Das Rennwochenende in Silverstone hat einige Verschiebungen im
Kräfteverhältnis ergeben. Hier haben wir die Leistungen aller zehn
Teams in unserem Formcheck analysiert ...
1. Mercedes - Es gibt die Formel Mercedes und die Formel 1. Die
Silberpfeile nahmen dem Rest der Welt in der Qualifikation mehr als
eine Sekunde ab. Im Rennen reduzierte sich der Vorsprung auf eine
halbe Sekunde pro Runde. Auch deshalb, weil Mercedes von Anfang an
auf die Reifen aufpassen musste. 39 Runden auf dem harten Satz
waren am Ende zwei zu viel.
Auf den Geraden verloren die Red Bull nur 0,15 Sekunden auf die
Mercedes. Der größte Unterschied liegt in den schnellen Kurven, dem
einstigen Territorium von Red Bull. Da kann das Team aber nicht nur
Honda die Schuld geben. Offenbar kommt es am RB16 immer noch zu
Strömungsabriss, wenn er bei hohen Fliehkräften in den Seilen
hängt.
3. Ferrari - Silverstone ist auf dem Papier keine
Ferrari-Strecke. Bei 81 Prozent Volllast tut es weh, wenn zur
Konkurrenz 50 bis 60 PS fehlen. Auch der hohe Luftwiderstand des
SF1000 bremst. Die Ingenieure folgten diesmal ihren
Simulationsprogrammen, die ausgerechnet hatten, dass weniger
Abtrieb mehr ist. Es funktionierte. Leclerc war klar der
viertschnellste Mann in Silverstone.
Ferrari war wieder einmal nicht in der Lage, zwei Autos
gleichwertig vorzubereiten. Vettel verlor viel Trainingszeit wegen
technischer Probleme. Das war aber nicht der einzige Grund, warum
er teilweise eine Sekunde hinter Leclerc lag. Vettel fand weder
Rhythmus noch Vertrauen. Er konnte im Rennen nicht mal mit Gasly im
Alpha Tauri mithalten.
5. McLaren - Zum vierten Mal brachte McLaren beide Autos ins Q3.
Das spricht für die Allround-Qualitäten des MCL35. Er hat keine
wirklichen Schwächen. Es fehlt nach vorne nur noch ein bisschen
Speed. Mal ist Racing Point schneller, mal Ferrari. Diesmal musste
man sich sogar Renault geschlagen geben. Doch die Konstanz zahlt
sich aus. McLaren ist weiter Dritter in der Konstrukteurs-WM.
Die Designabteilung von McLaren arbeitet weiter unter Volldampf.
Schon wieder kamen neue Teile ans Auto. Es dauerte wegen des
starken Windes und dem Temperatursturz von Freitag auf Samstag eine
Weile, bis die Ingenieure den neuen Frontflügel und modifizierten
Unterboden bewerten konnte. Teamchef Andreas Seidl sprach von einem
Fortschritt. Trotzdem fehlten auf Ferrari drei Zehntel.
6. Racing Point - Racing Point fuhr als ein Kandidat für das
Podium nach Silverstone. In dem Auto steckt so viel Mercedes, dass
auch der RP20 in den schnellen Kurven eine Macht sein sollte. Der
Freitag schien die Prognosen noch zu bestätigen. Doch mit den
Temperaturen stürzte auch Racing Point am Samstag ab. Im ersten
Sektor, wo Power zählt, hinkte man eine halbe Sekunde hinter
Mercedes her. Bei gleichem Motor kann das nur einen Grund haben.
Racing Point fuhr mit zu viel Abtrieb.
Möglicherweise war zu viel Selbstvertrauen im Spiel. Racing
Point schickte beide Fahrer im Q2 mit Medium-Reifen auf die Bahn.
Auch Hülkenberg, der bis dahin erst 66 Runden in dem Auto abgespult
hatte. Das war eindeutig zu ambitioniert. Hülkenberg musste sich
erst einmal an das neue Auto und die neuen Systeme gewöhnen. Und
Stroll wirkte ohne seinen angestammten Sparringspartner Perez
verloren. Der Kanadier ist halt kein Teamkapitän.
7. Alpha Tauri - Alpha Tauri knabbert am Rückstand auf das
Mittelfeld. Wieder wurden neue Aero-Teile ausgepackt. Gasly
verfehlte das Q3 mit dem knappsten aller Abstände. 0,0 Sekunden. Er
fuhr seine Zeit später als Stroll. Dafür drehte der Franzose im
Rennen groß auf. Er schonte klug seine Reifen und stürmte im Finale
auf Platz 7. Auf die Mittelfeld-Teams fehlen trotzdem noch zwei
Zehntel.
10. Alfa Romeo - Zwischen Haas und Alfa Romeo geht es um
Hunderstelsekunden. Das US-Team hatte leicht die Nase vorn, obwohl
sich die Autos aus Hinwil dank eines Upgrades auf einer Runde
leicht verbessert zeigten. Giovinazzi hielt sich im Rennen sogar
eine Zeitlang im Windschatten von Vettel. Im Rückblick waren beide
Ferrari-Kundenteams mit zu viel Abtrieb unterwegs. Ferrari zeigte,
was in Silverstone Priorität hat.