Red Bull trotzdem Favorit in Bahrain?

Nach dem Training hatte Red Bull leise Hoffnungen. Doch in der Nacht von Bahrain war Mercedes mal wieder zu schnell für einen tapfer kämpfenden Max Verstappen. Red Bull verzeichnet Fortschritte, doch der Rückstand wollte in der Qualifikation nicht schrumpfen.
Max Verstappen landete auf seiner angestammten Position. Zum neunten Mal in dieser Saison startet der WM-Dritte vom dritten Startplatz. Wieder waren die Mercedes zu schnell für Red Bull. Dieses Mal trennten Verstappen 0,414 Sekunden von der Pole Position und 0,125 Sekunden von der ersten Startreihe. Vertretbar auf einer Power-Strecke wie Bahrain, wo die Fahrer auf 4.059 der 5.412 Meter Vollgas geben.
Trotzdem war man bei Red Bull ein wenig enttäuscht. Insgeheim hoffte man nach dem dritten Training, das Verstappen mit mehr als zweieinhalb Zehnteln angeführt hatte, auf ein besseres Ergebnis. Oder zumindest einen geringeren Rückstand. "Wir sind nicht so konkurrenzfähig gewesen, wie wir uns das gewünscht haben", hielt die Speerspitze des Teams fest.
In allen Sektoren langsamer
Verstappen war mit 317,4 km/h der langsamste am Ende der Zielgeraden, doch die beiden Mercedes waren kaum schneller. Das spricht dafür, dass beide Teams möglichst viel Abtrieb aufgesattelt haben, um im Rennen besser die heiklen Hinterreifen schonen zu können. In den einzelnen Sektoren ist Verstappen jeweils Dritter hinter den schwarzen Silberpfeilen. Er verliert durchgängig. Ein Zehntel im ersten Abschnitt, eins im mittleren und zwei hinten heraus.
Mit dem Fahrverhalten seines Red Bull war der Drittplatzierte nicht ganz zufrieden. Am Funk sprach der neunmalige GP-Sieger zwischendurch von zu heißen Reifen. Generell bemängelte Verstappen fehlende Haftung. "Es fehlte in den langsamen Kurven Grip auf der Hinterachse." Davon berichtete auch der Teamkollege. "Im dritten Training hatte ich noch ein untersteuerndes Auto in den langsamen Kurven. In der Qualifikation hat es sich umgedreht." Alexander Albon landete auf dem vierten Platz – sechs Zehntel weg vom Teamkollegen.
Red Bull verzeichnete Fortschritte. Die Entwicklungsabteilung in Milton Keynes rüstet den RB16 weiter unermüdlich auf. In vielen kleinen Schritten. "Unsere Weiterentwicklungen tragen Früchte. Wir sind noch einmal besser geworden als in der Türkei", sprach Sportchef Helmut Marko in die TV-Mikrofone. Doch alle Schwächen können die Ingenieure dem Auto in diesem Jahr nicht mehr austreiben. Dafür sind größere Eingriffe nötig. "Die können wir erst mit dem nächstjährigen Auto angehen", sagt Verstappen.
Die Mercedes.Entwicklungsabteilung mag sich zwar seit Monaten auf das 2021er Auto konzentrieren. Trotzdem gibt es bei den Weltmeistern keinen Stillstand. Deshalb hält man sich weiter vorn. "Unser Verständnis wird mit jedem Rennen besser", erklärt Lewis Hamilton. "Wir wissen, was das Auto braucht und wie wir mehr aus den Reifen herausholen können. Das ist ein ständiger Lernprozess."
Dummer Fehler am Freitag
Der Weltmeister hält den Red Bull in seinem Rücken trotz der errungen Pole Position für den leichten Favoriten im Rennen. "Sie haben nach den Trainingseindrücken im Longrun potenziell das schnellere Auto." Verstappen will das nicht unterschreiben. "Mercedes hat wie üblich am Samstag zugelegt. Es wird schwer, sie zu schlagen. Hoffentlich haben wir mit dem Setup den richtigen Kompromiss gefunden, um die Reifen zu schonen."
Red Bull hofft, dass die Reifen zum Joker werden. Man hat sich in den Trainings einen Satz mehr der härteren Mischung aufgespart als Mercedes. Damit will man Mercedes auf der reifenmordenden Strecke von Bahrain in die Knie zwingen. Andererseits hatten die Weltmeister in den letzten Rennen über die Distanz das reifenschonendere Auto.
Noch ein Wort zu Alexander Albon. Der vierte Platz war nach dem schweren Unfall vom Freitag eine akzeptable Antwort. Mehr hätten die Teamverantwortlichen angesichts der verlorenen Trainingszeit für die Abstimmung des Autos nicht verlangen können. Das fehlende Training erklärt einen Teil des Rückstands. Albon tadelte sich. "Das war gestern ein wirklich dummer Fehler. So dumm, dass ich ihn schnell vergessen konnte."
Dann dankte der Thailänder seiner Mannschaft. "Bei einem Team wie Red Bull gibt es keine Qualitätsunterschiede. Das neue Chassis hat sich praktisch so angefühlt wie das alte. Da ging es nur um Feinheiten beim Setup und das Selbstvertrauen." Im Rennen will Albon den Anschluss an die Spitzengruppe halten, um Verstappen im Kampf gegen die Mercedes zu helfen. "Hoffentlich kann ich sie so stören, dass sie ihre Strategie nicht fahren können." Das wäre das, was die Teamverantwortlichen sehen möchten. Albon hat noch drei Chancen, sein Cockpit bei Red Bull für 2021 zu sichern.