Mercedes schlägt sich selbst
Der GP Bahrain bestätigte das Bild des GP Australien. Mercedes ist der Meister des Samstags, Ferrari der Sieger am Sonntag. Diesmal stand sich Mercedes mit einem Sammelsurium von Pannen im Weg.
Von drei Qualifikationen gingen alle drei an Mercedes. Doch der Meister vom Samstag hat am Sonntag nun schon den zweiten Sieg an Ferrari abgegeben. Ferrari-Technikchef Mattia Binotto brachte es gut auf den Punkt: „Wir haben im Rennen einen geringeren Reifenverschleiß und damit auch den besseren Speed.“
Nicht auf allen Reifentypen und auch nicht zu allen Zeiten des Rennens. Doch immer wenn es zählte, war Vettel zu schnell für die Silberpfeiel. Und wenn er dann einmal in Führung liegt, ist er kaum noch einzuholen. Lewis Hamilton hätte in den letzten 15 Runden 19 Sekunden aufholen müssen. Das war illusorisch. Vettel hatte im Ziel noch 6,6 Sekunden in der Hinterhand.
Der Falsche stand auf der Pole Position
Eigentlich bahnte sich die Niederlage schon am Samstag an. Der falsche Mercedes stand auf der Pole Position. Valtteri Bottas kann sich in das WM-Duell genauso wenig einmischen wie Kimi Räikkönen. Hamilton erzählte, warum Bottas und nicht er auf die Pole Position fuhr. „Mir ist zwischen Kurve 10 und 11 das DRS nicht aufgegangen. Das hat zwei Zehntel gekostet. In der letzten Kurve habe ich ein halbes Zehntel liegenlassen.“ Nico Hülkenberg wunderte sich: "Was? Der ist doch die letzte Kurve perfekt gefahren."
Ein mittelprächtiger Start brachte Vettel zwischen die beiden Silberpfeile. Damit war Mercedes verwundbar gegen Undercuts. Als sich die Strategen in Silber gerade überlegten, einem frühen Boxenstopp von Vettel zuvorzukommen, stand der Deutsche auch schon in der Box. Ferrari traute sich, wovor Mercedes sich wegen des immer noch dicht gedrängten Feldes scheute. Sie lotsten ihren Fahrer in eine Fünfsekunden-Lücke hinter Hülkenberg, Sainz und Perez. Zwei Runden nach dem Stopp lag der Ferrari-Pilot virtuell schon in Führung.
Dann zeigte es das Schicksal gnädig mit dem Titelverteidiger. Das SafetyCar rückte aus. Normalerweise ein Garantieschein, dass bei 18 Sekunden Differenz der Führende in Führung bleibt. Doch bei Mercedes ging schief, was schiefgehen konnte. Schon beim Start hatten die Heizdecken wegen eines defekten Generators versagt. Das trieb bei Bottas die Reifendrücke nach oben. Ein Stromausfall legte die Schlagschrauber fast lahm. Der Boxenstopp von Bottas dauerte 3,6 Sekunden länger als der von Vettel. Und das spülte den Ferrari an die Spitze.
Der Domino-Effekt beim Boxenstopp./strong>
Lewis Hamilton hat in den Strategiesitzungen gut aufgepasst. Er wusste, dass er bei einem SafetyCar und einem Doppel-Stopp fünf Sekunden zwischen sich und den Teamkollegen legen musste, um nicht warten zu müssen. Sonst profitieren die Autos dahinter. In diesem Fall Daniel Ricciardo. Das Öffnen der Lücke muss vorsichtig und auf der Rennstrecke passieren. Seitdem Michael Schumacher und Rubens Barrichello beim GP USA 2004 dieses Spiel einmal auf die Spitze trieben, ist offensichtliches Blockieren verboten.
