Mal im Augenwinkel wahrnimmt. Gut möglich, dass sich Vettel da noch mit einem Gasstoß retten wollte, und von dem vielen Drehmoment des Motors überrascht wurde. Dann aber hält der Deutsche bis zur Kollision mit dem Teamkollegen seinen Lenkeinschlag. Und zwar nach rechts und nicht Richtung Räikkönen.
Dafür zieht Räikkönen wieder von außen nach innen. Vettel hängt im Sandwich der beiden Kontrahenten und kann weder nach rechts noch nach links. TV-Experte Martin Brundle meinte: "Seb hätte vielleicht bremsen müssen." Die Frage ist, ob das überhaupt noch möglich war. Die Schere vor ihm ging immer weiter zu.
Vettel erwischt Räikkönen auch nur am rechten Hinterrad. Der Finne stellt sich quer und schlägt sich den Frontflügel an Kvyats Red Bulls ab. Hier liegt die minimale Mitschuld des Russen. Er wird wegen seines Geschwindigkeitsüberschusses in Kurve 2 bis in die Straßenmitte getragen. Vettel hat übrigens noch eine Kollision. Er schlägt mit dem rechten Vorderrad gegen den Force India von Sergio Perez.