0,22 Sekunden entscheiden in Bahrain

Der fünfte Startplatz ist die Pole Position für alle Fahrer, die nicht in einem Mercedes oder Red Bull sitzen. Den Kampf um die beste Ausgangsposition im Mittelfeld gewann Sergio Perez. Genauso gut aber hätte auch Lando Norris auf Platz 5 stehen können. Ihm fehlten nur 22 Hundertstel auf den Racing Point.
Der Kampf um den dritten Platz in der Konstrukteurs-Wertung wird diese Weltmeisterschaft bis zum Finale in Abu Dhabi am Leben erhalten. Er ist in der Punktetabelle so eng wie auf der Rennstrecke. Racing Point, McLaren und Renault sind ständige Teilnehmer des Rennens im Rennen. Je nach Strecke kommen mal Ferrari, mal Alpha Tauri dazu. In der Türkei bremste Ferrari die Stammgäste in dieser separaten Wertung mit seinem besten Rennen des Jahres aus und brachte sich selbst noch einmal ins Spiel. Alpha Tauri hatte sich beim 14. WM-Lauf diskret aus diesem Club verabschiedet. Diesmal war es umgekehrt. Alpha Tauri brachte beide Autos ins Q3. Ferrari keines.
So ganz zufrieden konnte eigentlich nur Renault sein. Mit Daniel Ricciardo und Esteban Ocon auf den Plätzen 6 und 7 gelang den Franzosen die beste Mannschaftsleistung. Wenn man 18 Punkte auf Racing Point aufholen muss und 13 Zähler auf McLaren, ist das schon einmal ein guter Anfang. Trotzdem fand Ricciardo ein Haar in der Suppe: "Ich habe im Q1 zwei Satz Soft-Reifen verbraucht und hatte deshalb im Q3 nur noch einen Schuss frei. Vielleicht hat das den Unterschied zu Perez gemacht."
Sergio Perez wiederum war sich sicher, dass genau darin der Schlüssel zu seinem 5. Startplatz lag. "Ich habe mir im Q1 einen Satz Soft gespart. Im zweiten Versuch im Q3 habe ich genau die zwei Zehntel gefunden, die uns vor alle anderen gebracht haben. Hätte ich nicht noch in Kurve 13 ein bisschen Zeit verloren, wäre ich vielleicht auch noch vor Albon gestanden."
Der Fehler von Racing Point
Am Ende teilten sich alle fünf Teams im Mittelfeld Freud und Leid. Bei Renault war es Esteban Ocon, der die zwei Tausendstel verfluchte, die er auf Ricciardo verlor. "Jetzt fühle ich mich schon richtig wohl im Auto und bin so nah dran, da steht Daniel immer noch vor mir." Es wird wohl eine extra Ermahnung an die Fahrer erfordern, in der ersten Kurve nicht schon alles aus falschem Ehrgeiz wegzuwerfen. Renault kann sich keinen Ausfall leisten.
"Wir brauchen ein gutes Mannschaftsergebnis und haben mit dem Trainingsresultat eine vielversprechende Basis gelegt", freute sich Einsatzleiter Alan Permane. Von der Abstimmung setzte Renault auf Topspeed. Ricciardo und Ocon führten die Rangliste auf der Zielgerade klar an. Racing Point fehlten 2,5 km/h, McLaren 2,8 km/h und Alpha Tauri 4,7 km/h.
Racing Point hat mit der Zeit von Perez erneut gezeigt, dass der RP20 wahrscheinlich das schnellste Auto in diesem Trio ist. Doch in Bahrain ist der Rennstall aus Silverstone vorerst wieder nur ein Einmann-Team. Lance Stroll verpasste den Aufstieg ins Q3. Nicht aus eigener Schuld. Da muss sich das Team an die eigene Nase fassen. Stroll verschwendete schon im Q1 einen Satz Medium, um für das Q2 zu üben, durch das am Ende alle mit Medium-Reifen kommen wollten.
Damit hatte der Kanadier nur noch eine Garnitur Medium für das Q2. Und auf der musste er seinen Versuch wegen der roten Flagge mitten in der Runde abbrechen. Statt mit Soft-Reifen auf Nummer sicher zu gehen, montierte das Team den gebrauchten Medium-Satz noch einmal an das Auto. Auf dem war Stroll natürlich chancenlos. "Ein Missverständnis", entschuldigte sich Teamchef Otmar Szafnauer für Startplatz 13.
Sainz spielen Bremsen Streich
Auch McLaren brachte nur ein Auto in die Top Ten. Carlos Sainz drehte sich zu Beginn des Q2 beim Anbremsen der ersten Kurve und löste einen Abbruch aus, weil sich sein McLaren vom Unfallort nur durch einen Kran wegliften ließ. Die Hinterradbremsen hatten blockiert. "Das war schon deshalb extrem ärgerlich, weil ich wirklich gut unterwegs war. Das Auto ist geflogen. Ich bin auf dem ersten Satz Soft mit Leichtigkeit durchs Q1. Jetzt habe ich durch den Dreher einen Satz Medium verloren und auf Platz 15 noch nicht mal den Vorteil der freien Reifenwahl, weil vor mir alle auf Medium-Reifen starten werden", schimpfte der Spanier.
Auch der Teamkollege ärgerte sich. Lando Norris hatte das Gefühl, dass mehr drin lag als der 9.Startplatz. "Wenn ich eineinhalb Zehntel schneller fahre, stehe ich vier Plätze weiter vorne. Diese Zeit habe ich durch einen Fehler in der ersten Kurve hergeschenkt. Ich bin mit Übersteuern in die Kurve rein und hatte dann am Ausgang zu viel Schlupf. Nach dem Problem von Carlos lag die ganze Erwartung vom Team auf mir, und ich habe sie nicht erfüllt. Deshalb bin ich echt enttäuscht."
Auch bei Alpha Tauri wurde man das Gefühl nicht los, dass da mehr drin lag als die Startplätze 8 und 10. Pierre Gasly hatte mit dem fünften Platz im Q1 angedeutet, dass Bahrain eine Strecke ist, die dem AT01 passt. Auch Daniil Kvyat war immer ein Kandidat für die Top Ten. "Ich freue mich für das Team, dass wir beide Autos ins Q3 gebracht haben, aber tief in mir selbst bin ich enttäuscht. Ich hatte das Gefühl, dass wir hier gut genug für die dritte Startreihe waren. Es hat ja auch nur ein Zehntel dorthin gefehlt." Auch Kvyat sah Raum für Verbesserung: "Ich habe in meine schnellste Runde zwei kleine Fehler eingebaut."
Ein kleines Zahlenspiel zum Abschluss. Wäre die Startaufstellung das Rennergebnis, dann stünde es jetzt wie folgt: Racing Point 164 Punkte, McLaren 151, Renault 150, Ferrari 130 und Alpha Tauri 94.