„WM ist noch weit offen“
Red-Bull-Sportchef Helmut Marko hat den WM-Titel noch nicht abgeschrieben. Der Österreicher hofft, dass die ansteigende Formkurve seines Teams und die Schwächung von Mercedes durch das Verbot des Quali-Modus zur Wende führen wird.
Bei Red Bull hat man die Saison 2020 noch längst nicht aufgegeben. Obwohl Mercedes von Sieg zu Sieg eilt, glaubt Sportchef Helmut Marko noch an die Trendwende. Von der Aufgabe des WM-Titels ist die Teamführung trotz 47 Punkten Rückstand von Max Verstappen auf Spitzenreiter Lewis Hamilton weit entfernt.
"Die WM ist immer noch weit offen. Wir haben nicht einmal Halbzeit", betonte der Grazer in Spa-Francorchamps. "Ich erinnere nur an 2012. Da waren wir zur Halbzeit über 60 Punkte hinter Alonso und Ferrari. Okay, Alonso und Ferrari sind nicht Hamilton und Mercedes. Aber irgendwann muss es ja mal aufhören, dass bei ihnen alles gelingt."
Laut Marko trauert Red Bull immer noch den verlorenen Punkten durch den Ausfall Verstappens beim Saisonauftakt von Spielberg nach. Der Niederländer hätte das Rennen ohne die Antriebsprobleme in der Anfangsphase gewinnen können. Genau wie Alexander Albon, der kurz vor Schluss von Hamilton abgeräumt wurde.
Steigende Formkurve in Belgien
In den Rennen danach fuhr Red Bull den Marktführern von Mercedes zumeist chancenlos hinterher. Beim GP Belgien war jedoch eine klare Steigerung zu erkennen. Der Abstand im Qualifying schrumpfte. Und auch am Rennsonntag konnte Verstappen das Tempo an der Spitze lange mitgehen, obwohl Spa als Power-Strecke normalerweise nicht zu Red Bulls bevorzugten Jagdrevieren gehört.
"Wir waren entgegen der Erwartungen schon häufiger schnell in Belgien", widerspricht Marko. "Wir haben einen neuen Frontflügel gebracht, der sich sehr positiv ausgewirkt hat. Es ist immer noch nicht das optimale Paket, aber wir sind auf einem sehr guten Weg."
Der Fortschritt des Autos lasse sich vor allem an der Leistung von Alex Albon gut erkennen: "Albon hat jetzt Vertrauen gefasst. Er war in allen Sessions relativ knapp an Max dran. Auch für den Reifenverschließ ist es natürlich besser, wenn das Auto kalkulierbarer ist und keine Bewegungen macht, die zum Rutschen führen."
Quali-Modus "wettbewerbsverzerrend"
Für die endgültige Trendwende in der WM setzt Marko nun auf das Verbot des Quali-Modus. Schon ab Monza müssen alle Teams mit einem einzigen Motor-Mapping von Samstag bis Sonntag durchfahren. "Es war uns ganz wichtig, dass er abgeschafft wird. Da haben wir auch den nötigen Druck hinter gesetzt", verrät der 77-Jährige. "Der Quali-Modus ist bei Mercedes so extrem, dass es schon wettbewerbsverzerrend ist."
Marko erinnert daran, dass Red Bull in der erfolgreichen Phase Anfang des letzten Jahrzehnts auch regelmäßig von der FIA eingebremst wurde. "Es ist ein Eingriff, den wir mannigfach erlebt haben, als wir dominiert haben. Die Flügelflexibilität ist von einem Rennen zum anderen verändert worden und für das nächste Rennen noch einmal. Vom angeblasenen Diffusor brauche ich gar nicht reden. Es ist auch Aufgabe der Instanz, für ausgeglichene, spannende Rennen zu sorgen."
Für nächste Saison muss Mercedes weiter zurückrüsten. Die FIA hat das DAS-System für 2021 auf die schwarze Liste gesetzt. Bei Red Bull hatte man kurz überlegt, den Lenkungstrick nachzubauen. Nun ist die Entscheidung gefallen: "DAS ist für uns abgeschlossen. Es ist einerseits natürlich eine Gewichtsfrage. Und bis du es dann in der Entwicklung so hast, dass es tadellos funktioniert, wäre es vielleicht im letzten Rennen soweit. Und das im Hinblick darauf, dass es im nächsten Jahr verboten ist."