Auf Mercedes fehlt ein Stück
Mercedes hat wieder das schnellste Auto gebaut. Red Bull hofft, durch Upgrades noch den Anschluss zu schaffen. Max Verstappen vermeldet nach der ersten Testwoche: „Das Paket fühlt sich stimmiger an.“
Es ist das letzte Jahr vor der Regelrevolution. Red Bull lässt trotzdem keinen Stein auf dem anderen. Der RB16 wurde grundlegend überarbeitet. Heraus sticht die Nase mit den fünf Löchern. Die Ingenieure sind aber stolzer auf ihre Lösungen für die Vorder- und Hinterachse. Da hat sich Red Bull einiges einfallen lassen. Trotzdem redet kaum einer darüber, weil das DAS-System von Mercedes alles überlagert.
Keine Panik bei Red Bull
Die Silberpfeile überstrahlten die Konkurrenz in der ersten Testwoche auch bei den Rundenzeiten. Die Red Bull-Piloten verzichteten zwar darauf, Showrunden zu drehen. Trotzdem gab man im Lager des WM-Dritten des Vorjahres unumwunden zu: Mercedes hat das schnellste Auto.
Panik kommt deshalb nicht auf. „Ich bin weder zuversichtlich noch in Sorge. Wir arbeiten unser Programm ab. Das ist das einzige, was in unserer Hand liegt“, sagt Red Bulls Starpilot Max Verstappen. Der 22-jährige Holländer erzielte Red Bulls beste Rundenzeit der ersten Testwoche von 1:17.516 Minuten bereits am ersten Tag. Zeitpunkt und Rückstand auf Mercedes von 1,784 Sekunden verdeutlichen, dass das Team aus Milton Keynes nicht auf Bestzeiten aus war.
Der Plan, den man vor der ersten Testwoche aufgestellt hatte, sei aufgegangen. Red Bull wollte möglichst viele Kilometer abstrampeln. Es sind 2.193 Kilometer oder 471 Runden geworden. Mehr schaffte nur Mercedes. Die Silberpfeile drehten an drei Tagen 494 Runden oder 2.300 Kilometer. „Runden sind für uns zu diesem Zeitpunkt wichtiger als Rundenzeiten. Es geht darum, das neue Auto abzuklopfen, zu lernen, zu verstehen. Ich kann mich über das Fahrverhalten jedenfalls nicht beklagen“, resümiert Verstappen.
Zuverlässigkeit hat Priorität
Red Bull betreibt den Honda-V6 noch abseits der höchsten Powerstufen. Die Antriebseinheit läuft zuverlässig. Anomalien in den Datensätzen entpuppten sich am Donnerstag als Ente. Trotzdem hatten die Mechaniker in der Mittagspause zur Sicherheit den V6-Turbo ausgebaut. Nach ausgiebigen Untersuchungen wurde Motor Nummer eins für den Freitag wieder zwischen Cockpit und Hinterachse eingepflanzt.
Der neue Sechszylinder soll nicht nur mehr Leistung haben, sondern auch zuverlässiger sein. Im Gegensatz zum letzten Jahr kalkuliert Red Bull keine Startplatzstrafen ein. Man will mit drei Triebwerken durch die 21 Rennen kommen. „Deshalb sichern wir zunächst die Zuverlässigkeit ab. Und mit einem standfesten Auto schaffen wir die Basis für die Weiterentwicklung des Autos. Wer zuverlässig ist, kann in der Saison aggressiv entwickeln“, sagen die Ingenieure.
Die Entwicklungsmaschine läuft bereits auf vollen Touren. Red Bull verspricht bis zum Saisonstart noch größere Umbauten. Das Team zählt Frontflügel, Bargeboards und Unterboden auf. Red Bull muss aufrüsten. Die Rennsimulationen – bei Testfahrten die harte Währung – offenbarten, dass auf Mercedes eher eine halbe Sekunde fehlt, als nur ein paar Zehntel. Die Ingenieure relativieren. „Wir sind nicht so weit weg, wie es den Anschein hat.“
Rätsel um Ferrari
Rundenzeit lässt sich auch noch über das Setup finden. Noch hat sich Red Bull nicht an das Feintuning des Auto gemacht. „Uns ging es nicht darum, das perfekte Setup zu finden. Dafür hätten wir nach jeder Ausfahrt das Auto umbauen müssen. Wir haben es aber oftmals nicht angefasst, um uns nicht zu verwirren. Die Zuverlässigkeit hatte Priorität“, erzählt Verstappen. Der achtmalige GP-Sieger fühlt sich im RB16 schon heimisch. „Das Paket fühlt sich stimmiger an. Vorder- und Hinterachse sind eine bessere Einheit.“ Verstappen sieht aber auch Bedarf. „Es gibt immer Verbesserungsmöglichkeiten.“
Die Wahrheit über das Kräfteverhältnis werde man erst in Melbourne erfahren. In Australien wird sich zeigen, wie weit voneinander entfernt oder doch wie nah zusammen die drei Topteams sind. Während Red Bull vom neuen Mercedes W11 viel hält, ist dem Team der Ferrari SF1000 ein Rätsel. „Sie scheinen Probleme zu haben. Ferrari ist noch keine Rennsimulation angegangen. Deshalb sind sie schwer zu lesen. Wir sehen uns aber vor ihnen.“