Perez mit Überraschungseffekt
Es war ein ungleiches Duell. Lando Norris musste mit Soft-Reifen starten und bezahlte am Ende für seinen sechsten Startplatz einen Preis. Sergio Perez trickste den McLaren-Fahrer in der letzten Runde aus. Norris war sauer mit sich selbst. Der eine Fehler verdarb ihm die Freude über ein ansonsten respektables Rennen.
Abu Dhabi zählt zu den Rennstrecken, auf denen man als Mittelfeld-Team lieber nicht ins Q3 fährt. Weil einem dann der Soft-Reifen zum Start aufgezwungen wird. Und weil der nicht lange hält, ist man entweder gezwungen, einen langen zweiten Stint zu überleben, oder man entscheidet sich für zwei Boxenstopps. Lando Norris wählte die erste Variante. Und er machte sich das Leben selbst schwer. „Ich musste den Boxenstopp schon auf die achte Runde vorziehen, weil ich mir in Kurve 17 vor dem Tunnel die Reifen eckig gebremst hatte. Das war etwas früher als geplant.“
Damit musste der Satz harte Reifen 46 Runden lang halten. Eine Titanenaufgabe, vor allem mitten im Pulverdampf eines Vierkampfes. Norris hatte zunächst ständig Nico Hülkenberg, Carlos Sainz und Daniel Ricciardo im Rückspiegel. Nach dem zweiten Stopp von Sainz und Ricciardo blieb nur noch Hülkenberg übrig. Doch von weiter hinten drohte weitere Gefahr. Sergio Perez und Daniil Kvyat begannen in der zweiten Rennhälfte Kapital aus ihrer freien Reifenwahl zu schlagen und das Feld von hinten aufzurollen. Perez wählte Medium und Hart, Kvyat das Gegenteil. Die Taktik des Russen war wahrscheinlich noch besser, aber es dauerte zu lange, bis er sich freigeschwommen hatte. Da wurde ihm bereits ein Rückstand von 11,5 Sekunden auf Perez angezeigt.
Kaum Zeit, Reifen zu schonen
Im Rückblick stellte sich heraus, dass die Verlierer am Samstag die Gewinner am Sonntag waren. Norris räumte ein: „Die Strategie Medium-Hart oder Hart-Medium war schneller. Wir wussten das aber schon vor dem Start. Perez und Kvyat hatten auf den Startplätzen 10 und 13 die besseren Karten als wir. Wir wussten, dass sie irgendwann kommen würden. Ich war überrascht, dass ich sie so lange aufhalten konnte. Die Racing Point waren sauschnell auf den Geraden, und Perez hatte viel frischere Reifen als ich.“
Zum Reifenschonen hatte der jüngste Fahrer der Formel 1 nicht viel Zeit. „Ich bin das ganze Rennen mit jemand in meinem Rückspiegel gefahren. Da war immer einer, der zwei Sekunden und weniger hinter mir lag. Obwohl meine Reifen langsam nachließen, konnte ich noch ganz gut Speed halten. Ich war mit vielen Dingen happy in diesem Rennen, nur mit der letzten Runde nicht.“
Die Szene, über die sich Norris so aufregte, fand in Kurve 11 in der letzten Runde statt. Perez beschreibt sie als eines der besten Überholmanöver seiner Karriere: „Er ist innen reingetaucht, um die Spur dichtzumachen. Da bin ich außen herum den langen Weg an ihm vorbei. Lando war sehr fair. Es war eng, aber er hat mir Platz gelassen. Er war aggressiv, hat aber keinen dummen Fehler gemacht.“ Aus Sicht von Norris war es ein Fehler: „Ich war nicht aggressiv genug, habe ihm die Aktion nicht aufgezwungen. Deshalb bin ich enttäuscht mit mir. Ich habe zu früh die Bremsen gelöst und nicht erwartet, dass er mich außen angreifen wird. Diesen Platz hätte ich ihm nicht geben dürfen. Der Rest des Rennens war gut, aber es wurde in diesem einen Moment zerstört.“
Kvyat erlöst sich mit starkem Finale
Perez hätte schon früher auf Norris aufschließen können, doch auch der Mexikaner hatte seine Probleme: „Gasly hat mich in der ersten Kurve von hinten angeschoben. Danach fühlte sich das Auto in den schnellen Kurven etwas komisch an. Ich glaube aber nicht, dass es beschädigt war. Trotzdem habe ich eine Position an Magnussen verloren. Da habe ich viel Zeit liegenlassen. Dann ging es nur darum, Geduld zu wahren. Wir haben die vorne alle mal ihren Boxenstopps machen lassen. Als das passiert war, habe ich Gas gegeben, um so dicht wie möglich auf die Gruppe mit McLaren und Renault aufzuschließen.“
Perez war aber nicht nur auf Ricciardo, Sainz, Hülkenberg und Norris fokussiert, die er innerhalb von 15 Runden inhaliert hat. Er musste auch seinen Blick nach hinten richten. Da war noch einer schneller als er. „Kvyat war sehr stark am Ende des ersten Stints. Deshalb mussten wir den Boxenstopp etwas vorziehen, um einen Undercut zu vermeiden.“ Der Toro Rosso-Fahrer erzählte: „Das mit dem Undercut wäre knapp geworden. Als ich an die Box gerufen wurde, war Perez schon da. Ich glaube, wir haben heute trotzdem alles richtig gemacht.“ Kvyat war froh, beim Finale eine Serie schwacher Rennen durchbrochen zu haben: „So wollte ich mich aus dieser Saison verabschieden. Mit einem perfekten Rennen. Ich bekam, alle zwei Runden auf den harten Reifen einen Zwischenbericht. Da wusste ich schon, dass wir auf Punktekurs waren. Der erste Stint war extrem wichtig für das Gesamtergebnis.“