Ferrari-Pilot um Tausendstel zu langsam

Sebastian Vettel verpasste zum dritten Mal nach Spielberg 2 und Silverstone 2 die Top Ten. Am Ende fehlten ihm zwei Tausendstel zum Aufstieg ins Q3. Vettel notierte leichte Fortschritte, aber nicht genug. Er rätselt immer noch, warum er in bestimmten Kurven massiv Zeit verliert.
Barcelona ist für Ferrari ein schwierigeres Pflaster als Silverstone. Der Motor spielt zwar eine geringere Rolle als auf dem britischen Traditionskurs, dafür wird man auf dem Circuit de Catalunya für schlechte aerodynamische Effizienz bestraft. Weil alle nah am maximalen Abtrieb operieren. Ferrari fand sich auf den Geraden am Ende der Tabelle wieder. Hier konnte man die Konkurrenz nicht mit einer alternativen Abstimmung austricksen.
Die Quittung war der neunte Startplatz für Charles Leclerc, hinter beiden Red Bull, Racing Point und McLaren, knapp vor dem Alpha Tauri von Pierre Gasly. Es hätte aber genauso gut der sechste Platz sein können. Die zweite Hälfte in den Top Ten war nur durch 0,107 Sekunden getrennt. Leclerc beklagte sich über starkes Untersteuern, das im Verlauf der Qualifikation immer schlimmer wurde. "Ich habe es nicht geschafft, um das Problem herumzufahren."
Auch für Sebastian Vettel war es eine Frage von Millisekunden. Er verpasste das Q3 um zwei Tausendstel gegen Lando Norris und um fünf Tausendstel gegen Alexander Albon. Damit startet Vettel zum dritten Mal nach Spielberg 1 und Silverstone 2 außerhalb der Top Ten. Der Luxus der freien Reifenwahl weckt bei dem Deutschen keine große Euphorie: "Da kannst du kein Wunder aus der Tüte ziehen. Der Soft ist diesmal ein ordentlicher Rennreifen." Leclerc dagegen fürchtet, dass ihm die Medium-Starter in seinem Rücken im Rennen Probleme bereiten könnten. Unter dem Strich wäre es besser gewesen, den Sprung ins Q3 geschafft zu haben, entgegnete Vettel. "Aber dafür fehlte uns der Speed. Ich fühle mich einfach nicht komfortabel genug, um das Maximum aus dem Auto rauszuholen."
Keine Reaktion auf Reset-Knopf
Wie erwartet hat das neue Chassis nicht alle Probleme aus der Welt geschafft. Wenn es überhaupt etwas genutzt hat. Vielleicht kam Vettel auch einfach nur mit der Fahrzeugabstimmung Richtung mehr Anpressdruck besser zurecht. Er notierte jedenfalls im Vergleich zu Silverstone eine leichte Verbesserung, ist aber noch weit von seiner Normalform entfernt: "Es ist ein bisschen besser als in Silverstone, aber lange noch nicht gut genug. Vielleicht kann man in der kurzen Zeitspanne keine Wunder erwarten. Ich bin noch weit weg von einem guten Gefühl für das Auto. Jedes Mal wenn ich den Reset-Knopf drücke, gibt es Dinge, auf die ich keine Antwort weiß."
Ferraris Sorgenkind versuchte die Aufgabe methodisch anzugehen. "Ich habe konservativ begonnen, aber jedes Mal wenn ich versucht habe zu attackieren, haben mich die alten Probleme wieder eingeholt. Daraufhin habe ich versucht, alles zu geben und das zu ignorieren, was falsch sein könnte, habe es aber nicht geschafft, die richtige Balance im Auto zu finden." Bei den TV-Interviews wirkte Vettel müde und desillusioniert, Woche für Woche die gleichen Fragen, Woche für Woche das gleiche Rätsel. Er würde gerne eine Erklärung für seine Schwierigkeiten abgeben, allein schon deshalb, weil es ihn selber weiterbringen würde.
Vettel verliert in zwei Kurven
In einer Phase wie dieser gibt es für ihn nur einen Maßstab, und das ist sein Teamkollege. Der Vergleich zu den anderen Fahrern bringt Vettel im Moment nicht weiter. Sie sitzen in anderen Autos mit anderen Qualitäten und anderen Defiziten. Das Wochenende des Ex-Weltmeisters begann mit ähnlich unerklärlich großen Abständen zu Leclerc wie zuletzt in England. Doch Sitzung für Sitzung robbte sich Vettel näher an den Stallrivalen heran. Am Ende fehlten ihm in der zweiten K.O.-Runde der Qualifikation 0,215 Sekunden. Damit hat sich der Rückstand ungefähr halbiert. Was für Vettel kein Grund zur Zufriedenheit ist. "Die Qualifikation war eine der besseren Sitzungen, aber noch weit weg von einem guten Gefühl."
Wie schon in Silverstone fand es Vettel schwierig, die einzelnen Sektoren zu einer sauberen Runde zusammenzuhängen. "Diesmal habe ich im Mittelsektor verloren, speziell in den Kurven 5 und 7. Da war das Auto zu nervös. Beim Einlenken in Kurve 7 kam auf halbem Weg das Heck. Es war schwer einzuschätzen, wie viel Speed ich in die Kurve mit reinnehmen konnte." Der Vergleich zu Leclerc zeigt, dass der Abschnitt zwischen Kurve 4 und Kurve 10 der wunde Punkt für Vettel war. Dort blieben 0,404 Sekunden liegen. In den beiden anderen Streckensektionen fuhr der vierfache Weltmeister auf Augenhöhe mit dem jungen Kollegen. In Sektor 1 war er 0,132 Sekunden schneller, im dritten 0,065 Sekunden langsamer. Auch auf den Geraden Gleichstand: Auf der Zielgerade lag Vettel um drei km/h vorne, auf der Gegengerade um drei km/h dahinter.