Als Hamilton mit Ricciardo im Schlepptau in die Boxengasse einbog, passierten viele Dinge auf einmal. Hamilton sprach von einem Domino-Effekt. Er hatte 4,7 Sekunden Luft, sah wie Bottas Probleme beim Boxenstopp hatte und Ricciardo von hinten drängelte. Da Überholen in der Boxengasse in einer SafetyCar-Phase erlaubt ist, musste Hamilton langsam fahren und Ricciardo am Vorbeifahren hindern. Das alles war zu viel auf einmal. Hamilton bummelte zu extrem. Die Sportkommissare verdonnerten ihn zu 5 Sekunden Strafe. Und hinter Ricciardo fiel er auch noch. „Ich muss mich beim Team entschuldigen. Das geht voll auf meine Kappe“, leistete Hamilton Abbitte.
Kaum war Hamilton an Ricciardo wieder vorbei, hing er hinter Bottas fest. Der Finne kam auch im Mittel-Stint nicht auf Tempo. Schnell war klar, dass Hamilton auf den Soft-Reifen schneller fahren konnte als sein Stallrivale auf Supersoft. Es dauerte aber noch 10 Runden, bis Mercedes die Reihenfolge umdrehte. So wie sich Ferrari in Shanghai nicht traute, Räikkönen zu bitten Vettel vorbeizulassen, zögerte auch Mercedes. „Es ist zu früh in der Saison für solche Entscheidungen“, räumte Teamchef Toto Wolff ein. Erst als Bottas der Aufforderung nicht nachkommen konnte, das Tempo anzuziehen, kam der Befehl zum Platztausch. Bitter für Bottas, dass ihm das später im Rennen noch ein zweites Mal passierte.
Auf Soft-Reifen schneller als auf Supersoft
Der Schaden war längst angerichtet. Vettels zweiter Boxenstopp brachte Hamilton zwar für acht Runden in Führung, doch zusammen mit der Strafe war der Nachteil bereits viel zu groß. Auch wenn der Mercedes mit der Startnummer 44 plötzlich wie eine Rakete lief. Dass sich die Ingenieure für Hamiltons Schluss-Stint für einen gebrauchten Satz Soft und gegen eine frische Garnitur Supersoft entschieden, spricht Bände. Der Mercedes hatte wie in Melbourne ein Problem mit der weichsten Reifenmischung. „Für uns war der Soft der schnellere Reifen“, bestätigte Wolff.
Die Hinterreifen wurden zu heiß. Warum das so ist, könnte zur wichtigsten Frage des Jahres werden. Liegt es an den Temperaturen, am Fahrzeuggewicht abhängig vom Tankinhalt, am Aufwärmprozess? Noch gibt es mehr Fragen als Antworten. „Das ist unser Schwachpunkt. Irgendwie scheinen bei uns die Reifen auseinanderzufallen“, gibt Hamilton zu. Bottas machte noch eine interessante Aussage: „Unsere Werkzeuge reichen im Moment noch nicht aus, das zu korrigieren.“ Offenbar hat Mercedes die Reifendrücke und damit die Temperaturen noch nicht so im Griff wie im Vorjahr.
Mercedes stolpert über viele kleine Probleme
In Australien fiel die Analyse der Niederlage einfach aus. Nicht das Boxenstopp.Timing war schuld, sondern dass Ferrari im Rennen das schnellere Auto hatte. In Bahrain lag der Fall laut Wolff komplizierter: „Diesmal waren es viele kleine Gründe. Das Generator-Problem in der Startaufstellung, Vettel auf Platz 2 nach dem Start, der Undercut von Ferrari, die Probleme beim Boxenstopp.“
Nach dem dritten Rennen ist klar. Gegen diesen Ferrari braucht Mercedes einen perfekten Renntag. Jeder kleine Fehler kann das Pendel Richtung Rot ausschlagen lassen. „Wir müssen alle unser Bestes geben, wenn wir Ferrari schlagen wollen. Im letzten Jahr hat es gereicht, dass ich fünf Mal das Maximum abgeliefert habe. Das ist jetzt zu wenig.“