Norris-Show beim Premieren-GP

Weil der echte Grand Prix von Bahrain ausfiel, haben die F1-Bosse das Wüstenrennen virtuell nachspielen lassen. Für die meisten Schlagzeilen sorgte Favorit Lando Norris, der am Ende aber nur auf Platz fünf landete.
Weil sich in der echten Motorsport-Welt aktuell kein Rad dreht, verlagern viele Profis ihr Training auf virtuelle Rennstrecken. Passend dazu bieten viele Serien gerade eigene kleine Rennserien auf verschiedenen Plattformen an. Parallel zum ursprünglichen Rennwochenende in Bahrain hat sich nun auch die Formel 1 aus der Deckung gewagt.
Im offiziellen Rennspiel der Serie, allerdings noch in der 2019er Version, wurde der Grand Prix zeitversetzt nachgespielt. In einer ersten Pressemitteilung wurde etwas voreilig die Teilnahme von den echten Formel-1-Piloten angekündigt. Am Ende waren mit Nicholas Latifi und Lando Norris aber nur zwei Stars aus der Königsklasse mit von der Partie.
Das Starterfeld konnte sich dennoch sehen lassen. Mit Nico Hülkenberg, Esteban Gutierrez, Stoffel Vandoorne, Johnny Herbert und Anthony Davidson waren immerhin noch eine Handvoll ehemaliger Grand-Prix-Fahrer am Start. Der Rest des Feldes wurde mit Sportlern aus anderen Bereichen und bekannten Persönlichkeiten der Sim-Racing-Welt aufgefüllt.
Norris holt sich Tipps per Telefon
Lando Norris ging wegen seiner großen Erfahrung im virtuellen Rennsport als Favorit in das Rennen. Doch pünktlich zum Qualifying stürzte der heimische Rechner des McLaren-Piloten ab, was einen Start aus der letzten Reihe nach sich zog. Über seinen persönlichen Stream entschied sich Norris spontan dazu, ein paar Kollegen aus dem Formel-1-Zirkus anzurufen, um sich Tipps für die Aufholjagd zu holen.
Die erste Nummer, die Norris wählte, war die von Kumpel Max Verstappen: "Ich würde Dir empfehlen, den Computer einfach auszuschalten", lautete der Rat des Red-Bull-Piloten. Verstappen selbst ist zwar auch in der virtuellen Rennszene aktiv, aber kein Freund des offiziellen F1-Spiels, das sich mehr an Hobby-Fahrer richtet und nicht mit realitätsnahen Simulationen mithalten kann. "Ich würde einfach in der ersten Kurve das halbe Feld abräumen und dann entgegen der Fahrtrichtung fahren", scherzte Verstappen.
Nach Verstappen rief Norris bei Teamkollege Carlos Sainz an. Der hatte etwas sinnvollere Ratschläge zu bieten: "Bei dem Fahrerfeld musst Du einfach nur einen sauberen Start erwischen. Dann solltest Du in der ersten Kurve schon in den Top Ten liegen", prophezeite der Spanier. "Danach fährst Du einfach so als würde ich die ganze Zeit vor Dir liegen."
Ingenieure helfen bei der Strategie
Weil sich die Pause zwischen Qualifying und Rennen wegen technischer Probleme länger als geplant hinzog, blieb auch noch Zeit McLaren-Boss Zak Brow anzurufen, bei dem sich Norris spaßeshalber für den schlechten Startplatz entschuldigte. Dann klingelte auch noch bei zwei McLaren-Strategen das Handy. Norris fragte die Ingenieure, mit welcher Reifenstrategie er das Rennen bestreiten solle.
Ein weiterer Anruf aus dem Norris-Wohnzimmer erreichte den letztjährigen Rookie-Kollegen George Russell: "Ich dachte ich ruf Dich mal an, weil Du doch letztes Jahr die meiste Erfahrung mit Starts von ganz hinten hattest", begrüßte Norris seinen Kumpel, der bei Williams unter Vertrag steht.
Nach dem sehr unterhaltsamen Telefon-Marathon waren die Organisatoren endlich bereit, das Rennen zu starten. Wegen der ungeplanten Verzögerung wurde die Distanz jedoch kurzerhand halbiert. Und kaum ging es in die Einführungsrunde, stürzte der heimische Rechner von Norris erneut ab.
Aufholjagd von Lando-Bot
Während der Youngster seinen Rechner erneut hochfuhr, schickte das Spiel in Vertretung ein sogenanntes Bot-Auto ins Rennen, das von der künstlichen Intelligenz gesteuert wurde. "Lando-Bot" schob sich Position um Position nach vorne. Als der echte Norris den Rennwagen in der zehnten von 14 Runden wieder übernahm, lag der virtuelle McLaren immerhin schon auf Rang drei.
Allerdings war Norris im Gegensatz zu den meisten Konkurrenten noch nicht zum Pflichtboxenstopp abgebogen. Der Reifenwechsel warf den Briten auf Rang fünf zurück. Beim Kampf um Platz vier wurde der Profi von Influencer-Rennfahrer Jimmy Broadbent in der allerletzten Kurve dann unsanft neben die Strecke in die Bande gedrückt.
Die virtuelle Rennleitung drückte aber nicht nur in diesem Fall ein Auge zu. Das Rennen erinnerte zwischenzeitlich mehr an Autoscooter als an Motorsport. Am Ende überquerte der chinesische Formel-2-Pilot Guanyu Zhu, der für Renault antrat, als Erster die Ziellinie. Auch Stoffel Vandoorne (Mercedes) und DTM-Pilot Philipp Eng (Red Bull) schafften es auf das virtuelle Podium.
Williams-Rookie Nicholas Latifi landete immerhin auf Rang sechs. Nico Hülkenberg, der im virtuellen Racing noch ein Neuling ist, verpasste auf Position 11 knapp die Punkteränge. Das nächste Rennen soll in zwei Wochen steigen – zum alten Termin des Grand Prix von Vietnam. Weil die Strecke aber im Vorjahres-Spiel F1 2019 nicht verfügbar ist, muss auf einem Alternativ-Kurs gefahren werden.