Mercedes stellt Ferrari-Rekord ein
Mercedes hat den Rekord von Ferrari eingestellt. Fünf Mal in Folge Weltmeister der Fahrer und Konstrukteure. Doch der Weg zum Sieg war eine Zitterpartie.
Der fünfte Konstrukteurs-Titel von Mercedes in Folge hätte einen würdigeren Rahmen verdient. Doch nach dem GP Brasilien sprachen alle über die Kollision zwischen Max Verstappen und Esteban Ocon und dem Handgemenge zwischen den beiden Hitzköpfen im Parc fermé.
So ging die historische Leistung von Mercedes fast unter. Seit 2014 stellt die Marke mit dem Stern ununterbrochen den Fahrer- und Konstrukteurs-Weltmeister. Das ist zuvor nur Ferrari und Michael Schumacher in den Jahren 2000 bis 2004 gelungen. Bei Mercedes teilten sich die Fahrer-Titel auf zwei Fahrer auf: Vier Mal Lewis Hamilton und ein Mal Nico Rosberg.#
Gegenseitiges Lob
Mercedes-Teamchef Toto Wolff wusste, wem er die Titelflut zu verdanken hat. Seinem Superstar Hamilton und einem Team, das in allen Position perfekt besetzt ist: „Wir wären ohne Lewis nicht fünf Mal Weltmeister geworden, und Lewis nicht ohne ein großartiges Team hinter ihm.“ Hamilton gab den Dank zurück. „Es ist für mich eine Ehre, für dieses Team fahren zu dürfen. Sie geben mir das Werkzeug, und ich versuche das Beste daraus zu machen. Manchmal auch ein bisschen mehr. Aber dafür lebe ich.“ Der Konstrukteurs-Titel war ihm eine Herzensangelegenheit. „Lewis konnte sich über die Fahrermeisterschaft in Mexiko gar nicht so richtig freuen. Er wollte unbedingt auch den Titel für das Team gewinnen“, berichtete Wolff.
Der Österreicher konnte gar nicht glauben, was sein Team an diesem 11. November zu Ende gebracht hat. „Wir haben mit der Einstellung des Ferrari-Rekordes etwas scheinbar Unerreichbares erreicht. Ich bin unendlich dankbar, dass wir das erleben durften.“ Eine Kleinigkeit muss Mercedes allerdings noch erledigen, wenn man mit Ferrari wirklich auf einer Stufe stehen will. Dazu muss 2019 noch ein Konstrukteurs-Pokal her. Ferrari hatte nämlich schon 1999 den Marken-Titel gewonnen, die Fahrer-WM aber an Mika Häkkinen und McLaren verloren.
Erst Blasen hinten, dann vorne
Der GP Brasilien war für Mercedes das dritte Rennen in Folge, das von Problemen mit den Reifen geprägt war. Und wieder hatte es nichts mit den Schwierigkeiten in Austin und Mexiko zu tun. „Es war ein drittes Szenario“, erklärten die Ingenieure. Toto Wolff stellte klar: „Es kann versichern, dass der Verzicht auf die gelochten Distanzstücke in den Felgen keine Rolle gespielt hat. Dafür waren die Gründe dafür zu verschieden. Wir wollten nur einen wochenlangen Gerichtsstreit vermeiden, für den Fall, dass einer protestiert.“
Im ersten Stint hatten die Mercedes.Fahrer mit Hitzenestern auf den Hinterreifen zu tun. Das erinnerte entfernt an Austin, hatte aber andere Gründe. Die Fahrer stellten daraufhin ihre Fahrweise um und nahmen die Vorderräder entsprechend härter ran. Dabei bildete sich bei Hamiltons Auto eine ganze Serie von Blasen. Deutlich zu sehen über die gesamte Lauffläche auf der Außenschulter. Das aber hat nicht Hamiltons Renntempo gebremst. „Mit Blasen vorne kann man praktisch ohne Zeitverlust fahren“, bestätigten die Ingenieure. Sie wiesen auch darauf hin, dass Hamilton 52 Runden auf dem Medium-Satz durchgehalten hat. Nur einer fuhr länger mit dem Medium-Gummi, und das war Sergey Sirotkin.
Hamilton-Motor kurz vor dem Kollaps
Hamilton hatte ganz andere Sorgen. Kurz vor dem ersten Boxenstopp entdeckten die Motorentechniker anhand der Daten ein gravierendes Problem mit dem Motor. Nach einem hitzigen Funkverkehr wurde Hamilton gebeten, auf ein moderateres Motorprogramm umzuschalten. Deshalb hatte er beim Angriff von Max Verstappen in der 39. Runde nicht den Hauch einer Chance. Verstappen hängte den Mercedes noch vor dem Zielstrich ab. Hamilton erinnerte sich: „Ich habe mit meinem Auto gesprochen und gebettelt: Komm, halte durch, halte einfach nur durch.“
Da sich die Probleme mit der Antriebseinheit verschlimmerten, musste Hamilton im letzten Rennviertel noch einmal die Leistung dramatisch zurückdrehen. „Er hat wegen der Motorprobleme rund vier Zehntel pro Runde verloren“, hieß es bei Mercedes. Toto Wolff gab zu: „Wir bekamen die Meldung, dass ein Motorschaden kurz bevorsteht. Die Jungs in der Garage haben dieses Problem gelöst, Gott weiß wie.“ Hamilton bekam via Funk eine Anleitung, wie er welche Schalter zu verstellen habe, um noch ins Ziel zu kommen.
Doch was passierte wirklich? Der Auspuff bekam einen Riss, und im Handumdrehen stiegen die Motortemperaturen über die 1000 Grad-Marke. „Ich habe von unseren Motorexperten die Infirmation bekommen, dass der Motor in der nächsten Runde hochgeht“, erinnert sich Wolff an die entscheidenden Minuten in der Box. Hamilton drehte die Power so weit zurück, dass die Temperaturen auf 980 Grad sanken. „Das war zwar immer noch zu hoch“, so Wolff. „Aber wir haben Runde für Runde überlebt.“
Max Verstappen war für den Weltmeister gar kein direkter Gegner. „Unsere Aufgabe war es, vor den Ferrari zu bleiben. Deshalb sind wir Max auch nicht hinterhergefahren. Für Lewis ging es nur darum, sein Auto auf den Medium-Reifen bis ins Ziel zu fahren“, räumte Wolff ein. Valtteri Bottas fuhr wieder einmal ein unglückliches Rennen. Als ihn Daniel Ricciardo vom 4. Platz verdrängt hatte, holte ihn Mercedes zu einem zweiten Stopp an die Box. „Der Platz war verloren, und wir hatten noch Luft auf Vettel. Warum etwas riskieren, vor allem für den Fall eines Safety Cars. Der zweite Satz von Valtteri hätte auch bis zum Ende durchgehalten.“