Auch China kann Dreiachser

Die Auswahl an realen 6x6-Modellen ist klein, aber sie wächst stetig. Ein besonders spektakuläres Exemplar debütiert gerade in Shanghai: der Cannon CyberP!ckup 6x6 von Great Wall Motors. Wir haben Auto-Designs mit sechs Rädern für Sie zusammengetragen.
Alles hat angefangen, als Mercedes-AMG aus dem G 63 einen Pick-up mit drei Achsen zauberte. Wir schrieben das Jahr 2013, als der Daimler-Power-Ableger AMG seinem G-Modell sechs statt vier Räder verpasste und inklusive Mehrwertsteuer 451.010 Euro aufrief. Als Gegenwert bekam die Kundschaft einen extrovertierten Extrem-Offroader mit 544 PS starkem 5,5-Liter-Biturbo-V8 und allerlei Luxusausstattung.
Klar, dass ein Fahrzeug wie die ursprüngliche 6x6-Kreation von AMG nicht lange alleine blieb und die Fantasie der Tuner und Designer zu blühen begann. Brabus, Dartz und Co. machten sich über das 6x6-G-Modell her und packten Leistung und Optik-Schnickschnack drauf. Mansory trieb den Tuning-Exzess seinerzeit auf die Spitze und baute einen Mercedes G 65 AMG mit 612 PS starkem Sechs-Liter-Biturbo-V12 zum 6x6 um. Das Ergebnis, ein Einzelstück namens Mansory Gronos One-to-one, stand kürzlich beim niederländischen Händler Auto Leitner zum Verkauf. Und durfte als Schnäppchen gelten: Der 2013 noch 1.282.700 Euro teure Dreiachser kostet neun Jahre und 56.000 Kilometer später "nur" noch 849.000 Euro.
G-Klasse mit Beinfreiheit
Bei dem Auto, das zuletzt über die Online-Plattform "Cars & Bids" zum Verkauf angeboten wurde, muss man genau hinschauen. Auf den ersten Blick wirkt es, als habe Tuner Brabus Hand an eine 6x6-G-Klasse gelegt. Beides ist allerdings falsch. Von Brabus hat sich der Konstrukteur lediglich einige Karosserieteile bestellt. Zudem bildet ein herkömmlicher G 550 aus dem Jahr 2017 die Basis für diesen Umbau. Das zusätzliche Räderpaar ist nicht angetrieben und wird entsprechend nur mitgezogen. Der Vierliter-V8 verbleibt ebenfalls in der Serienausführung und leistet entsprechend 422 PS. Ein allzu großes Vergnügen scheint das Fahren mit dem beigen Koloss nicht zu sein, denn auf dem Tacho stehen erst 600 Meilen (ca. 966 km). Eine Verbesserung zieht der Umbau aber auf jeden Fall mit Blick auf die Platzverhältnisse nach sich. In der zweiten Sitzreihe gibt es jede Menge Beinfreiheit, dahinter wartet ein riesiges Ladeabteil auf Gepäck. Eine dritte Sitzreihe gibt es nicht.
Alexandre Danton bringt mit seinem Label "Danton Arts Kustom" regelmäßig wilde Fahrzeuge an den Start. Bei einem seiner letzten Projekte hat der Franzose einen Rolls-Royce Phantom von 2005 in einen Apokalyptischen Reiter auf sechs Rädern verwandelt. Dafür wurde der Luxus-Schlitten durchgesägt, um im Anschluss ein auf Basis eines BMW 7er (E65) modelliertes neues Heck zu applizieren. Unter der verlängerten Heckklappe lagert allerlei Offroad-Equipment – passend zu den groben Geländereifen, die auf ausladende 24-Zöller gezogen wurden. Dass mit solchen Schlappen auch die Spur verbreitert werden muss, versteht sich. Gelbe Scheinwerfer, Bullenfänger und Unterfahrschutz machen den dystopischen Look komplett. Unangetastet bleibt dagegen der 453 PS starke V12 unter der Haube.
Neuer Hennessey Velociraptor 6x6
Pick-ups mit drei Achsen? Das können die Amerikaner natürlich schon lange. Besonders gerne tut sich Hennessey Performance mit derartigen Umbauten hervor. Neben dem Mammoth 6x6 auf Ram-1500-TRX-Basis führen die Texaner den Velociraptor 6x6 auf Basis des aktuellen Ford F-150 Raptor im Programm. Der Sport-Pick-up erhält nicht nur ein zusätzliches angetriebenes Räderpaar, sondern an beiden Hinterachsen Sperrdifferenziale für eine optimierte Traktion. Eine Höherlegung samt Offroad-Fahrwerk und einen leistungsgesteigerten Motor gibt es obendrein: Der 3,5-Liter-Biturbo-V6 erstarkt von 456 auf 566 PS sowie von maximal 691 auf 911 Newtonmeter. Allerdings wächst auch der Preis, und zwar gewaltig: Von 70.555 Dollar beim Serienauto auf 399.950 Dollar beim neuen Hennessey VelociRaptor 6x6. Da der Dollar aktuell fast exakt dem Eurowert entspricht, sparen wir uns die Umrechnung.
Was für Europa und Amerika gut ist, kann für China nicht schlecht sein, dachten sie sich offensichtlich bei Great Wall Motors. Ihre Pick-up-Marke Cannon, die auch als Pao oder POER bekannt ist, zeigt auf der Shanghai Auto Show 2023 mit dem CyberP!ckup einen gar mächtigen Pritschenwagen. Der lehnt sich zwar namentlich an den bald den US-Markt enternden Tesla Cybertruck an, verfolgt optisch aber eher klassische Pfade. Bei den Antrieben stellt sich der CyberP!ckup sehr breit auf: Es soll ihn als reinen Verbrenner, Plug-in-Hybriden und Elektroauto geben. Elektronische Differenzialsperren sollen in Zusammenarbeit mit den grobstolligen Cooper-Geländereifen die Traktion optimieren. Innen geht es mit weißem sowie cremefarbenem und dunkelblauem Leder, zwei Bildschirmen und diversen Metallapplikationen eher gediegen zu. Chinesischen Medien zufolge soll der Cannon CyberP!ckup tatsächlich in Serie gehen. Es dürfte ein Vergnügen der besonderen Art sein, damit durch eine chinesische Mega-Metropole zu rumpeln.
Gedankenspiel: SUVs im 6x6-Layout
Andere Hersteller haben jedoch auch SUVs im Portfolio, denen ein zusätzliches Paar Räder gut zu Gesicht stünde. Problematisch wird es eigentlich nur für Audi: Während sich ein 4x4-Badge leicht durch ein 6x6-Logo ersetzen lässt, trifft hier ja auch der "quattro"-Schriftzug nicht mehr zu. Da bräuchten die Ingolstädter also ein neues, waschechtes Sub-Label. Wir empfehlen da wahlweise "Hexa", "Sextär", oder – wenn auch etwas billig – "Quattro+2".
Wir haben in unserer Fotoshow ein paar Anregungen zusammengestellt. Aber vielleicht geben wir damit ja dem ein oder anderen Veredler eine Vorlage – und dem ein oder anderen Gangsta-Rapper ein neues Spielzeug.